Manuskript für die Fachzeitschrift „Wasser-Abwasser-Praxis“ (erschienen im Oktober 1997)

Kommunale Risiken der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum

Dipl.-Ing. (FH); Dipl. Ök. Uwe Halbach, Institut für Wasserwirtschaft Halbach – Werdau (Sachsen)

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Inhalt:

  • Abwasserableitung
  • Abwasserzweckverband – ein Risikofaktor?
  • Beratung und Planung
  • Das Risiko an sich
  • Ein Abwasserteich oder 250 Hauskläranlagen?
  • Fördermittelproblematik
  • Geringe Besiedlungsdichte
  • Minimierung der Nachteile
  • Preiswerte Lösungen im ländlichen Raum
  • Privatisierung mit Tücken
  • Regenwasserableitung
  • Riskante Kostenvergleiche
  • Riskante Refinanzierung
  • unbelüfteter Abwasserteich
  • Literatur

Zusammenfassung

Risikominimierung bedeutet, die ländliche Abwasserentsorgung als komplexen, dynamischen aber auch riskanten Refinanzierungsprozess zu verstehen. Dieser mehrjährige Prozess ist von inneren und äußeren Faktoren in unterschiedlichem Maße beeinflussbar. Der Refinanzierungsumfang wird in der Regel auch von Dritten beeinflusst und ist technisch oder „wirtschaftlich“ nicht immer nachzuvollziehen oder gar vernünftig. Unbedingt zu beachten ist, dass erst dann kostenerhebliche Entscheidungen gefällt werden dürfen, wenn nicht nur die ungünstigen Ereignisse hinreichend bekannt sind, sondern wenn den unerwünschten Konsequenzen entsprechend begegnet werden kann.

Auf Grund der geringen Siedlungsdichte wirken sich unzweckmäßige Entscheidungen viel gravierender aus als in der Stadt. Reine abwassertechnische Probleme sind im ländlichen Raum eher sekundär.

Bei der Suche nach Lösungen für die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum kann auf einen beachtenswerten Literaturfundus zurückgegriffen werden. Am technischen Know-how liegt es in der Regel nicht, wenn die ländliche Abwasserentsorgung gegenüber der städtischen viel häufiger in die Schlagzeilen gerät, z.B.: „Niedersachsen – Landvolk geplündert“

[FOCUS 38/1993] oder „Dorfchefs ziehen die Notbremse: Sieben wollen raus aus dem Verband“ [Volksstimme Sachsen-Anhalt, 15.08.1995] oder „Wasserverband von allen Seiten unter Beschuss – Von kommunaler Solidarität ist im AZV Lugau-Glauchau nichts mehr zu spüren“ [Freie Presse Sachsen, 08.07.1997]….

Auffallend ist, dass überwiegend der ländliche Bereich betroffen ist und hier besonders Siedlungen, die ihre Kanalisation sowie die Kläranlage neu und komplex errichteten. Dabei drängt sich die Frage auf, warum es uns bei einem derartig hohen Stand der Abwassertechnik und sonstigen Potentialen nicht gelingt, die Abwasserentsorgung eines „simplen Dorfes“ in den Griff zu bekommen? Im Laufe des Artikels wird analysiert, dass die Ursachen weniger im technischen Bereich liegen, sondern in riskanten oder gar falschen Investitions-Refinanzierungskonzepten und eben solchen Investitionsentscheidungen zu suchen sind. Ein weiterer Grund wird wohl auch darin bestehen, dass Bestrebungen zur Umsatzsteigerung der Umweltindustrie und -dienstleistung mehr Kondition beweisen, als Bemühungen der Kommunen zur Konzentration des Aufwandes auf das unbedingt Notwendige. Dieser Beitrag will sich aber mehr den unmittelbar beeinflussbaren Aspekten zuwenden, ausgewählte Risikofaktoren analysieren und Wege zu deren Minimierung aufzeigen. Dabei wird dargelegt, dass der ländliche Raum durchaus noch beträchtliche Potentiale für die Gestaltung einer günstigen Lösung erschließen kann.

Das Problem – von Ausnahmen abgesehen – besteht darin, dass die Refinanzierung der Investitionen sich viel umfangreicher und komplizierter herausstellte, als gemeinhin angenommen wurde, wobei man auf mögliche unerwünschte Ereignisse in keiner Weise vorbereitet war oder deren Eintreten ins Kalkül zog. Das gilt grundsätzlich für kommunale oder verbindliche Investitionen und in gleichem Maße für die Vergabe von Dienstleistungen oder die Verursachung von Betriebskosten. Der Unterschied zwischen großen Entsorgungsstrukturen zum ländlichen Raum besteht einzig und allein darin, dass eine ungeschickte Investition hier eher auffällt und ans Tageslicht gelangt, als beispielsweise in einer größeren Stadt, in der eine Fehlinvestition von z. B. 10 Mio. DM nur eine Gebührenerhöhung im Pfennigbereich nach sich ziehen wird. Tatsache ist, dass die Städter in der Summe gesehen viel mehr an unnötigen Kosten für die Abwasserentsorgung bezahlen als der ländliche Raum. Das vermeintlich bessere Management in einem großen Verband erscheint eher als Zweckbehauptung und Ausnahme, wenn die Kosteneffizienz einmal genau unter die Lupe genommen wird.

Das Risiko an sich

Wie ist nun das Investitionsrisiko zu fassen? Einmal kann sich das Risiko darin zeigen, dass der Gebrauchswert nur teilweise oder gar nicht gewährleistet wird. Zweitens können bei gegebenem Gebrauchswert die geplanten Kosten überschritten werden. Drittens können die geplanten Refinanzierungsmöglichkeiten nicht in vollem Umfang eintreten. Und viertens sind Kombinationen und gegenseitige Beeinflussungen aus den 3 genannten Fällen vorstellbar und zu beobachten.

Die Kommune gibt also einmalig Geld aus, verursacht laufende Kosten und hofft, diese Aufwendungen über den Bürger refinanzieren zu können. Vergleiche zum Roulettspiel sind nicht ganz abwegig. Der eigentliche Akt ist ein Investitionsprozess, wobei es hinsichtlich der Auswirkungen und des Risikos fast unbedeutend ist, ob eine Kommune eine Straße ausbaut, eine Brücke oder einen Kanal errichtet. In dem Moment, in dem sie investiert, läuft sie Gefahr, dass Refinanzierungsschwierigkeiten auftreten können oder andere Risiken (falsche Grundlagen, technische Mängel, ungenügende Auslastung…) Gestalt annehmen. Ein Wesensmerkmal jeder Investition besteht in dem selten beachteten Grundrisiko. Denn – gäbe es Investitionen mit Null-Risiko, könnte jeder Millionär werden.

Das Risiko hat eine bemerkenswerte Eigenschaft. Die Einzelrisiken von Ereignissen multiplizieren sich zum Gesamtrisiko, man spricht deshalb auch von Risikofaktoren. Das ist sicher ein Grund, warum eine Refinanzierung so selten planmäßig und komplikationslos verläuft. Im Zusammenhang damit mag stehen, dass Investitionsentscheidungen menschliche Entscheidungen sind. Und menschliche Entscheidungen sind nicht immer berechenbar. Es ist also ratsam für die Kommunen, auch der Untersuchung des Risikos künftig mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das ist unbequem und aufwendig, aber notwendig, wenn das Risiko eines Millionenverlustes minimiert werden kann. Für den kommunalen Auftraggeber – insbesondere im ländlichen Raum – ist nicht die planerische vorgerechnete Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wichtig. Wichtig ist zu allererst – wenn man die Erfahrungen an der Abwasserentsorgung gescheiterter Verbände und Kommunen analysiert -, dass die kommunalen Entscheidungsträger rechtzeitig wissen, was passiert, wenn durchaus mögliche, aber unerwünschte Ereignisse Realität werden. Die Risiken lassen sich u.a. durch Risikoanalysen mit Fallunterscheidungen graphischer, nicht monetärer Bewertungsverfahren veranschaulichen und ggf. auch kalkulieren. Im folgenden werden ausgewählte Risikofaktoren erörtert.

Geringe Besiedlungsdichte

Hier sind 2 Aspekte besonders bedeutungsvoll. Erstens steigen spezifischen Abwasserkosten progressiv mit der Reduzierung der Siedlungsdichte. Eine Abwassergebühr, gerechnet ohne Fördermittel und Beiträge zwischen 17 und 23 DM/m³ ist bei einer Siedlungsgröße von 1000 Einwohnern daher ganz seriös und durchaus reell.

Eine erste Abschätzung der Kosten, die zu refinanzieren sind, ist mit der Tabelle möglich. Zum Verständnis: Eine Gemeinde soll über 1000 Einwohner verfügen. Recht preiswert geplant ist eine Schmutzwasserkanalisation (Trennsystem) mit einem Abwasserteich für insgesamt 6 Mio. DM. Die Abwasserkosten, gerechnet ohne Förderung und Beiträge werden nach Diagramm [4] in einer Höhe von 12 DM/m³ abgelesen. Kleinere Siedlungen können aber schnell 20 … 30 DM/m³ Abwasserkosten (nicht Gebühren!) verursachen, wenn auch noch die Betriebskosten berücksichtigt werden, ohne dass die Planung unseriös sein muss.

Zweitens wirken sich unzweckmäßige und uneffiziente Investitions- und natürlich auch Betriebskostenentscheidungen viel gravierender aus als in der Stadt. Damit sind ländliche Gemeinden gezwungen, ihre Abwasserentsorgung ganz besonders preiswert zu gestalten.

Ein weiterer risikoverschärfender Aspekt bei der kommunalen Abwasserinvestition im ländlichen Bereich besteht darin, dass aufgrund der komplizierten Refinanzierungsmodalitäten (gemäß Kommunalabgabengesetz) ein schrittweiser Ausbau der Abwasserinfrastruktur hier oft nicht möglich ist, weil bei einem schrittweisen Ausbau meist zunächst verhältnismäßig viele nicht nutzbare Investitionen entstehen. Die bereits nutzbaren Investitionen können daher nur von einem Bruchteil der Bürger refinanziert werden, die auch einen Vorteil davon haben. Aus diesen Gründen müssen ländliche Gemeinden im Sparen und Rechnen besonders gut sein und sind gezwungen, ihre Abwasserentsorgungslösungen in einem Zuge zu realisieren, um schnell einen hohen Anschlussgrad zu gewährleisten. Dabei darf aber der Gebrauchswert nicht leiden, denn der Ärger über die schlechte Qualität hält länger als die Freude über den niedrigen Preis.

Neben der Analyse und Beachtung der Risikofaktoren gibt es einen weiteren Weg, das Risiko zu minimieren; indem der Refinanzierungsbedarf und damit ein möglicherweise eintretender Verlust reduziert wird. Zu beachten ist weiterhin, dass bei extremer Sparsamkeit das Risiko steigt, alles zu verlieren, wenn das gewünschte Werk die Gebrauchswerteigenschaften nicht erzielt.

Riskante Refinanzierung

Eine weitere, aber mittelbare Ursache gescheiterter kommunaler Abwasserentsorgung ist die Anwendung des Solidarprinzips bei der Gebührenkalkulation. Nach diesem Refinanzierungsmodus gibt es im Abwasserzweckverband nur eine einheitliche Abwassergebühr. Das Spezifische im Verband ist aber, dass die Aufwendungen für die Abwasserentsorgung der einzelnen Gemeinden um den Faktor 10 unterschiedlich sein können. Der Vorteil für den ländlichen Bereich liegt dann darin, dass z.B. von 20 DM/m³ Abwasserkosten die Städter 15 DM/m³ im ländlichen Bereich mit bezahlen. Der Nachteil besteht darin, dass der Städter irgendwann damit nicht mehr einverstanden ist, wenn er ohne den ländlichen Bereich deutlich niedrigere Abwasserkosten hätte. Da der Gebührenbogen inzwischen auch von anderen Ver- und Entsorgungsträgern immer mehr überspannt wird, ist der Städter zunehmend nicht mehr damit einverstanden, die hohen Abwasserkosten im ländlichen Raum mit zutragen. Man erkennt es daran, dass sich in steigendem Maße die Städte aus den Solidarverbänden verabschieden. Festzustellen ist, dass eine Solidargebühr dann ein geringes Refinanzierungsrisiko beinhaltet, wenn die Mehrzahlungen durch die Städter sich im Rahmen halten. Zum Scheitern verurteilt ist meist ein Verband, der ausschließlich aus ländlichen Gemeinden besteht, es sei denn, man drückt ihm so viele Fördermittel auf die Augen, dass alle Entscheidungsträger für genügend lange Zeit blind sind.

Ein rein ländlicher Verband kann seine hohen spezifischen Kosten nicht auf Städter abwälzen, denn 20 arme Gemeinden machen noch lange keinen reichen Verband. Für einen rein ländlichen Verband besteht – genau wie für eine einzelne ländliche Gemeinde – immer die Schwierigkeit, dass sofort refinanzierungsfähige (nutzungsfähige) Investitionsabschnitte geschaffen werden müssen. Stellen wir uns ein Beispiel vor: Ein ländlicher Abwasserzweckverband mit 20 Gemeinden benötigt Ortsnetze und Kläranlagen.

Fall 1: Man baut eine zentrale Kläranlage: Bis alle Ortskanäle, Verbindungssammler gewährleisten, dass alles Abwasser des Verbandes an der zentralen Kläranlage ankommt, dürften 20 Jahre vergehen. In den ersten 3 Jahren hat man vielleicht schon 15 Millionen investiert.

Wer soll diese Summe nun refinanzieren? Natürlich die Bürger des Verbandes, die den Vorteil des Anschlusses an die Abwasserentsorgung schon genießen! Oder in Form einer Mitfinanzierung über Umlagen der Gemeinden, die erst im 19. Jahr ihre Abwässer zur zentralen Kläranlage leiten können? Man erkennt die Unzweckmäßigkeit dieses Konzeptes. Es wird aus Refinanzierungsgründen scheitern.

Fall 2: Jede Gemeinde erhält eine eigene Ortskläranlage. Diese Konzept hat den Vorteil, dass im Fall eines Verbandskollapses vollendete nutzungsfähige refinanzierbare Investitionen wenigstens in einigen Gemeinde bestehen.

Das große Refinanzierungsrisiko beim Solidarprinzip besteht darin, wenn sich alle Beteiligten tatsächlich solidarisch und „sozialistisch“ verhalten. Jeder denkt dann: Meine Kosten werden die anderen schon mit tragen. Der erforderliche persönliche Einsatz und die Verantwortlichkeit zur Kostenreduktion und -beeinflussung ist in einem großen Solidarverband deshalb deutlich geringer und weniger erfolgreich als in einer kleinen Gemeinde.

Auf das Risiko und die Problematik der Refinanzierung haben u.a. folgende Aspekte Einfluss:

  • Bereits vorhandene und geplante Verschuldung der Bürger
  • Alter von bestehenden Anlagen (Restbuchwerte)
  • Erforderlicher neuer Investitionsbedarf
  • Ansteigen der Betriebskosten infolge der Investitionen
  • Bereitschaft der Bürger für das Finanzieren weiterer Kostenbelastungen
  • Wahrscheinlichkeit des planmäßigen Fördermittelflusses
  • Finanzkraft des Gewerbes
  • Belegung der Gewerbegebiete
  • Koordinierung der Investitionen im Kanalbau und zur Abwasserbehandlung

Grundsätzlich geht es darum, die Abwasserentsorgung nicht als technisches Problem zu verstehen – denn es gibt im ländlichen Raum keine nennenswerten technischen Unklarheiten, sondern die Abwasserentsorgung ist als komplexe Investition zu begreifen, die mit den zulässigen Mitteln des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes sicher und dynamisch über viele Jahre refinanziert werden muss.

Eigentlich bedarf es keiner besonderen Erwähnung darauf hinzuweisen, dass Investitions- und Betriebskostenentscheidungen erst dann zu fällen sind, wenn der Refinanzierungsplan für die nächsten 10 Jahre klar ist!

Ungünstige Erfahrungen mit der Solidargebühr haben eine Reihe Verbände mit großem Investitionsbedarf machen müssen, weil es nicht gelingen kann, alle Investitionsvorstellungen der Verbandsmitglieder gleichzeitig zu befriedigen. Damit ist Streit praktisch vorprogrammiert.

In den neuen Bundesländern war das überwiegende Solidarprinzip ein wesentlicher Faktor für viele unbedachte Entscheidungen mit weitreichenden finanziellen Konsequenzen.

Er war eben der bequemste Anfang, denn eine Stufengebühr verlangsamt den Investitionsprozess schon dahingehend, dass beispielsweise bei Wirtschaftlichkeitsdiskussionen im Rahmen der ländlichen Abwasserentsorgung immer wieder das Argument zu hören ist: „Wenn wir unsere Abwasserentsorgung selbst bezahlen sollen, dann können wir es auch sein lassen!“ Heute wünscht man sich, jemand hätte den Mut vor jedem Investvorhaben gefunden, die tatsächlichen vom Land verursachten Kosten – bis hin zur Gebührenwirksamkeit – durchzurechnen und dem Bürger mitzuteilen. Insofern ist gerade im Vorfeld – also in der Vorbereitungsphase einer Investition – eine Kalkulation nach dem Stufenprinzip dem Kostenverständnis der Entscheidungsträger eher dienlich, als das bequeme – die Kostenursachen verschleiernde – Solidarprinzip. Werden alle Investitionen derart vorbereitet, dann gibt es auch bei der späteren richtigen Gebührenkalkulation nach dem Solidarprinzip kein böses Erwachen. Es gilt nun zu entscheiden, ob das Investvorhaben mit der ermittelten „fiktiven Gebührenbelastung“ als Stufengebühr tatsächlich realisiert werden kann. Welche Fördermittel müssten fließen, wie hoch wären die Beitragssätze, welche Auswirkungen hätte das alles auf die Entwicklung der Solidargebühr im Verbandsgebiet und vor allem ist die zusätzliche vom Städter nicht verursachte Kostenbelastung diesem noch zuzumuten? Sind politische Spannungen innerhalb das Verbandes wahrscheinlich, die zu einem Umdenken der städtischen Abgeordneten und zur Besinnung auf die eigene Wählerschaft führen könnten?

Fördermittelproblematik

Mit Fördermitteln wird dem Verband nicht immer geholfen. Sie können auch schaden, wenn sie als „Rauschmittel“ wirken und das klare Denken beeinträchtigen. Mit ihnen ist die Effektivität oder Zweckmäßigkeit einer Zweckverbandes oder Zweckmäßigkeit einer abwassertechnischen Lösung manipulierbar geworden. Gäbe es keine Fördermittel, wären die Zweckmäßigkeit und Effektivität kommunaler Entscheidungen schneller zu ermitteln. Jeder wäre automatisch gezwungen, nur so große Brötchen zu backen, die er tatsächlich bezahlen und verzehren kann. Damit reduziert sich das Investitionsrisiko von selbst um ein Vielfaches. Fördermittel verleiten zu riskanten übereilten Entscheidungen, wobei oft übersehen wird, dass trotz Förderung die Kosten nach der Investition meist deutlich höher sind als vorher. In den letzten beiden Jahren hat sich der positive Trend der fördermittelbereitstellenden Behörden deutlich verstärkt, dieser Tendenz über entsprechende Regulative entgegenzuwirken (Kostenkataloge, neue Förderrichtlinien, Kontrollmechanismen).

Privatisierung mit Tücken

Die Privatisierung der Abwasserbehandlung ist grundsätzlich eine interessante Sache. Sie kommt interessanterweise besonders dann ins Gespräch, wenn durch Investitionen Tatsachen geschaffen wurden, die nun vom Haushalt nicht mehr finanzierbar scheinen oder wenn noch wenig verschuldete Gemeinden Angst vor den künftigen Investitionen haben und glauben, durch Privatisierung das Problem lösen zu können. Und der Staat glaubt, durch Privatisierung den Haushalt entlasten zu können. Das ist prinzipiell auch zu erwarten. Jedoch ist das Risiko, dass der Bürger letzten Endes langfristig dennoch mehr Kosten zu tragen hat, kaum kalkulierbar. Eigentlich wird nur das Problem und die Verantwortlichkeit transferiert. Dabei steigt allgemein die Gefahr mit der Komplexität und Unübersichtlichkeit der geplanten Privatisierungsaufgaben. Komplexe Privatisierungen im ländlichen Raum sind wenig lukrativ für den künftigen Betreiber. Deshalb wird auch hier versucht, möglichst viele Gebührenpflichtige zu konzentrieren. Für Entscheidungen darüber gilt sinngemäß die Risikoanalyse in diesem Beitrag. Wenn die unerwünschten – aber möglichen -Nachteile der Privatisierung ins Kalkül gezogen werden und man immer noch der Auffassung ist, den richtigen Weg zu gehen, sollte man privatisieren. Der Autor neigt aber eher zu einer partiellen Privatisierung, bei der eine Monopolisierung und zu große Abhängigkeit vermieden wird. Gebühren- und beitragserhebliche Kostenentscheidungen sollten von der Kommune steuer- und beeinflussbar bleiben, wenn eine Kostensenkung insgesamt für Staat und Bürger gewährleistet werden soll. Schließlich haben fast alle Kommunen und Verbände noch erhebliche Effektivitätsreserven bei der Organisation ihrer Aufgaben und bei der Konzentration auf das Wesentliche, die es erst einmal zu erschließen gilt, bevor man sich vom Regen in die Traufe stellt.

Abwasserzweckverband ein Risikofaktor?

Es mag in Erstaunen versetzen, aber der Abwasserzweckverband ist noch viel zu oft ein Risikofaktor für eine unsichere Kostenentwicklung. Hinsichtlich der Mechanismen, ähnelt er manchmal mehr einem sozialistischen Kombinat als einem marktwirtschaftlichen Unternehmen. Man beobachtet oft eine demokratische kollektive Entscheidungsweise, gepaart mit einer unscharfen, wenig ausgeprägten scheinbaren Verantwortlichkeit der Entscheidungsträger. Der Trend zur Solidargebühr verwischt die Kostenverantwortlichkeit und -transparenz. Und eine meist umfangreiche Förderung trägt mitunter dazu bei, die Zweckmäßigkeit auszuhebeln und politisch zu manipulieren. Bekannt ist, dass ein Abwasserzweckverband nicht wirtschaftlich sein kann, muss und darf. Er muss nur kostendeckend arbeiten und sollte zweckmäßig sein. Insofern ist es ein Glücksfall oder besser der Verdienst einiger Enthusiasten im Verband und den Behörden, wenn die Bürger nur zweckmäßige Kosten tragen und nicht noch unnötige Aufwendungen refinanzieren müssen. In den neuen Bundesländern sind die betreffenden Ministerien gerade dabei, über Kostenplausibilitätsprüfungen viele Verbände abzuchecken.

Manche riskante Kommunalentscheidungen werden aber auch durch die behördliche Prüfungsgepflogenheit geradezu gefördert. Wieso? Ein häufiges Argument bei der Abwasserentsorgung gescheiterter Kommunalvertreter ist, dass die Investition schließlich umweltbehördlich geprüft wurde. Insofern glaubt der betroffene Abwasserzweckverband oder die Kommune, sich zurücklehnen zu dürfen. Schließlich habe doch die Behörde die Fehler auch nicht gefunden. Die Prüfung eines Investitionskonzeptes auf Mängelfreiheit und Risikominimierung ist jedoch so umfangreich, so komplex und so interdisziplinär, dass eine einzige Behörde fachlich und zeitlich oft überfordert scheint. Hier besteht eher Handlungsbedarf für den Verband oder die Kommune sich ein Gutachterteam zu suchen. Insgesamt stellt sich die Frage, ob es politisch und behördlich zweckmäßig ist, allzu intensiv die Kommunen und Verbände zu kontrollieren und manchmal auch zu gängeln. Hin und wieder besteht der Trend zur Heilung der Verbände „von oben“, indem schnell neue Verbandsstrukturen geschaffen werden. Der Nachteil: In dem Maße, in dem die Behörden oder Regierungspräsidien als „Gottheit“ die Verbandswelt neu erschaffen, tragen sie später wieder Verantwortung, Mitschuld oder sogar Hauptschuld, wenn das Vorhaben schief geht. Muss es nicht auf diese Weise wieder schief gehen? Der Autor ist der Ansicht, dass keine Behörde der Welt in der Lage ist, das Risiko der kommunalen Abwasserentsorgung hinreichend zu minimieren, denn dazu ist die Aufgabe viel zu unübersichtlich. Es ist wie zu Hause: Eine Mutter, die täglich das Kinderzimmer aufräumt, wird ihre Kinder nicht zur Ordnung erziehen können. Es kommt also für die Gemeinden darauf an, nicht nur die angenehmen Seiten der kommunalen Selbstverwaltung zu genießen, sondern notfalls auch das bittere Ende durchzustehen und nicht, wenn riskante Entscheidungen schief gegangen sind, dem Ministerium, einer Behörde oder noch anderen die Schuld zu geben.

In den neuen Bundesländern sind insbesondere Angst vor nicht mehr beeinflussbaren Kostenentwicklungen die Ursache des Austrittsbegehren vieler Gemeinden aus Zweckverbänden, da anscheinend nur sehr wenige den vermeintlichen Anforderungen einer zweckmäßigen Abwasserentsorgung tatsächlich gerecht werden. Tatsache ist, gerade die Abwasserzweckverbände vermochten es nicht, in den kritischen Situationen Sanierungsfälle zu vermeiden. Allein die Mitgliedschaft im Abwasserzweckverband ist noch keine Lösung – es sei denn, sein Management und seine Philosophie überzeugen! In den meisten Fällen fließt das Abwasser – zumindest in den ländlichen Gemeinden – von allein in den Abwasserteich, in dem mit Hilfe von Sonnenenergie das Abwasser (ohne ständige Anwesenheit des Klärwärters und einer Behörde) hinreichend und sehr zuverlässig gereinigt wird.

Wenn „das Kind aber in den Brunnen gefallen ist“ und der Verband ihn als Sanierungsfall wieder verlässt, dann scheitern Berater, Gutachter und Behörden häufig an der Aufgabe der Schadensbegrenzung, weil die risikominimierte Abwasserentsorgung eine interdisziplinäre – abwassertechnische und kommunalwirtschaftliche – Optimierungsaufgabe ist und nur im Team konstruktiv gelöst werden kann.

Ist eine Kommune oder ein Verband bereits ein Sanierungsfall, dann wird zu beobachten sein, dass sie aus 2 Gründen nicht in der Lage ist, sich selbst zu sanieren. Erstens ist man rein menschlich selten zur Fehlerkorrektur bereit, weil dies ja ein Eingestehen der Fehler – mit allen bekannten Konsequenzen – voraussetzt. Zweitens fehlt das erforderliche Geld, um sich selbst aus dem Schlammassel zu ziehen.

Beratung und Planung

Einerseits gibt es Planer, die mit viel Akribie, Sachkunde und Kostenbewusstsein ihre Kanalplanungen so gestalten, als wollten sie in dem Ort wohnen, für den sie gerade einen Kanal planen. Wenigstens genauso häufig sind aber auch einfältige Planungen zu beobachten. Dem Bürgermeister wird dabei eine Variante nach dem Prinzip „Friss oder Stirb“ vorgelegt. Bei der Begutachtung und Ortsbegehung fällt dann meist auf, dass es für den ländlichen Raum und diesen konkreten Fall geeignetere Lösungen gibt, die außerdem deutlich weniger kosten. Ein Planer, der ein wertvolles Werk abgeben will, wird seinem Bauherrn zunächst mehrere Varianten vorlegen, Risiken, Vor- und Nachteile aufzeigen sowie ggf. die Gebührensensibilität und Gebührenprognosen der einzelnen Varianten ermitteln lassen (erforderliche zusätzliche Leistungen für eine risikominimierte Investitionsentscheidung).

Bei einer einfältigen (1 Variante) Abwasserzielplanung, die in einem Zuge ohne Zwischenberichte und Zwischenverteidigung vor Bauherrn und Behörde bereits als Entwurfsplanung abgegeben wird, fällt es schwer, an ein seriöses Vorgehen zu glauben. Bei solcher Vorgehensweise ist dem Planer nicht ungerechtfertigt vorhaltbar, er habe die aufwendigste Variante aufgezeigt, weil er damit auch das größte Honorar erhält. Eigentlich kein Thema, denn gute Planungsbüros verhalten sich automatisch nicht Bauherrenschädlich.

Andererseits sind dem Autor manche Fälle bekannt, in denen kommunale Entscheidungsträger und Behörden aus politischen Gründen guten planerischen Empfehlungen nicht folgten und unnötig aufwendigere Lösungen realisierten.

Eine wesentliche Aufgabe des Planers sollte es sein, das Planungsrisiko zu minimieren, u.a. durch:

  • Untersuchungen kostenerheblicher Varianten
  • Untersuchung der Varianten nach gleichen Anforderungen
  • Ermöglichung eines fairen Entscheidungsprozesses
  • hinreichender Umfang der Planungsvorbereitung
  • ggf. Vorschlagen von Maßnahmen zur Grundlagenabsicherung (Gutachten über Abwasserlast- und mengenprognosen – ein bedeutender Schwerpunkt!)
  • Aufzeigen unerwünschter Szenarien
  • Delegieren von speziellen Aufgaben an Sachverständige, sofern selbst entsprechende Kenntnisse fehlen.

Viele beachtenswerte Hinweise zur Risikominimierung durch Beschränkung auf das Wesentliche sind in der einschlägigen Fachliteratur finden. (Siehe hier insbesondere das ATV-Merkblatt M 200 [13].)

Riskante Kostenvergleiche

Eine meist umweltbehördlich geforderte planerische Aufgabe ist die Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen. Das Risiko wird größer, wenn sich nur auf diese Ergebnisse verlassen wird.

Aussagen von Kostenvergleichsrechnungen zum Nachweis von Kostenvorteilen sind für die Praxis viel zu theoretisch, um als kommunale oder behördliche Entscheidungsbasis zu dienen. Den Bürgermeister interessiert kaum, wie sich der Kostenbarwert von Variante A oder B entwickelt. Er will ziemlich konkret wissen, welche Kosten mittelfristig (Gebühren und Beiträge) auf die Bürger zu kommen. Eine Kostenvergleichsrechnung sichert die Kommune auch nicht dagegen ab, dass die in der Kostenvergleichsrechnung ermittelte optimale Variante tatsächlich refinanziert werden kann, ohne dass als Nebenprodukt die Absetzung des Bürgermeisters oder Geschäftsführers auf der Tagesordnung steht. Grundsätzlich wäre zu prüfen, ob Kostenvergleichsrechnungen überhaupt konkrete Antworten geben können. Der Autor ist der Auffassung, dass Kostenvergleichsrechnungen – z.B. zur Ermittlung der Vorteilhaftigkeit einer zentralen oder dezentralen Abwasserentsorgungslösung – nicht aussagefähig sind, weil beide Varianten über einen unterschiedlichen Nutzen und unterschiedliche Finanzierungsrisiken verfügen (vergleiche hierzu [3, Seite 11]). Es kommt also darauf an, vor dem entscheidenden Schritt einer Bestellung – sei es eine laufende Dienstleistung oder eine einmalige Investition – das Gesamtrisiko hinreichend genau zu kennen.

Preiswerte Lösungen im ländlichen Raum

Der Aufwand der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum ist von unterschiedlichen Situationen und Bedingungen mehr oder weniger abhängig:

1. Siedlungsdichte
2. Vorhandensein eines Kanalnetzes (weil damit der Investaufwand deutlich geringer ausfällt)
3. vorhandenen Hauskläranlagen
4. Versickerungsflächen
5. Leitungsfähigkeit der Fluss- oder Bachläufe
6. Verschärfung von Überwachungswerten (z. B. für den Trinkwasser- oder Seenschutz)

Abwasserableitung

Die Realisierung des Mischsystems im ländlichen Raum, sofern es nicht historisch gewachsen ist, wird sehr teuer.
Die günstigste Entwässerungslösung im ländlichen Raum besteht in der geschickten Ausnutzung der Topographie, der vorhandenen Vorfluter und der Prüfung mehrere technischer Entwässerungslösungen. Das Diagramm erlaubt einen Überblick der Wirtschaftlichkeitsgrenze der Druck- und der Vakuumentwässerung. Die ausschließliche Nutzung nur eines Entwässerungssystems, z.B. der Druck oder der Vakuumentwässerung ist meist weniger wirtschaftlich. Ein paar Meter Freispiegelkanal sind oft möglich, um den technischen Aufwand etwas zu begrenzen. Interessant sind also Lösungen, die je nach den Örtlichkeiten das geeignete Verfahren vielfältig berücksichtigen.

Regenwasserableitung

Der recht häufige „Kanalmercedes“ im ländlichen Raum ist ein Kanalnetz für Regen- oder Mischwasser parallel neben dem Dorfbach, wobei dann in der 2000 Einwohner zählenden Siedlung z.B. 4 Regenüberlaufbecken geplant werden können. Es lohnt nicht, darüber zu schreiben.

Da die Schmutzwasserableitung im ländlichen Raum auch ohne kräftige Fördermittelunterstützung kaum zu bezahlen ist, sollte die Sammlung und Ableitung von Regenwasser nur punktiert auf die Ausnahmen beschränkt bleiben, in denen erhebliche Schäden bei Regenereignissen zu erwarten sind. Das ist eine „uralte“ Erkenntnis.

Für den Planer empfiehlt sich die Örtlichkeiten genau zu studieren und die Anwohner zu befragen, welchen Weg das Regenwasser meistens nimmt. Oft haben unsere Väter auch schon gute Lösungen realisiert, die es verdienen, repariert bzw. erneuert und weiter genutzt zu werden.

Übrigens – man kann Regenwasser auch oberirdisch ableiten.

Der unbelüftete Abwasserteich

Wenn es darum geht ein bezahlbares Behandlungsverfahren auszuwählen, dass außerdem niedrigsten Betriebskosten aufweist und in seiner Pufferwirkung alle anderen Verfahren übertrifft, dann gibt es nur eine befriedigende Lösung – das älteste Abwasserbehandlungsverfahren – den unbelüfteten Abwasserteich. In der DDR wurden bedeutende Forschungskapazitäten in die Teichforschung gesteckt und so ist die TGL [12-14] eine immer noch interessante Hilfe für die Planung derartiger Anlagen. Auf diese speziellen Forschungsergebnisse wurde auch SCHÜRIG [15] aufmerksam, als er in der Zeitschrift Wasser und Boden bereits im Jahr 1972 über langjährige Erfahrungen mit unbelüfteten Teichen im norddeutschen Raum berichtet. Er schrieb: „Teiche einfachster Form ,möglichst in Erdbauweise sind nicht nur kostensparend in der Anlage, sondern darüber hinaus geeignet, alle in Betrieb und Wartung nachteiligen Eigenschaften herkömmlicher Kläranlagen auszuschalten.“ Das ist auch heute noch richtig. „Im günstigsten Fall beschränken sich die Wartungsarbeiten auf ein jährlich einmaliges Mähen und eine gelegentliche Kontrolle der Ablaufsituation.“ [13]. Die Investitionskosten dafür können überschläglich nach [4] kalkuliert werden. Neubauten von Teichkläranlagen sind selten. Die Ursachen dafür liegen wohl überwiegend in der zu geringen Gewinnmasse, die sich Planern, Bau- oder Ausrüstungs- oder Betreiberunternehmen bieten.

Allerdings ist der Flächenbedarf für unbelüftete Abwasserteiche ist mit ca. 10..15 m²/E recht erheblich. Steht diese Fläche nicht zur Verfügung, dann wäre als nächste interessante Variante im ländlichen Raum die Eignung eines belüfteten Abwasserteiches ( ca. 2…3 m²/E) oder der Einsatz eines ebenso günstigen linienbelüfteten Simultanteiches mit beinahe ähnlichen Vorteilen prüfenswert. Grundsätzlich verhalten sich die Investitionskosten indirekt proportional zu dem Flächenbedarf von Anlagen.

Kleine technische Anlagen sollten einen besonders geringen Bedienungsaufwand haben. Dabei ist die Beachtung nachstehender Anforderungen wichtig:

  • niedrigster Kompliziertheitsgrad
  • geringster Zeitaufwand für die Bedienung und Überwachung
  • niedrige Ausbildungsanforderungen für die Bedienung
  • geringster Wartungsaufwand
  • Vermeidung des regelmäßigen Einsatzes von Spezialisten (z.B. für die Änderung des technologischen Regimes)

Ein Abwasserteich oder 250 Hauskläranlagen?

Grundsätzlich kann die Antwort nur im Ergebnis einer Einzelfallanalyse gegeben werden. In der Tabelle – gerechnet ohne Beitragsfinanzierung und Fördermittel – werden zumindest die monetären Konsequenzen skizziert, wobei diese Kalkulation – wie alle Abschätzungen – auf zahlreichen Annahmen beruht. Die Variante 1 beschreibt eine aufwendige aber doch recht verbreitete Mischwasser-Entwässerungslösung mit einer Kompaktkläranlage. Bei der Variante 2 wurde nur ein Schmutzwassersammler mit einer belüfteten Abwasserteichanlage recht preiswert konzipiert. Die Variante 3 schließlich sieht bei gleichen Netzkosten eine unbelüftete Teichanlage vor. Die folgenden Varianten 4 bis 6 berücksichtigen, dass jedes Grundstück eine neue (aber unterschiedlich aufwendige) Hauskläranlage nach DIN 4261 erhält.

Bei den aeroben biologischen Kläranlagen sind deutliche Betriebskostenunterschiede zu erkennen. Monetär am günstigsten für den Bürger ist die Variante 6 nach DIN 4261 Teil 1.

Aus der Kostengegenüberstellung ist abzulesen, dass sich bei einer Beschränkung auf das unbedingt Erforderliche im Kanalbau und bei der Errichtung einer belüfteten Teichanlage die Variante 2 monetär nur unerheblich von der Variante 5 unterscheidet, bei der jedes Haus eine in Anschaffung und Betrieb kostengünstige Kleinkläranlage nach DIN 4261 Teil 2 bekommt. Über die Vorteilhaftigkeit einer zentralen Abwasserbehandlung im ländlichen Raum für das Gewässer kann man je nach Situation unterschiedlicher Auffassung sein. Aber gesetzt den Fall, es wird die zentrale Lösung favorisiert, so ist der Kostenvergleich nach Tabelle 1 nur dann korrekt, wenn alle Annahmen tatsächlich wie gewünscht eintreffen. Das Risiko von Abwasserinvestitionen ist auf Grund der geringen Anzahl der Gebühren- und Beitragszahler und der spezifisch um ein Vielfaches spezifisch höheren Investkosten gegenüber einer zentralen Abwasserentsorgung um ein Vielfaches größer. Die Varianten 4 und 5 sind eindeutig die Lösungen mit dem geringsten Refinanzierungsrisiko. Dazu bedarf es keiner näheren Untersuchungen – der Beweis ist augenscheinlich. Die für den Bürger vorteilhafteste Lösung mit dem geringsten Risiko und den geringsten Kosten ist die in einigen Bundesländern zulässige Variante 6.

Die Minimierung der Nachteile

Nicht jeder, der eine Fehlentscheidung traf, tat dies zu seinem Eigennutz oder aus grober Fahrlässigkeit heraus. Oftmals war einfach das Bestreben da, etwas Positives für seine Gemeinde oder für sein Land zu unternehmen. Künftigen Investitionsentscheidern ist zu raten, noch vorsichtiger zu sein und sich viel mehr auf die unliebsamen Ereignisse einzustellen. „Man muss das Beste hoffen und mit dem Ungünstigsten rechen!“ (Chinesisches Sprichwort). Eine ländliche Gemeinde oder die Verbandsräte, die sich diese Weisheit zu eigen machen, kann nichts erschüttern und sie sind auf alles vorbereitet. Die Betrachtung in diesem Artikel hat wohl gezeigt, dass neben Fachwissen auch eine Portion Glück erforderlich ist, um seine Bürger zufriedenzustellen. Eine reibungslose Investition, über die sich wirklich alle freuen, gibt es nicht, denn es gilt, die Lösung mit den geringsten Übeln zu finden. Damit ist klar, dass jede Entscheidung auch Nachteile hat.

Werdau, den 20. August 1997

Literatur

[1] N.N.
Lehr- und Handbuch der Abwassertechnik
Band I: Wassergütewirtschaftliche Grundlagen, Bemessung und Planung von Abwasserableitungen Wilhelm Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften Berlin, 3. überarbeitete Auflage, 1982

[2] Imhoff, K.
Taschenbuch der Stadtentwässerung
27. Auflage, R. Oldenburg Verlag München – Wien 1990

[3] Länderarbeitsgemeinschaft Wasser
Leitlinien zur Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen
München 1990

[4] Abwasserkosten 1996 für ostdeutsche Kommunen und Verbände
Herausgeber: Institut für Abwasserwirtschaft Halbach
Werdau 26.2.1996

[5] TGL 7762
Kleinkläranlagen
Anwendung, Bemessung, Anlage und Betrieb
Juli 1979

[6] TGL 28 722/01
Abwasserbehandlung
Natürlich belüftete Abwasserteichanlagen
Anwendung und Bemessung
April 1976

[7] TGL 28 722/02
Abwasserbehandlung
Natürlich belüftete Abwasserteichanlagen
Bauliche Gestaltung
April 1976

[8] Oxydationsteiche
Werkstandard 2.05.
VEB Projektierung Wasserwirtschaft
Oktober 1969

[9] Schürig, G.
Abwasserteiche in ländlichen Gemeinden
Wasser und Boden
Heft 10/1972 S. 318-321

[10] Halbach, U.
Nicht ausgelastete Kläranlage als Alibi für weitere Verschuldung?
WWT 1/1997, S. 5

[11] Halbach, U.
Die „aufblasbare“ Kläranlage
Korrespondenz Abwasser 1997 (44) Nr. 5 S. 877-882

[12] Abwasserteiche für kommunales Abwasser
Bericht der ATV-Arbeitsgruppe 2.6.3. „Abwasserteiche“
Korrespondenz Abwasser 8/79 S. 403-415

[13] Grundsätze für die Abwasserentsorgung in ländlich strukturierten Gebieten
Merkblatt ATV – M 200
Mai 1995, ATV-Regelwerk

[14] Hauskläranlagen ’95
Heft 24, Hannover 1995
Schriftenreihe der Kommunalen Umweltaktion U.A.N.

[15] Abwassersammlung und -transport im ländlich strukturierten Gebiet der Eifel
Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Oktober 1995
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