Unklare Bestellung – Fallbeispiel

Beispiel aus der Praxis

Ein Sachverständiger machte unterschiedliche Angaben über sein Bestallungsgebiet.

Die Beweisbeschlüsse, die zu beantworten waren, betrafen überwiegend die Verfahrenstechnik von Kläranlagen.

Es besteht der Verdacht, dass der Gerichtssachverständige Beweisfragen beantwortete bzw. zu beantworten versuchte, die sein Bestallungsgebiet nicht betrafen.

Dazu folgende Argumentation der Klägerin (Zitat)

Besondere Sachkunde des Sachverständigen:

Die Antragstellerin hat nach Vorlage des Gerichtsgutachtens Bedenken, ob die Sachkunde des Gerichtssachverständigen für die Beweisaufgaben tatsächlich im vorgeschriebenen überdurchschnittlichen Maße nachgewiesen wurde.

Der Sachverständige ist ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, so ist es dem Kopfbogen zu entnehmen.

Irritation entsteht, wenn man sich den Stempelaufdruck des Sachverständigen auf Blatt x des Gutachtens anschaut. Danach ist der Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt für Erdbau sowie Bodenmechanik, nicht Sachverständiger für Gebäudeschäden. Was stimmt denn nun? Oder trifft gar beides zu?

Bayerlein [1] (S. 23) führt aus:

Da der Sachverständige in aller Regel ein Spezialist auf einem bestimmten Ausschnitt eines beruflichen Tätigkeitsfeldes ist, genügt zur Ausübung der Sachverständigentätigkeit nicht die allgemein von einem Angehörigen dieses Berufes erwartete Sachkunde.

Erforderlich ist eine besondere Sachkunde, die den Sachverständigen als in hohem Maße geeignet erscheinen läßt, Fachfragen auf dem jeweiligen Gebiet zu beantworten.

Da der Sachverständige in der Lage sein muß, die Arbeiten und Leistungen anderer Fachleute zu beurteilen und sich mit den Gegenargumenten auseinanderzusetzen hat, muß er über überdurchschnittliche Fachkenntnisse verfügen.

Sein Fachwissen muß herausragen. Er darf seinem Gutachten nur solche Lehrmeinungen und Untersuchungsmethoden zugrundelegen, die in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig und zuverlässig anerkannt sind (vgl. Jessnitzer/Frieling, RdNr.295).

Bei Abweichungen von einer von mehren in seiner Wissenschaft vertretenen Auffassung, die zu einem anderen Ergebnis führen würde, muß er dies deutlich werden lassen.

Es versteht sich von selbst, daß der Sachverständige nur dann Spezialist sein kann, wenn er eine fachspezifische Ausbildung und ausreichende praktische Erfahrungen hat….“

Es ist aufgrund des Erkenntnisfortschrittes zu heutiger Zeit zunehmend unmöglich nicht nur ein Sachgebiet geschweige denn mehrere Sachgebiete gleichzeitig allumfassend zu beherrschen.

Der Trend zur Spezialisierung und Splittung ist bei den Sachverständigen die Reaktion auf den großen Erkenntnisfortschritt.
Es ist unverständlich, dass der Gerichtssachverständige nicht nur vom Fachgebiet „Schäden an Gebäuden“ und vom Fachgebiet „1 und 2 „, sondern außerdem vom Fachgebiet „Abwasserreinigung“ überdurchschnittliche Fachkenntnisse haben soll, in dem Umfang, wie es die Anforderungen für einen ö.b.u.v. Sachverständigen nach Bayerlein sein sollen.

Ein derartiges Universalwissen war nur zu Goethes Zeiten vorstellbar, als in den Wissenschaftszweigen weniger tiefschürfende Erkenntnisse vorlagen.

Antrag an das Gericht:

Die Antragstellerin beantragt daher, dass der Sachverständige nachweist, über welche besondere Fachkunde er tatsächlich verfügt, in welcher Weise seine besondere Sachkunde geprüft wurde und für welche Fachgebiete er von und von wem er tatsächlich bestellt wurde.

Die Antragsstellerin hat nicht nur erhebliche Zweifel an der besonderen Sachkunde des Gerichtssachverständigen die Abwasserreinigung (Technik und Verfahren der Abwasserbehandlung) betreffend, wie nun im Einzelnen nachgewiesen wird.

Sie muss auch feststellen, dass der Sachverständige offensichtlich über nicht hinreichende Kenntnisse verfügt, wie ein Beweisbeschluss methodisch zu lösen bzw. wie ein Beweis zu führen ist.

usw.

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