Auszug aus Privatgutachten!

BSB5-Analyse meist kein Beweismittel!

Inhaltsverzeichnis

  • DIN 38 409, Teil 51 vom Mai 1987 (Analysenvorschrift zur Bestimmung des BSB5)
  • BSB5-Überwachungsergebnisse als Beweismittel?
  • Fragliche BSB5-Überwachung von Kleinkläranlagen
  • Überwachungs- und Interpretationsfehler bei belüfteten Abwasserteichanlagen
  • Zwingender Inhalt eines Analysenberichtes
  • Wann wird der BSB5 Beweismittel?
  • Was ist BSB5?

Kurzfassung:

Bei der Überwachung von Teichkläranlagen, Hauskläranlagen und unterlasteten Kläranlagen ist grundsätzlich mit methodischen Fehlern in Größenordnungen bei der BSB5-Analytik zu rechnen. (Das ist nicht neu, aber möglicherweise etwas in Vergessenheit geraten.) Die Konsequenzen aus dieser Fehlbestimmung können sowohl strafrechtliche (Verstoß gegen die wasserrechtliche Erlaubnis) als auch wirtschaftliche Folgen (unnötige Intensivierungs- oder Neubauinvestitionen bei der Abwasserbehandlung) haben.

Im Rahmen der Bewertung einer belüfteten Teichkläranlage wurde festgestellt, dass ein methodischer Analysenfehler bei der Anlagenüberwachung zu einer beachtlichen Anlagenfehleinschätzung führte.

Der Fehler bestand in einer unzulässigen Mitbestimmung des Sauerstoffverbrauches für die Nitrifikation.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Nitrifikanten (Bakterien, die Ammonium zu Nitrit und Nitrat oxidieren) und damit die BSB5 -Analytik verfälschen, ist grundsätzlich bei Teichkläranlagen und Kleinkläranlagen sehr hoch, weil es sich hier um schwach belastete Anlagen handelt.

Richtet sich die BSB5 -Analytik nicht genau nach der DIN-Vorschrift, so ist grundsätzlich mit positiven Analysenfehlern in erheblichen Größenordnungen zu rechnen.
In einem Fall betrug der Fehler + 60 %.

Zur Ermittlung des Fehlers wurde in einem Fall aus dem Ablauf eines belüfteten Abwasserteiches eine Probe entnommen und der BSB5 zweimal ermittelt. Einmal wurde der BSB5 mit Hemmung dieser Nitrifikanten (Zugabe des Hemmstoffes N-Allylthioharnstoff ) bestimmt und ein weiteres Mal ohne Hemmung ermittelt.

Dabei wurde bei dieser Probe ein positiver Fehler von 60 % (!) ermittelt, wenn kein Hemmstoff bei der BSB5-Analytik zugegeben wird.

Wird bei einer BSB5 -Analyse kein Hemmstoff zugegeben und es kommt aus irgendwelchen Gründen zur Nitrifikation während der Analyse, dann ist das Analysenergebnis falsch und die Analyse entspricht nicht der DIN-Vorschrift.

Im Einzelnen:

Der BSB5 ist definiert als Sauerstoffverbrauch des Kohlenstoffabbaus.

Bei der BSB5 -Abwasseranalytik gibt es aber Störfaktoren, die auszuschließen sind.

Ein Störfaktor ist die Sauerstoffzehrung bei der Analyse infolge der mikrobiellen Stickstoffoxidation (Nitratbildung). Diese störenden Mikroben heißen Nitrifikanten und verursachen mitunter positive Fehler in erheblichen Größenordnungen.

Voraussetzung für diesen Fehler sind Ammonium- oder Nitritverbindungen sowie Nitrifikanten (Nitrosomonas und Nitrobacter) in der Sauerstoffflasche (Analysenflasche, die zur BSB5 -Analytik benutzt wird).

Begünstigend für den Fehler sind erfahrungsgemäß niedrige Konzentrationen von organisch abbaubarem Kohlenstoff, d. h. je niedriger der tatsächliche BSB5 ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Analysenfehler durch Nitrifikation. Außerdem wird für den Fehler Ammoniumstickstoff in der Probe benötigt.

Die Kläranlage muss nicht unbedingt nitrifizieren, um Nitrifikationsfehler bei der BSB5 -Analytik zu provozieren. Es genügt u. U. auch eine hinreichende Verdünnung der Probe im Rahmen der Analytik.

Vom Mechanismus kann man sich das so vorstellen, dass die Nitrifikanten erst verstärkt aktiv werden, nachdem der organisch abbaubare Kohlenstoff weitgehend reduziert wurde.

Ist in der Sauerstoffflasche die Konzentration des organisch abbaubaren Kohlenstoffes gering, dann haben die Nitrifikanten Tage Zeit um zu nitrifizieren und den Fehler verursachen zu können.

Überwachungs- und Interpretationsfehler bei belüfteten Abwasserteichanlagen

In letzter Zeit häufen sich Anzeichen, dass viele belüftete Abwasserteichkläranlagen in den neuen Bundesländern nicht die behördlichen Überwachungswerte einhalten.

Es werden Überlegungen angestellt, diese Anlagen nicht mehr zuzulassen.

Die Überschreitung der behördlichen Überwachungswerte scheint mit ziemlicher Sicherheit 2 Ursachen zu haben:

  1. Fehler bei Anlagenüberwachung, insbesondere bei der BSB5 -Analytik.
  2. Unschädlicher Anstieg des CSB infolge der ausgezeichneten Reinigungsleistung der belüfteten Teichkläranlagen.

Das Problem tritt besonders in den neuen Bundesländern auf, weil hier mitunter die Anlagen im ländlichen Raum unterlastet werden.

Zur Unterlastung kommt es aus folgenden Gründen:

  • Der Einwohnerwert ist erheblich kleiner als 60 g BSB5 /Ed.
  • Während des Abwassertransports wird die BSB5 -Fracht weiter reduziert (Sedimentation, Abbau).

Aus den Ergebnissen des Anlagenzulaufes einer Teichkläranlage wurde in Sachsen-Anhalt ein Einwohnerwert von 35 und 26 g BSB5/Ed gemessen (14 Messwerte über 2 Jahre) .

BSB5-Überwachung von Kleinkläranlagen

Nitrifikation ist bei der Abwasserbehandlung von Kleinkläranlagen nach DIN 4261 Teil 2 verfahrensbedingt wahrscheinlich.

Außerdem sind in den Abläufen meist geringe Konzentrationen an abbaubarem organischen Kohlenstoff vorhanden.
Mitunter wird die Leistung dieser Anlagen auch mit der BSB5 -Analytik überprüft.

Fehlen in dem einer Analyse zugehörigen Analysenbericht Angaben zur Verwendung von Nitrifikationshemmern, so ist auch hier dem Grunde nach davon auszugehen, dass die BSB5-Analysenergebnisse falsch sind, weil die Analysenmethode falsch ist.

DIN 38 409, Teil 51 vom Mai 1987 (Analysenvorschrift zur Bestimmung des BSB5)

Nach DIN 38 409, Teil 51, vom Mai 1987 (Analysenvorschrift zur Bestimmung des BSB5) sind die Nitrifikanten zu hemmen.

Das erfolgt mit N-Allylthioharnstoff. Unterbleibt die Abtötung, dann verbrauchen die Nitrifikanten während der 5 Tage dauernden Analytik Sauerstoff und verursachen damit einen positiven Fehler, d. h. die Ergebnisse der BSB5-Bestimmung erhöhen sich unzulässig.

Das ist bekannt und unstrittig.

BSB5-Überwachungsergebnisse als Beweismittel?

In Auswertung der DIN 38 409, Teil 51, vom Mai 1987 (Analysenvorschrift zur Bestimmung des BSB5) hinsichtlich der BSB5-Überwachungsergebnisse als Beweismittel, ist folgendes festzustellen:

  1. Die DIN lässt zunächst offen, ob N-Allylthioharnstoff bei der BSB5-Analytik grundsätzlich zu verwenden ist. Das ergibt sich daraus, weil einerseits auf Seite 2 der DIN 38 409, Teil 51, vom Mai 1987 unter Punkt 3 geschrieben steht, dass ein Nitrifikationshemmstoff zugesetzt wird. Andererseits ergibt sich nach Punkt 9.3.1. auf Seite 7 dieser DIN, dass es auch Fälle gibt, bei denen kein N-Allylthioharnstoff zum Einsatz kommt („Wird ein N-Allylthioharnstoff verwendet“…, d. h. es gibt auch den Fall, dass keiner verwendet wird).
  2. Wenn aber N-Allylthioharnstoff verwendet wird, so ist dies nach Punkt 12 auf Seite 15 zwingend im Analysenbericht zu vermerken. (Bislang fällt auf, dass in den behördlichen Analysenberichten und in denen von zertifizierten Laboratorien nur äußerst selten Angaben über die Verwendung von N-Allylthioharnstoff gemacht wurden. Die Regel scheint eher zu sein, dass kein Analysenbericht angefertigt wird, oder dass Analysenberichte angefertigt werden, die infolge unvollständiger Angaben als Beweismittel untauglich sind.)
  3. Wenn also zwingend zu vermerken ist, dass N-Allylthioharnstoff verwendet wurde, dann ist in all den Fällen, in denen im Analysenbericht ein Vermerk über den Einsatz von N-Allylthioharnstoff fehlt, davon auszugehen, dass auch keine Probebehandlung mit N-Allylthioharnstoff erfolgte. Beweismittel müssen eindeutig und reproduzierbar sein. Analysenberichte sind Beweismittel.
  4. In den Fällen [1], in denen erstens begründet zu vermuten ist, dass Stickstoff und Nitrifikanten in der Probe enthalten sind und in denen zweitens dem Analysebericht zu entnehmen ist, dass keine Probebehandlung mit N-Allylthioharnstoff erfolgte, sind die BSB5-Ergebnisse fragwürdig.
  5. BSB5-Ergebnisse, die fragwürdig sind, sind kein Beweismittel.
  6. Aufzeichnungen aus dem Betriebstagebuch können in aller Regel nicht gegen den Anlagenbetreiber verwendet werden [2]. Derlei Aufzeichnungen sind Parteivorträge im Falle eines Rechtsstreites.

Wenn ein Gericht diesen Argumenten folgt (sollte es zum Rechtsstreit kommen), so gibt es nach diesem hier dargelegten Kenntnisstand keine sicheren behördlichen Daten über Grenzwertüberschreitungen beim BSB5, sofern aus der Analytik nicht sicher zu entnehmen ist, dass Nitrifikationshemmer verwendet wurden und wenn nicht, dann muss sicher ausgeschlossen werden, dass eine Nitrifikation in der BSB5-Flasche auszuschließen ist.

Voraussetzungen einer BSB5 Analyse als Beweismittel

Die Beweislast für eine korrekte Analyse dürfte das Labor haben.

Dieser Beweis dürfte bei den oft unvollständigen Analysenberichten meist unglaublich schwer fallen.

Insofern ist zu empfehlen, bei den BSB5-Analysen, die als Beweismittel dienen sollen oder die als Grundlagen für Investitionen bestimmt sind, laborativ von vornherein zweifelsfrei auszuschließen, dass keine Nitrifikation die Analytik gestört hatte. Um dies zu beweisen, müssten von einer Probe vorzugsweise 10 BSB5-Analysen bestimmt werden.

Dabei werden 5 Ansätze mit N-Allylthioharnstoff und die restlichen5 Ansätze ohne N-Allylthioharnstoff vorgenommen. Anschließend erhält der Auftraggeber einen umfänglichen Analysenbericht mit allen 10 Zwischenergebnissen und eine nachvollziehbare Begründung, warum der BSB5 in einer bestimmten Größenordnung gewählt wurde.

(Während die DIN zwar nur vorschreibt, dass das Labor die Anzahl der Ansätze nennen soll, sind aber für die Beweisführung auch die Zwischenergebnisse im Analysenbericht mitzuteilen und nachvollziehbar zu begründen, warum und wie ein bestimmtes Analysenergebnis zustande gekommen ist ( z. B. streichen folgender Ausreißer …, Mittelwertbildung der verbleibenden Parameter, Wirkungen der Nitrifikanten, usw.)

Diese Verfahrensweise wird zwar in einem gewissen Rahmen die Analysenkosten etwas erhöhen. Die finanziellen Konsequenzen sind aber vor dem Hintergrund der Schäden, die aus einer fahrlässigen nicht eindeutigen Analyse entstehen können, absolut unbedeutend.

Zwingender Inhalt eines Analysenberichtes

Abschrift DIN 38 409 Teil 51, Punkt 11 + 12

-> Punkt 11 „Angabe des Ergebnisses“

Der Zahlenwert im Ergebnis wird als ganze Zahl, jedoch mit nicht mehr als 3 signifikanten Ziffern angegeben.

Beispiele:

BSB5: 24 mg/l (mit N-Allylthioharnstoff)
BSB5: 184 mg/l (geringer Endsauerstoffgehalt in 2 von 5 Verdünnungen)
BSB5: 3,72 g/l (Probe 10 Tage gefrierkonserviert)

-> Punkt 12 „Analysenbericht“

Der Bericht soll sich auf dieses Verfahren beziehen und folgende Einzelheiten enthalten:

  1. genaue Identität der Wasserprobe
  2. Angabe des Ergebnisses nach Abschnitt 11
  3. Art der Probenvorbehandlung und der Probenkonservierung, falls solche durchgeführt wurden
  4. Art des Nitrifikationshemmstoffes, falls ein solcher zugegeben wurde
  5. Zahl der ausgewerteten Verdünnungen
  6. Angaben über eine eventuell gefundene Nichtlinearität (siehe Bild 1 und [4])
  7. jede Abweichung von dieser Vorschrift und Angabe aller Umstände, die gegebenenfalls das Ergebnis beeinflusst haben.

Was ist BSB5?

Biochemischer Sauerstoffbedarf innerhalb von 5 Tagen

Vor vielen Jahren hatten die Wasserchemiker und Wasserbiologen ein Problem als es darum ging, die Schädlichkeit des Abwassers für ein Gewässer zu definieren.

Schnell stellte sich heraus, dass diese Aufgaben nur annähernd zu erfüllen waren, weil zur korrekten Bewertung neben chemischen und mikro- auch makrobiologische Komplexe, also interdisziplinäre Beobachtungen angestellt werden müssen.

Derartige Untersuchungen im großen Stil vorzunehmen, ist unwirtschaftlich.

Deshalb wurden u. a. hilfsweise Summenbestimmungen eingeführt, deren Aufgabe es ist, den Sauerstoffbedarf zu bestimmen, den ein bestimmtes Abwasser im Gewässer bei seiner Einleitung verursacht.

Eine Sauerstoffreduzierung im Gewässer hat schädliche Wirkungen auf die Gewässerbiologie. Die Fische sind dabei meist das letzte betroffene Glied.

Der BSB5 ist ein Maß für die Abwasserverschmutzung und wird mit Hilfe eines indirekten Verfahrens ermittelt.

Gemessen wird die Atmungsleistung von Mikroorganismen, die biologisch verwertbare Abwasserinhaltsstoffe während der Untersuchungszeit von z. B. 5 Tagen „veratmen“ und dabei Sauerstoff verbrauchen.

Es wird unter Laborbedingungen simuliert, welcher Schaden in einem Gewässer durch einen Sauerstoffverbrauch innerhalb von 5 Tagen im Dunkeln und bei 20°C entstehen würde.

Die Angabe erfolgt in mg O2/l. Ein niedriger BSB5 ist gleichbedeutend mit einer geringen Verschmutzung.

Sauberes Bachwasser hat einen BSB5 von 2…5 mg O2/l; häusliches Abwasser weist etwa 300…500 mg BSB5/l auf, Gülle erreicht 20.000…30.000 mg BSB5/l und der BSB5 von Hühnerblut liegt schätzungsweise bei 200.000 mg/l.

Eindeutig ist der BSB5 als Sauerstoffverbrauch definiert, der bei der biologischen Oxidation von Kohlenstoffverbindungen entsteht.

Uwe Halbach

Werdau, 14.11.2002

[1]
Bei Fällen, in denen begründet zu vermuten ist, dass Stickstoff und Nitrifikanten bei der Analytik stören, handelt es sich auch um unterlastete kommunale Kläranlagen, weil die Stickstoffoxidation erst dann einsetzt, nachdem der Kohlenstoffabbau weit fortgeschritten ist. Diese Zusammenhänge sind allgemein bekannt.
[2]
Verfassungsgrundsatz: „Niemand muss sich selbst in die Pfanne hauen!“

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