Ooom

Zum „ökologischen Einklang“ folgendes Zitat:

„Unberücksichtigt bleiben der Zusammenhang zwischen Stabilität und Mangel, der größere Änderungen einfach verhindert, und die tatsächlichen Ungleichgewichte in der Natur, ohne die sie gar nicht funktionieren könnte. Zwei Beispiele sollen verdeutlichen, daß es ausgerechnet die »balancierten« mittleren Zustände sind, die zwar als solche wünschenswert wären, sich aber nicht so recht einstellen lassen. Das erste Beispiel liefert die Belastung und Reinhaltung von Seen Eingeleitete Abwässer düngten seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten, bis die Folgen sichtbar wurden. Die anfänglich sauberen Gewässer drohten zu »kippen«, was bedeuten sollte, daß sie vom nährstoffarmen, sauberen Zustand in einen nährstoffreichen, schmutzigen hinüberwechselten oder daß dieser Wechsel bevorstand. Durch Ringkanalisationen und starke Verminderung der Abwässerzufuhr ließ sich dieses Kippen in zahlreichen Fällen verhindern. Die Seen wurden wieder sauberer, aber nun nahmen auch die Fischerträge (stark) ab. Denn nährstoffarme Seen sind unproduktiv, weil in ihnen Mangel an Nährstoffen herrscht. Das ist gut für die Gewinnung von Trinkwasser aus dem See sowie für den Bade- und Erholungsbetrieb, nicht aber für die Fischerei und für die (zu schützenden) Wasservögel, für die bedrohten Muscheln, Libellen, Krebse und anderes Wassergetier. All diesen geht es im nährstoffreichen See weitaus besser. Fische gibt es in Hülle und Fülle; Wasservögel auch und diese ohne nennenswerte Konflikte mit der Fischerei zu verursachen. Beide Zustände kann der See nicht gleichzeitig einnehmen. Er ist entweder nährstoffarm (oligotroph) und unproduktiv oder nährstoffreich (eutroph) und produktiv. Entweder — oder? Dazwischen liegt doch der mittlere Zustand, mesotroph genannt Er verbindet gute Produktivität mit sauberem Wasser, weil im Idealfall all das wieder um- und abgebaut wird, was im Sommer produziert worden ist. Doch dieser Mittelzustand erweist sich als instabil. Er geht rasch in den einen oder in den anderen über. Nur mit außerordentlich (und unrealistisch) hohem Aufwand ließe er sich aufrechterhalten. Stabile Zustände sind Nährstoffreichtum und -armut. Ist so ein See ein Sonderfall? Durchaus nicht. Nährstoffreiche und nährstoffarme Zustände sortieren sich allüberall in der Natur.“ Reichholf

[1]

Also:

Den Zustandsbewertungen lt. EU WRRL scheint es in erheblichem Umfang an ökologischen Grundlagen zu fehlen.

Gemeint sind die Grundlagen der wissenschaftlichen Ökologie.

Die Weise, wie die EU WRRL mitunter umgesetzt und verstanden wird, führt ins wunderbare Chaos. Man wundert sich, warum es nicht gelingt mit guten wasserchemischen Zuständen gute biologische Zustände für „bedrohten Muscheln, Libellen, Krebse und anderes Wassergetier“ zu gewährleisten. Es scheint unmöglich der Gewässerverwaltung zu vermitteln, dass ein guter Zustand häufig die Verschlechterung eines anderen Zustandes verursachen kann.

Der Ökologe Herr Prof. Reichholf steht mit seinen o.g. Tatsachenbewertungen nicht allein. Siehe auch den Beitrag zur Mistbiene.

Quelle:[1] Stabile Ungleichgewichte.
Die Ökologie der Zukunft.
Josef H. Reichholf
edition unseld
SV
1. Auflage 2008
(S.111-112)

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