Auszüge aus eigenen Privatgutachten 12/2001

Fremdwasser – Ein Begriff und 2 Bedeutungen:

1. Fremdwassermengen nach technischem Verständnis
2. Fremdwassermengen nach dem Abwasserabgabengesetz

Im Rahmen des Gutachtens war u. a. der Fremdwasserbegriff zu definieren und zu erläutern.

1. Fremdwassermengen nach technischem Verständnis

Definition des Fremdwassers nach DIN 4035 – Begriffe

  • durch Undichtigkeit in die Kanalisation eindringendes Grundwasser
  • unerlaubt über Fehlanschlüsse eingeleitetes Wasser sowie
  • einem Schmutzwasserkanal durch z. B. Schachtabdeckungen zufließendes Oberflächenwasser

Aussagen zum Fremdwasser nach DIN 1986-3

Fremdwasser:

  • Wasser aus Drainleitungen darf nur in Regenwasserkanäle oder in Gewässer geleitet werden.
  • Ist eine Kreislaufführung für Kühlwasser nicht sinnvoll, dann darf dieses Kühlwasser nur in Regenwasserkanäle oder in Gewässer geleitet werden.

Definition des Fremdwassers nach der A 118

Fremdwasser umfasst die unerwünscht in die Kanalisation gelangenden Abflüsse, die durch eindringendes Grundwasser und je nach

Tabelle 1: Fremdwasser in Abhängigkeit der Kanalart nach der A 118

Die Zulässigkeit von Drän-, Quell- und Bachwasser in Regenwasserkanälen ist im Einzelfall zu prüfen!

Berechnung der Fremdwassermengen nach A 118

Für die Bemessung von Kanälen (A 118) werden oft in Ermangelung genauer Messungen folgende Ansätze gemacht:

  • Misch- und Regenwasserkanäle:  Qf24 = 25 % – 40 % Qs24
  • Schmutzwasserkanäle: Qf24 = 100 % Qs24

Bei Sonderbauwerken (Regenüberlaufbauwerke A 128) weichen diese Mengen deutlich von der A 118 ab.

Es gelten im Allgemeinen folgende Ansätze, bezogen auf die undurchlässige Fläche des Einzugsgebietes:

  • neue Kanäle: Qf24 = 0,05 l/sha
  • normale Kanäle: Qf24 = 0,10 l/sha
  • alte Kanäle: Qf24 = 0,15 l/sha

Diese allgemeinen Ansätze können jedoch nur als Orientierung dienen und sind auf die besonderen Bedingungen des Einzugsgebietes (z. B. Grundwasserstand, Zustand der Kanäle…) abzustimmen.

Ziel dieser Erfassung nach der A 118 ist die Absicherung der hydraulischen Leistungsfähigkeit der Abwasseranlagen unter definierten Wahrscheinlichkeiten der tatsächlich zu erwartenden Schmutz- und Regenwassermengen. Als Grundlage für eine Abwasserabgabenberechnung sind diese Daten jedoch im hohen Maße unsicher und ungeeignet.

Problematik des Fremdwassers

Fremdwasser gehört nicht in Kanalisation und Kläranlage, da es unverschmutzt ist und die Reinigungsvorgänge in der Abwasserbehandlungsanlage negativ beeinflusst.

In gewissem Umfang ist jedoch immer mit Fremdwasser zu rechnen.

2. Fremdwassermengen nach Abwasserabgabegesetz

Definition des Abwassers nach Abwasserabgabegesetz

„Abwasser im Sinne dieses Gesetzes sind das durch

häuslichen,
gewerblichen,
landwirtschaftlichen oder
sonstigen Gebrauch

in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser) sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser).“ (§ 2 Abs. 1 AbwAG)

Vergleiche die nachfolgende Abbildung 1.

Abbildung 1: Abwasser, Jahresschmutzwassermenge und Fremdwasser

Definition der Jahresschmutzwassermenge nach [8]

Die Jahresschmutzwassermenge (JSM) hat für die Berechnung der Abwasserabgabe eine maßgebende Bedeutung.

Schmutzwasser im Sinne des Abwasserabgabengesetzes ist das durch häuslichen, gewerblichen und sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Fremdwasser).

Unter dem Begriff „Trockenwetter“ wird der Zeitraum ohne nennenswerten Regenwetterabfluss verstanden (vgl. Abbildung 1).

Definition des Fremdwassers nach [8]

Fremdwasser ist mit dem Schmutzwasser bei Trockenwetter zusammen abfließendes Wasser (vgl. Abbildung 1).

Methode zur Ermittlung des Fremdwasseranteils für die JSM

Für das Land Sachsen-Anhalt gibt es noch keine verbindliche Vorschrift zur Ermittlung des Fremdwasseranteils für die JSM.

Aus dem Grund wird auf den Anhang von [8] verwiesen.

Zur Information ein Auszug aus [8] – in Thüringen gilt:

„Tage mit Regenereignissen und solche Tage, an denen offensichtlich kein Trockenwetter herrschte (Schneeschmelze, Schneefall, Regen, Regennachlauf, Nachlauf aus Regenbecken) sind auszuschließen. Von den Tagesmeßergebnissen bei Trockenwetter sind 4 Meßwerte je Monat (å = 48 Meßwerte) zur Ermittlung der JSM zusammenzustellen. ….

Zur Ermittlung der JSM sind die Anzahl der ausgewählten Trockenwettertage (mind. 48) und die jeweiligen Abflußmengen aufzusummieren. Daraus ist die mittlere Trockenwettertagesmenge als Quotient von Summe aller Abflußmengen mit Anzahl der Meßwerte zu bestimmen. Diese mittlere Trockenwettertagesmenge ist durch Multiplikation mit 365 auf das Jahr hochzurechnen.“

Für Bayern gilt die Anlage 1. Die Anlage 1 ist auch anerkannter Bestandteil der Betriebstagebücher nach ATV, die in jedem Bundesland genutzt werden.

Das jedoch 25 % Fremdwasseranteil ohne Einfluss auf die Abwasserabgabe sein sollen, konnte nicht nachvollzogen werden.

Fremdwassereinfluss auf die Abwasserabgabe

Die Höhe der Abwasserabgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers.

Dabei wird die Konzentration ausgewählter Abwasserinhaltsstoffe mit der Jahresschmutzwassermenge einer Abwassereinleitungsstelle multipliziert.

Die daraus resultierende Last wird dann durch die Last je Schadeinheit (Tabelle 2) dividiert, um die Summe der Schadeinheiten zu erhalten.

Tabelle 2: ausgewählte Lasten einer Schadeinheit

Schließlich wird die Summe der Schadeinheiten mit dem Abgabesatz je Schadeinheit multipliziert (vergleiche Tabelle 3).

Tabelle 3: Beispielberechnung nur für die Abwasserabgabe aus der CSB-Fracht

Erfolgt im Weiteren die Berechnung der Abwasserabgabe eines Parameters auf Basis eines festgelegten Überwachungswertes (z. B. 100 mg CSB/l), dann wirkt sich der reale Fremdwasseranteil linear auf die Erhöhung der Abwasserabgabe aus, d. h. 30 % Fremdwasseranteil erhöhen die Abwasserabgabe um 30 %. Dem kann nur begegnet werden, wenn der Grad der Verdünnung (d. h. der Konzentrationsabsenkung) hinreichend bekannt ist, so dass eine niedrigere Konzentration (unterhalb des Überwachungswertes) im Vorfeld erklärt werden kann.

Tabelle 4: Fremdwasser und Abwasserabgabe

Tabelle 4 veranschaulicht die Zunahme der Abwasserabgabe – CSV – in Abhängigkeit vom Fremdwasseranteil.

Grundsätzlich macht es somit Sinn den Fremdwasseranteil zu senken.

Quellen- und Literaturverzeichnis

[1] Das neue Wasserrecht für die betriebliche Praxis
10/2001
WEKA-Verlag

[2] Pecher, R.
Fremdwasseranfall im Kanalnetz – ein wasserwirtschaftliches Problem
Korrespondenz Abwasser, 1998, Heft 12, Seite 2250/2258

[3] Barth, S.; u. a.
Fremdwasserzutritt zur Mischwasserkanalisation durch Drainageleitungen
Korrespondenz Abwasser, 1998, Heft 1, Seite 79/85

[4] Hüffmeier, N.
Fremdwasser im Kanal
Korrespondenz Abwasser, 2001, Heft 2, Seite 156/158

[5] „Zuflussmessungen auf der Kläranlage ***“

[6] Gesetz über Abgaben für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz – AbwAG)

[7] KA-Betriebsinfo 4/1991

[8] ****

[9] Verwaltungsvorschrift für den Vollzug des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) und des Thüringer Abwasserabgabengesetzes (ThürAbwAG) ThürVwVAbwAG

[10] Imhoff, K.
Taschenbuch der Stadtentwässerung
27. Auflage, R. Oldenburg Verlag München – Wien 1990

[11] ****

[12] ATV-Regelwerk
Entwurf und Bauplanung von Abwasserbehandlungsanlagen
Verlag: Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik e.V. (GFA)
ATV – Arbeitsblatt A 106, Oktober 1995

[13] ATV-Regelwerk
Grundsätze für die Bemessung von Tropfkörpern und Tauchkörpern
mit Anschlusswerten über 500 Einwohnergleichwerten.
Autorenkollektiv: Personalbedarf für den Betrieb von Kläranlagen,
Verlag: Gesellschaft zur Förderung der Abwassertechnik e.V. (GFA)
ATV – Arbeitsblatt A 135, März 1989

[14] Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik Bd. IV
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