Zur Schlammabfuhr aus Kleinkläranlagen
Inhaltsverzeichnis
Welche Aufgaben hat eine Abwasserfaulgrube (Kleinkläranlage nach DIN 4261-1)?
(In dem Fall, dass der Kleinkläranlage nach DIN 4261-1 eine biologische Stufe nachgeschaltet ist, wird in der Regel der in der nachgeschalteten Stufe anfallende Schlamm ebenfalls in der 1. Kammer der Abwasserfaulgrube sedimentiert und gelagert. Diese Schlammengen (Überschußschlamm) können den Abfuhrzyklus erheblich reduzieren. Darauf wird in eine Ergänzung dieses Beitrages in Kürze eingegangen).
Häufig wird vergessen, dass Faulgruben nur drei/vier Funktionen haben:
- Rückhalten von absetzbaren Stoffen
- Rückhalten von Rechengut
- Lagern des abgesetzten Schlammes bis zur Abfuhr
- Bei Mehrkammer-Ausfaulgruben: auch Reduzierung des abzufahrenden Schlammes und damit der Entleerungskosten im besten Fall um ca. 45%.
Relevant ist: Schlamm oder Rechengut darf aus einer Kleinkläranlage nach DIN 4261-1 nicht in das Gewässer gelangen. Deshalb ist eine Schlammabfuhr bei Bedarf erforderlich.
Wie oft ist der Schlamm aus Kleinkläranlagen zu beräumen?
Nun – so oft es nötig ist.
Wann eine Schlammabfuhr es nötig?
Bevor das zulässige Schlammspeichervolumen überschritten wird.
Warum nur eine Schlammabfuhr so oft wie nötig und nicht so oft wie möglich?
- So oft wie möglich kostet den Klärgrubenbesitzer unnötig viel Geld.
- Im Szenario „So oft wie möglich“ wird sehr viel Wasser und wenig Schlamm „spazieren gefahren“ und unnötig viel Diesel verbraucht.
- Klärschlamm reduziert mit der Lagerzeit ganz erheblich sein Volumen: Also, je länger man wartet, desto weniger Schlamm fällt an und braucht abgefahren zu werden.
- Klärschlamm muss auf der Kläranlage weiterbehandelt werden. Je weniger Schlamm anfällt, desto geringer sind die zusätzlichen Kosten des AZV oder der Kommune.
In welchem Maße reduziert Klärschlamm sein Volumen mit der Lagerzeit?
Das Ausmaß ist anhand der folgenden Messergebnisse (veröffentlicht von Schütte, H. , Betriebserfahrungen mit Kleinkläranlagen, KA – Wasserwirtschaft, Abwasser, Abfall 2000 (47), Nr. 10, S. 1499-1505) zu erkennen:
Man erkennt bei einer einjährigen Lagerzeit des Schlammes (d. h. jährliche Abfuhr), dass die aus der 1. Kammer (!) abzufahrende Schlammmenge 0.65 l/Ed also 237 l/Ea beträgt.
(E= Einwohner, a = Jahr, l = Liter).
Bei einer 5-jährigen Lagerzeit sinkt die spezifische Menge um 100 % auf ca. 0,3 l. In diesem Fall beträgt die nach 5 Jahren abzufahrende Schlammmenge ca. 550 l/Ea.
In den 4 Jahren zusätzlicher Lagerzeit hat sich die Schlammmenge um 313 l (550-237) , also um 56 % durch Eindicken und durch Gärungsprozesse reduziert.
Voraussetzung für eine 5-jährige Lagerzeit ist natürlich, dass die Grube für eine derartige Lagerzeit bemessen wurde.
Entscheidend für die Bewertung ist nicht die Auslastung zum Errichtungsdatum, sondern immer die aktuelle Auslastung.
Übrigens der in Tabelle 1 des DWA-Arbeitsblattes 280 genannte mittlere Schlammanfall von 1 m³/Ea ist nur die halbe Wahrheit.
Wie kann man die Speicherkapazität der Grube kalkulieren?
- Nutzvolumen der Kammern ermitteln (siehe z. B. Planungsunterlagen (DDR-Kleinkläranlagen nach_TGL_7762 bzw. WAPRO-Standard sonst ausmessen)
- angeschlossene Einwohner zählen
- Ermitteln, ob man eine Mehrkammer-Absetzgrube (gesamtes Nutzvolumen > 2 m³ und 0,5 m³/E) oder eine Mehrkammer-Ausfaulgrube (gesamtes Nutzvolumen > 6 m³ und 1 m³/E) betreibt
- Mehrkammer-Absetzgrube und Mehrkammer-Ausfaulgruben sind zu beräumen, wenn der Schlammspiegel 50 % der Nutztiefe erreicht.
- Feststellen des Schlammspiegels: Wer es preiswert, weil selber machen will: Hier eine Anleitung wie Klärwärter früher einfach und simpel (und ich heute noch) das Problem lösten (bzw. löse): Schlammspiegelmessung. Es geht natürlich auch viele aufwändiger, wenn man z.B. einen „Schlammspiegelmesser“ bestellt.
Kalkulationsbeispiele für eine Schlammabfuhr:
Szenario: 4 Einwohner zum Planungszeitraum
- Grubentyp: Mehrkammerabsetzgrube Typ PROWA 3/5 (3 Kammern, 5,4 m³ Nutzvolumen, 1. Kammer 2,7 m³ und in 1. Kammer max. 1,35 m³ Schlammvolumen)
- 1.350 l/E und 5,4 m³ also großzügig nach Ermessen: Mehrkammerausfaulgrube
- Im Vergleich der folgenden 2 Tabellen ist zu erkennen, wie erheblich der Abfuhrzyklus bei qualifizierter Bewertung des Fäkalschlammanfalls ausgedehnt werden kann. Ob es ratsam ist, einen 5 Jahresrhythmus zu überschreiten, muss man selber probieren. Es kann vorteilhaft sein, dafür zu sorgen, dass erhebliche Schlammmassen nicht in die 2. und 3. Kammer gespült werden.
- Längere Abfuhrzyklen setzen voraus, dass der Anlagenbesitzer den Schlammspiegel anfangs wenigstens 1 x jährlich kontrolliert, bis er die Erfahrung für den notwendigen Zeitraum gewonnen hat.
Szenario: 2 Einwohner während des Betriebszeitraumes
Selbst eine kleinere Mehrkammer-Absetzgrube kann bei Unterlastung durchaus mit einem 2-jährgen Zyklus auskommen:
Es kommt auf eine Beobachtung und anschließende Bewertung des Schlammspiegels an. Dazu wird folgend die eigentlich simple Berechnungsmethode erläutert.
Das Meßgerät besteht aus einem langen Stock, in diesem Fall aus einem entsprechend langem Birkenstamm (siehe Foto). Zweckmäßig ist eine Stablänge von Deckel bis Grubengesamttiefe (Deckel bis Grubensohle) plus ≥ 1 m. Am unteren dicken Ende ist ein Holzbrett mit der Länge und Breite eines A4-Blattes angeschraubt oder genagelt. Diese Vorrichtung wird in die 1. Kammer eingetaucht und langsam abgesenkt. Durch das Eintauchen dieser Vorrichtung in die Kammer, lässt sich der Schlammspiegel indirekt erfühlen. Wenn das Brett den Schlammspiegel erreicht, dann steigt der Kraftaufwand beim weiteren Absenken.
Allerdings: Das Gerät funktioniert nur bei Schlämmen, die schon mehr als nur ein Jahr Zeit hatten einzudicken. Bei frischen Schlammablagerungen ist die obere Schlammschicht von wasserähnlicher Konsistenz, so dass der Schlammspiegel mit dieser Vorrichtung nicht sicher zu bestimmen ist.
Wenn schon, denn schon…
Wenn die Industrie Grundstücksbesitzern die teuren Mehrkammer-Ausfaulgruben verkauft (was ja nicht falsch sein muss), dann sollte es aber auch gestattet sein, deren betriebliche Vorteile nutzen zu dürfen. Also Entleerung nach Bedarf.
Muss eine Kleinkläranlage dicht sein?
In der Regel ja.
Andererseits soll der Gewässerschutz auf wissenschaftlichen Füßen stehen. Und in Wertung der Tatsachen
- Selbstdichtung von Kanälen und Abwasserbecken
- Verstopfung von Pflanzenkläranlagen im Laufe der Zeit
- Filtration des Abwassers bei der Leckpassage
- verhältnismäßig völlig unbedeutende Frachteinträge
ist eine undichte Kleinkläranlage in der Regel eine wasserwirtschaftliche Lappalie.
Strittiges:
- Kleinkläranlagen nach DIN 4261-1 werden nach der Verweilzeit des Abwassers bemessen. Zum Zeitpunkt der Bemessung (1930 bis heute) kalkuliert man immer noch mit einem Abwasseranfall im ländlichen Raum von 150 l/Ed, der in der Regel heute falsch ist und im ländlichen Raum eher zwischen 60…90 l/Ed liegt.
- Damit erhöht sich die Verweilzeit des Abwassers und der Wirkunsgrad in den Gruben entsprechend. Das kann soweit gehen, dass unterlastete Mehrkammerausfaulgruben den BSB5-Überwachungswert (<= 40 mg BSB5/l) einhalten.
- Es ist also durchaus möglich, dass eine Mehrkammer-Absetzgrube, die ursprünglich für 4 E vorgesehen war und heute nur noch von 2 Personen genutzt wird, Schlammlagerzeiten erreicht, die der einer Mehrkammer-Ausfaulgrube entsprechen.
Sehr wichtig!
Bei folgenden Abwasserbehandlungsverfahren ist eine regelmäßige Schlammspiegelmessung und – steuerung (durch rechtzeitige Abfuhr) sehr wichtig:
- nachgeschaltete bepflanzte (Pflanzenkläranlagen) oder unbepflanzte Bodenfilter
- Filtergräben
- Filterbeete
- Versickerungsschächte
- Versickerungsgräben
Der Grund: Ein Schlammabtrieb kann die Filter- und Versickerungsanlagen verstopfen. Dann hilft nur noch ein Neubau.
Besonders schnell ist bei einem unerwünschten Schlammabtrieb mit einem Neubau zu rechnen, wenn das vorbehandelte Abwasser ein Vlies (Bestimmte Art eines Geotextils) passieren muss.
Wenn ein Geotextil erforderlich ist, dann wäre nur eines zu verwenden, das nicht zur Verstopfung neigt! Hier ein anschauliches Beispiel der FRITZ LANDOLT AG (http://www.landolt.com) :
Den Ball flach halten
Mitunter wird aus Geschäftsinteresse mit Kleinkläranlagen Panik verbreitet und so getan, als sei eine zentrale Abwasserbehandlung das Beste und einzig Gute für die Welt.
Das ist zu relativieren.
Erstens liegt der Schwerpunkt der Gewässerbelastung bekanntlich bei der industriellen Landwirtschaft und zweitens hat die zentrale Abwasserbeseitigung auch so ihre Schwächen, denn die Schmutzfrachten, die vor der Kläranlage in das Gewässer rauschen werden werden bei der Gesamtbilanz (ganzheitliche Gewässerbewertung nach der EU-WRRL) insbesondere bei der Festlegung von Überwachungswerten eher selten beachtet.
Überarbeitet: 08.10.2017
Das könnte eine Frage an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht sein.
Ich empfehle, dass ein Klempner die Situation bewertet. Entwässerungseinrichtungen haben in der Regel einen Geruchsverschluss (Siphon).
Nach einer gründlichen Entleerung
Stinkt es schrecklich aus der Dusche…
Wurde ggf.zu viel abgepumpt?
Vorher war alles geruchsfrei!
Die anderen Ausflüsse fallen nicht unangenehm auf!?
Wir mussten unsere Kleinkläranlage zu einer Auffanggrube rückbauen. Nun wird bei jeder Abfuhr Klärschlamm berechnet. Ist das rechtens?
Jauchenschöpfer?
früher hat man kellen verwendet und ins beet gemacht gibt es noch solche kellen und wie heissen die
Danke!
Sehr informativ, weiter so!
Vielen Dank.
Interessanter Beitrag. Zu ähnlichen Ergebnissen bin ich in meiner bisher dreijährigen Tätigkeit als Klärwärter für Kleinkläranlagen durch Beobachtung und analytische Auswertungen ebenso gekommen. Es ist ein beruhigendes Gefühl hier seine Theorien bestätigt zu wissen.
Selbst stoße ich nahezu täglich auf Probleme bei meinen Wartungen.
Es liegt auf der Hand, dass die Betreiber der Kleinkläranlagen systematisch um ihr Geld betrogen werden. Dieser Verdacht gründet sich einerseits auf bewusste und nicht fachgerechte Ausführung der Wartungen in Verbindung mit der Dokumentation von falschen oder nicht den Tatsachen entsprechenden Messergebnissen.
Andererseits werden Anlagen durch die Entsorger bewusst nicht korrekt abgefahren. Dieser Faden zieht sich von vorgetäuschter nicht erfolgter Abfuhr mit anschließender Rechnungslegung aus der sich für den Betreiber eine sachgerechte Abfuhr erkennen lässt. Aber auch nur teilweise entleert Gruben bzw. Kammern. Bedenklich ist auch, dass der größte Feind einer funktionierenden Kleinkläranlage nicht entsorgt wird. Der meist über Zentimeter dicke Schwimmschlamm wird nicht entsorgt und verbleibt in der Vorklärung. Die Folgen für den Betreiber sind gravierend. Der Schlamm steigt somit innerhalb kürzester Zeit wieder auf. Nicht selten erlebe ich immer wieder, dass der Schwimmschlamm so sehr verfestigt ist, dass der Zulauf bishin zur gänzlichen Verstopfung zusetzt. Ich könnte über meine Erfahrungen Bücher schreiben. In seiner Gesamtheit grenzt das Verhalten aller Beteiligten seien es die Wartungsfirmen selbst oder auch Entsorger, an maffiösen Zuständen. Es ist der Hammer. Mittlerweile wird meinem Arbeitgeber angeraten mich zu entlassen, da ich offensichtlich meinen Job entgegen den Interessen der Wasserwirtschaft ausführe und meine Kunden mit zuviel Fachwissen ausstatte.
Bin froh und dankbar, dass ich diesen Beitrag gefunden habe. Kann daraufhin mein „Betriebsverhalten“ optimieren!! Alle meine Nachfragen beim örtlichen Entsorger waren hier wie dort bisher von keiner Fachkenntnis getrübt.
Danke nochmals.
Udo Jeske
Voll ins Schwarze getroffen! Nur leider halten alle still und zahlen – der Deutsche Michel halt. Ärgern kann man sich, ändern kann man leider nichts. Und so lasse auch ich brav alle 3 Jahre abfahren, damit ich keinen Ärger bekomme, denn ich habe eine „kleine Dreikammer Biologie“ mit Belüftung und Kleinrechner – und ich habe eine Ausnahmegenehmigung zur gemeinsamen Versickerung von Regenwasser und dem Überlauf aus der KKA mitten in Sachsen-Anhalt! Da will man keine schlafenden Hunde wecken. Und noch mal: Vielen Dank für die interessante webseite! Viele Grüße Leopold Grimm