„Ein solcher Grenzwert sagt nichts über die Giftigkeit aus.“

„Bei der Erstellung dieser Lebensmittel-Grenzwerte wurde berücksichtigt, welche Konzentrationen an Dioxinen und PCB normalerweise in den jeweiligen Lebensmitteln vorkommen. (Hintergrundkontamination).

Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB in Lebensmitteln sind geeignet, eine unannehmbar hohe Exposition der Bevölkerung und den Vertrieb unannehmbar stark kontaminierter Lebensmittel – beispielsweise durch versehentliche Verunreinigung oder Exposition – zu vermeiden (Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EG) Nr. 2375/2001.

Ein solcher Grenzwert sagt nichts über die Giftigkeit aus.“

Quelle – Umweltbundesamt: Chemikalienpolitik und Schadstoffe, REACH, Dioxine

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Kommentar:

Ein Pikogramm Dioxin im Liter Trinkwasser

Bei der Wertung ist sicher auch die Größenordnung zu berücksichtigen:

Der Mensch nimmt täglich 2 pg Dioxin und dioxinähnlicher Verbindungen auf (Hintergrundartikel). Ein pg ist ein Pikogramm, also ein Billionstel Gramm.

Stellen wir uns mal ein Pikogramm vor und lassen einen fetten Tropfen bestes Dioxin mit einem Kugeldurchmesser von 3 mm in bestes Trinkwasser fallen.

Wie groß wäre wohl das nötige Wasservolumen um eine Konzentration von  einem Pikogramm je Liter Wasser zu gewährleisten?

Dazu nehmen wir weiter an, die Dichte wäre 1.

Eine Kugel mit einem  Durchmesser von 3 mm hat ein Volumen von ca. 14 Kubikmillimeter Dioxin.

14 Kubikmillimeter sind 1,4 * 10^(-8) m³.

Das Billionenfache sind dann 14.137 m³.

Schwer vorzustellen!

Also nehmen wir nun an, es handelt sich um einen Teich mit 5 m Wassertiefe.

Dann hätte dieser eine Kantenlänge von 53 m.

Wenn nun in diesen Teich mit 14.137 m³ Wasser ein Tropfen 100 %-iges Dioxin fiele, dann würden die Chemiker im Liter Wasser 1 Pikogramm Dioxin finden.

Vorausgesetzt sie würden vorher schön umrühren. Das kann vermutlich  – je nach dem – Jahre dauern.

Und mal ehrlich, ob es etwas ausmachen würde, wenn die Konzentration z. B. um das Zehnfache steigen würde?

Nun ist es vielleicht gelungen, eine Vorstellung zu erarbeiten, über welche Konzentrationen und Dosen man eigentlich redet.

Es ist auch korrekt, wenn das Umweltbundesamt schreibt:  Ein solcher Grenzwert sagt nichts über die Giftigkeit aus.“

Einfach deshalb, weil Grenzwerte seit einigen Jahren nach dem Vorsorgeprinzip und den technischen Möglichkeiten zur Entfernung und Überwachung festgelegt werden.

Und diese Parameter  haben sich – auch aus marktwirtschaftlichen und ideologischen Gründen – meilenweit von tatsächlichen Gefährdungen oder wirtschaftlichen Prämissen (Effektivität) entfernt.

Vergleiche auch: Wassergütewirtschaft – gesicherte Grundlagen, ungewisse Zukunft

Ein Redakteur also – der gerne Dioxinängste verbreiten möchte  oder muss (weil es der Leser und Fernsehzuschauer gern ein wenig gruselig hätte)  –  kennt normalerweise weder das Dioxin noch ein Piko und so ist die Grundlage für die Dioxinhysterie mit allen Schäden für die Lebensmittelindustrie, den Verbraucher und den Staat bereitet.

Insofern ist auch nichts moralisch Verwerfliches zu finden, wo doch die Angsthasen Millionen ausgeben, um sich für viel Geld Angst machen zu lassen. Man denke nur an die „konsumierten“ ungezählten Leichen in den Krimis, an die vielen Horrorfilme mit und ohne Untote und an die Geisterbahnen.

Überall zahlt der Kunde für die Befriedigung seiner Ängste. So brachte z. B. nur ein Film einen Umsatz von 102 Millionen Dollar.

So gesehen kann er doch den Medien dankbar sein, wenn sie ihm nachschüssig zu zahlende Dioxin- Ängste einjagen.

Für den mit etwas chemischen Grundlagenwissen ausgerüsteten Leser sind die aktuellen Dioxin- Ängste kein Stoff für Horrornachrichten, sondern eher für einen schönen Witzfilm.

Zum Schreiben, Recherchieren  und Rechnen dieses Artikels habe ich weniger als ein Stunde gebraucht. Mit so wenig Aufwand wäre es möglich gewesen, den Millionenschaden von der Lebensmittelindustrie abzuwenden und den Ball flach zuhalten.

Siehe auch ausgewählte Zitate von Boris Kotchoubey:

aus seinem sehr interessanten Fachartikel

Écrasez l’infâme!
Die „vierte Gewalt” im Staate gehört in gesetzliche Schranken verwiesen.
Die Medienapparate dienen nur noch sich selbst und manipulieren das Gemeinwohl.
Eine Entrüstung von Boris Kotchoubey.

NovoArgumente 110,111 01 – 4 2011
S. 102-107

(Boris Kotchoubey ist Professor am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie an der Universität Tübingen.)

U. Halbach

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