Beweismethode

Es ist nicht immer so, dass für ein Ereignis in jedem Falle nur eine Voraussetzung erfüllt sein muss, wie z. B.:

  1. Wenn es regnet,
  2. dann wird die Straße nass.

Ein vollständiges Darlegen einer komplexen Kausalität erfordert die Bewertung aller notwendigen Voraussetzungen eines Ereignisses.

Es ist in der Realität keineswegs selten, dass ein Ereignis (z. B. die Überflutung eines Kellers) mehrere Voraussetzungen benötigt, die je nach Prinzip der Kausalität

  • in einer bestimmten Reihenfolge,
  • in einer beliebigen Reihenfolge,
  • oder gleichzeitig

eintreten müssen.

Um dies an einem Beispiel zu veranschaulichen:

Damit ein Bauarbeiter von einem Dachziegel am Kopf verletzt wird (Wirkung als Ereignis), müssen folgende Ursachen (die ihrerseits auch wieder Wirkungen sind oder sein können) quasi gleichzeitig eintreten:

  1. Auf dem Dach hat sich ein Dachziegel gelockert, bei dem ein Windhauch genügt, dass er herunter fällt.
  2. Es weht ein Wind.
  3. Der Ziegel fällt.
  4. Am Erdboden hält ein Bauarbeiter seinen Kopf in die Flugbahn des Dachziegels.
  5. Der Bauarbeiter hat keinen Schutzhelm auf.

In diesem Beispiel würde es genügen, wenn nur eine beliebige Prämisse nicht eintritt, damit die Verletzung verhindert wird.

Wenn der Beweisbeschluss des Gerichtes nun lauten würde:

Wurde der Bauarbeiter verletzt, weil er keinen Schutzhelm trug?

dann müsste m. E. die Antwort lauten:

„Nein“

Mathematische Beweisführung:

Es gilt analog:

Wenn  (A und B) dann C

Dann ist

(A und nicht B) dann C

falsch.

Wenn der Beweisbeschluss des Gerichtes aber lauten würde:

Warum wurde der Bauarbeiter verletzt?“,

dann müsste m. E. die Antwort lauten,

„Er wurde verletzt, weil o. g. 5 Ereignisse quasi gleichzeitig eintraten.“

In diesem Fall dürfte die Schuld überwiegend beim Bauarbeiter liegen. Wird aber nachgewiesen, dass niemand ihn belehrte, dass er einen Schutzhelm zu tragen hat, dann wird das Urteil wohl anders ausfallen.

Es kann als auch bei anderen Situationen  durchaus so sein, dass weitere Beteiligte verantwortlich dafür sind oder waren, dass weitere Voraussetzungen nicht eintreten. In dem Fall käme es wohl zu einer Schuldteilung. Urteile zur Schuld sind Ergebnis des gerichtlichen Erkenntnisprozesses und nicht Gegenstand eines Gerichtsgutachtens.

In der Regel soll und darf der Beweisbeschluss des Gerichtes nicht überschritten werden.

Als Ausnahme mag gelten, wenn ein Nichtüberschreiten des Beweisbeschlusses zu einer falschen Aussage führt.

Die Darstellung einer unvollständigen Beweisführung ist nach den Regeln der Logik falsch.

Die Regeln der Logik sind aber notwendige Methode einer Beweisführung, für die der Gerichtsgutachter verantwortlich ist.

Im Zweifelsfalle sollte der Gutachter seinen gerichtlichen Auftraggeber konsultieren.

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