Immer wieder Panik…

Leitungswasser mit gefährlichen Keimen belastet!!!

Eine Lüge?  Oder eine falsche Aussage?

Das kommt auf den Vorsatz an.

Auf jeden Fall ist die Schlagzeile kein Beweis für besondere Klugheit.

Das Urteil „Leitungswasser mit gefährlichen Keimen belastet.“ ist nach den Regeln der Logik falsch.

Verbreitet wird eine klassische Falschaussage, die darauf beruht, dass zunächst unterschlagen wird, dass das vermeintlich gefährliche Wasser – um das es in dem Artikel geht – ja nur eine winzige Teilmenge allen Leitungswassers ist und nicht die Gesamtmenge des deutschen Leitungswassers. Und genau diesen tatsächlichen Sachverhalt suggeriert die Schlagzeile falsch. Man darf induktiv schließen, dass eine wahre Aussage die Schlagzeile verniedlicht hätte, was wahrscheinlich in der Regel nicht im Interesse von Autoren, Redaktionen und Medien liegt.

Für den Leser, der sich mit der Logik derlei Trugschlüsse auseinandersetzen möchte, sind die folgenden Ausführungen gedacht. Der übrige Leserkreis mag diesen Abschnitt gern überspringen.

Derlei Manipulationen beruhen regelmäßig auf raffinierten Trugschlüssen. Um die Methode zu veranschaulichen:

Das Urteil

„Männer sind mit der Eigenschaft eines Mörders belastet!“

ist hinsichtlich der logischen Struktur identisch mit dem Urteil:

„Leitungswässer sind mit gefährlichen Keimen belastet.“

Beim ersten Urteil, wird man aufgrund der Lebenserfahrung stutzig: Das kann wohl nicht stimmen.

Das zweite Urteil nimmt man in der Regel hin und glaubt es sei wahr.

Wird die Mengenlehre als eine Methode der Logik genutzt, dann wird auch dem, der nicht Mathematik studiert hat, schnell klar, dass die Menge aller Männer wenigstens strukturiert ist in die erschlagende Mehrheit jener Männer, die nicht töten und in die winzig kleine Teilmenge jener Männer (wenn überhaupt diese Zuordnung korrekt ist), die dazu neigt, Mörder zu sein.

Beide Falschaussagen finden ihre Qualität im Weglassen. Korrekt müssten die Aussagen wie folgt lauten:

Einige Männer sind mit der Eigenschaft eines Mörders belastet!“

und

Einige Leitungswässer sind mit gefährlichen Keimen belastet.“

Der logische Fehler beruht darin, dass zu den Tatsachen partikulär affirmativ – I-Aussagen – gehören (partikulär bejahendes Urteil.

Durch Weglassen wird unterstellt,  sie seien allgemein affirmativ – A-Aussagen  (allgemein bejahendes Urteil).

Vergleiche: Syllogismus.

Doch nun zurück zum Trinkwasser:

Der geschulte Wassernutzer lässt auch das Trinkwasser aus Leitungen solange ablaufen, bis kühles Trinkwasser im Zapfhahn ankommt und schüttet kein lauwarmes Wasser aus Leitungsnetzen in sich hinein, wo vielleicht nur einmal im Monat etwas Wasser entnommen wird.

Möglicherweise haben die Wasserprobenehmer abgestandenes Wasser entnommen, als es darum ging, den Umsatz des entsprechenden Laboratoriums anzukurbeln.

Dass eine Trinkwasserleitung verkeimt, die nicht genutzt wird, ist eine Binsenweisheit.

Schon vor der Probenentnahme war mit einer Verkeimung der Proben zu rechnen. Regelrecht putzig und entlarvend ist das Zitat:

„Zur Verbesserung der Hygiene raten Experten, das Wasser erst kurz laufen zu lassen, bevor man es entnimmt.
Auch sollte regelmäßig Wasser aus allen Hähnen fließen, um einen Stillstand in den Leitungen zu verhindern.“

Zwei Fälle können nun unterschieden werden.

Fall 1:

  • Vor der Entnahme der Trinkwasserproben lief das Wasser hinreichend lange.
  • In den Proben waren trotzdem krank machende Keime.

Also: Wenn man das Wasser vor der Trinkwasserprobenentnahme hinreichend lange laufen ließ, dann ist es nicht möglich die Hygiene zu verbessern, denn die Probenergebnisse haben ja gerade das Gegenteil bewiesen, dass nämlich auch bei fließendem Wasser Keime  im Trinkwasser enthalten sind.

Fall 2:

  • Vor der Entnahme der Trinkwasserproben lief das Wasser nicht hinreichend lange.
  • In den Proben waren trotzdem krank machende Keime.

Also: Die Probenergebnisse sind in diesem Fall wegen falscher Probenentnahme nicht verwertbar. (vergleiche: „Experten bemängeln Studie über Keime im Trinkwasser“)

Vielleicht sollten die Ergebnisse von einem zertifizierten wasserbiologischen Laboratorium reproduziert werden, bevor man sich mit fragwürdigen Resultaten an die Öffentlichkeit wagt?

Was sollte mit der Aktion möglicherweise bezweckt werden?

  1. Verbreitung von Ängsten?
  2. Steigerung von Auflagen?
  3. Verdummung der Bürger?
  4. Verursachung von Schäden bei den Trinkwasserversorgern?
  5. Steigerung der Trinkwassergebühren?
  6. Steigerung des Umsatzes der Mineralwasserindustrie?
  7. Steigerung des Umsatzes der Laboratorien?
  8. Verunsicherung der Bevölkerung?
  9. Begründung der vermeintlichen Wichtigkeit der Angstmacher?

Glückwunsch! Erreicht wurden alle 9 Ziele!

Schuldig blieb die Redaktion die Verkündung von Wahrheiten und sachlicher Zusammenhänge. Die Wirkung der Lüge ist aber verheerend und der Beitrag verantwortungslos. Die Verbraucher wurden ungerechtfertigt verunsichert. Für den Trinkwasserschutz und für die Wasseraufbereitung wurden und werden Milliarden ausgegeben. Dieses Geld wird durch derartige schwachsinnige Nachrichten schrittweise entwertet. Dieses Beispiel beweist, dass man durch eine bessere Allgemeinbildung am Ende viel Geld sparen kann. Aber nach Schwanitz (Bildung, Alles was man wissen muss, 1999 Eichborn Verlag, insbes. S. 24-33) haben wir diesbezüglich keine guten Karten.

Für solche Schlagzeilen

Leitungswasser mit gefährlichen Keimen belastet!!!

sollte man starke Gründe brauchen. Allein – ich habe keine gefunden!

Insofern ist die Verbreitung derartiger Halbwahrheiten nicht nur verantwortungslos, sondern zudem asozial. Asozial deshalb, weil in dem Maße wie dem Trinkwasserverbraucher unbegründet Angst eingejagt wird, der Trinkwasserverbrauch sinkt und damit die Trinkwassergebühren entsprechend steigen. Hohe Trinkwassergebühren sind nicht sozial.

Insofern kann man darüber nachdenken, ob denn solche Pressefreiheit wirklich so toll ist, wenn zugleich unqualifiziert durch die massenhafte Verbreitung von Halbwahrheiten immenser Schaden angerichtet wird. Vergleiche:

Écrasez l’infâme!
Die „vierte Gewalt” im Staate gehört in gesetzliche Schranken verwiesen.
Die Medienapparate dienen nur noch sich selbst und manipulieren das Gemeinwohl.
Eine Entrüstung von Boris Kotchoubey.

NovoArgumente 110,111 01 – 4 2011
S. 102-107

Und eine Antwort bleibt der Artikel „Leitungswasser mit gefährlichen Keimen belastet“ schuldig:

Wenn das Trinkwasser tatsächlich so verkeimt ist, wo sind dann die vom Genuss des Trinkwassers erkrankten Menschen?

Alles nur heiße Luft?

Auffällig ist das Erscheinen der Paniknachricht zum Sommerloch.

Es war auch Sommer als eine Trinkwasserpanik „Uran im Trinkwasser!“ gezielt verbreitet wurde.

Die USA haben damals ihren Urangrenzwert wegen Unbedenklichkeit von 20 auf  30 Mikrogramm je Liter angehoben und das besorgte Deutschland hat 10 Mikrogramm je Liter eingeführt.

Nachtrag:

Nachdem ich diesen Kommentar geschrieben hatte, erfuhr ich von dieser Nachricht:

BakterienbelastungExperten bemängeln Studie über Keime im Trinkwasser

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