Die Vorstellung

„Da wird schon wieder eine Sau durch’s  Dorf getrieben…“

drängt sich in dem Maße häufiger auf, wie man die Medien beobachtet.

Nicht was sie berichten, sondern wie sie manche ihrer Nachrichten methodisch vortragen , soll im Blickpunkt des Interesses stehen.

Auch Berichte über die Umwelt – ich vermeide den Begriff  „Umweltschutz“ – werden mitunter strategisch bestens vorbereitet.

Und so mag es auch kein Zufall gewesen sein, dass z. B. Meldungen über Uran im Trinkwasser im August 2008 ihren Höhepunkt erreichten, als die Geschäftsführer der Trinkwasserversorger sich gerade sonnten und auch ihre Kunden im Urlaub waren. Der beste Zeitpunkt, den Bürger aus seinem Dämmerschlaf zu wecken und seine Meinung etwas zu kneten.

Bestens war gesichert, dass die Nachricht die Aktiven und Passiven gleichermaßen erschreckte.  Zuvor hatte man in den USA den Urangrenzwert wegen Unbedenklichkeit von 20 Mikrogramm auf 30 Mikrogramm erhöht. In Kampagnen sind sachliche Argumente aber nur störend, denn es geht nie um die Sache, sondern nur um Macht bzw. um das Geschäft.

Der Leser von Horrornachrichten konzentriert sich in aller Regel auf den Inhalt der Schreckensmeldungen und lässt sich wollüstig gruseln. Für die Methoden der Nachrichtenkampagne hat er weniger einen Blick.

Das sollte er aber. Hätte er diesen nämlich, dann würde die Nachricht ihr Ziel verfehlen, denn:

Wer die Mechanik einer Geisterbahn kennt, hat keine Angst!

Und die Kampagne wäre entwertet.

Wie es bei der Rente eine vor- und nachschüssige Zahlung gibt, ist es auch bei dem Horror so. Richtet man sich nach Horrormeldungen in den Nachrichten, dann zahlt man diese recht wahrscheinlich nachschüssig. Besucht man dagegen einen Gruselfilm im Kino, dann wird es viel billiger.  Dann nämlich zahlt man vorschüssig und man kennt den Preis. Die scheinbar kostenlosen Horrormeldungen in den Nachrichten sind allerdings um ein Vielfaches einträglicher, wenn man sich z. B. nur nach den Klimahorrormeldungen richtet. Das kostet nachschüssig und da zahlen noch unsere Enkel für unseren Horrorgenuss, sofern man welche hat. Aber ich vergesse immer meine volkswirtschaftliche Ausbildung: Es kommt nicht darauf an, ob der Staat etwas Vernünftiges mit seinem Geld anstellt. Geld muss ausgegeben werden.

Interessant ist nun, dass es tatsächlich raffinierte Methoden zur Gestaltung erfolgreicher Pressekampagnen gibt und es ist reizvoll mit diesem Wissen die täglichen Nachrichten daraufhin retrospektiv zu bewerten.

Zudem dienen derartige Methoden bekanntlich der Marktgestaltung und erfreuen sich damit auch unternehmerischen Interesses.

Malte Lehming hat in den Potsdamer Nachrichten einen Beitrag „Wie ein Skandal gemacht wird“ veröffentlicht.

In diesem Artikel spielt die der Murdoch-Gruppe zugeschriebenen Anleitung mit dem Titel „The Making of a Scandal“ eine Rolle.

Hier eine kleine Auswahl von in Redaktionen zumeist bekannten Ratschlägen zur professionellen Gestaltung von Skandalen und Kampagnen, die in dem der Wasserwirtschaft zugeneigten Leser bestimmte Erinnerungen wecken dürften:

  • „Falls Du keine Enthüllungs-Konkurrenz befürchten musst, warte mit der Veröffentlichung auf eine nachrichtenarme Zeit. Gut ist der Beginn der Sommerferien, perfekt die Weihnachtszeit. Mangels anderer Themen gibt es hier die größtmögliche Resonanz.
  • Verschieß’ Dein Pulver nicht gleich beim ersten Mal. Strecke und dosiere die Geschichte so, dass der Leser das Gefühl bekommt, er habe erst die Spitze des Eisbergs gesehen. Das erzeugt Neugier und garantiert eine längere Haltbarkeit.
  • Ideal ist, wenn sich der Angegriffene zum Zeitpunkt der Lancierung auf Urlaub oder Dienstreise befindet. Dann kann er sich nicht unmittelbar zur Wehr setzen, sondern hinkt dem Skandal hinterher, der dadurch eine Eigendynamik bekommt.
  • Suche Komplizen! Ein einzelnes Medium ist für eine Kampagne zu schwach. Füttere also die Konkurrenz recht bald mit Exklusiv-Informationen, damit sie in die Geschichte einsteigt. Ohne andere willige Vollstrecker – insbesondere auch in den elektronischen Medien – laufen Affären schnell leer.“

Quelle: Wie ein Skandal gemacht wird von Malte Lehming

Vielleicht schließlich:

Nachrichten sind kaum noch Meldungen, nach denen man sich richten sollte!

Print Friendly, PDF & Email