Inhaltsverzeichnis

  • Schmutzwasserherkunft und -mengen
  • Häusliches Schmutzwasser
  • Gewerbliches und industrielles Schmutzwasser
  • Auswahl des Entwässerungssystems
  • Anwendung des Mischsystems
  • Anwendung des Trennsystems
  • Modifizierte Systeme
  • Ableitung des Abwassers
  • Freispiegelentwässerung
  • Sonderentwässerung
  • Druckentwässerung
  • Vakuumentwässerung
  • Auswahl der Sonderentwässerung
  • Sonderbauwerke
  • Regenüberlaufbecken
  • Regenrückhaltebecken
  • Regenwasserableitung und -mengenermittlung
  • Fremdwasser

Schmutzwasserherkunft und -mengen

Bei der Abwasserbeseitigung ist aus Sicht der Behandlung das Abwasser prinzipiell in drei Gruppen zu unterteilen. Diese sind:

  1. Schmutzwasser aus häuslichen und industriell-gewerblichen Quellen
  2. Regenwasser (einschließlich Schmelzwasser)
  3. Fremdwasser (Drainage- und Sickerwasser, Brunnenüberläufe, Bäche…)

Dabei ist im allgemeinen nur das Schmutzwasser behandlungswürdig. Regenwasser (mit Ausnahme von stark verschmutzten Einzelflächen) und Fremdwasser sollte dagegen weitestgehend direkt und auf kürzestem Wege in einen Vorfluter abgeleitet werden.

Häusliches Schmutzwasser

Zum häuslichen Schmutzwasser sind alle Wässer zu rechnen, die durch häuslichen Gebrauch verunreinigt werden. Dabei ist es unerheblich, ob diese Wässer aus einer öffentlichen (TW-Leitung) oder privaten (Brunnen) Trinkwasserversorgung oder einer Brauchwasseranlage (Brunnen, Vorfluter, Regenwasserspeicher) entnommen wurden. Im Einzelnen sind dies:

  1. Waschwasser
  2. Badewasser
  3. Spülwasser
  4. Wasser aus der Raumreinigung
  5. fäkalhaltiges Wasser

Für die Mengenermittlung können nur im Idealfall die verkauften Trinkwassermengen zugrunde gelegt werden.
Bei Erweiterung der Einzugsgebiete bzw. der verstärkten Nutzung von privaten Trink- und Brauchwasserquellen kann in den seltensten Fällen auf Messergebnisse zurückgegriffen werden. Oft können hier allein Schätzungen einen brauchbaren Bemessungswert ergeben.

Als erster Anhaltspunkt wären Literaturwerte und Angaben der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV-A 118) heranzuziehen. Der hier angegebene tägliche Schmutzwasseranfall liegt in folgender Größenordnung:

Tabelle 1: Schmutzwassermengen nach ATV-A 118

Die hier angegebenen Schmutzwassermengen können allerdings nur zur Dimensionierung der Kanäle herangezogen werden, da diese für eine lange Betriebszeit (mindestens 50 Jahre) zu bemessen sind und deshalb entsprechende Reserven ausweisen müssen.

Für die Bemessung von Kläranlagen und Sonderbauwerken ist die in Tabelle 1 angegebene Wassermenge jedoch wesentlich zu hoch, da beispielsweise der mittlere Trinkwasserverbrauch bundesweit etwa bei 110 l/E*d (oft noch niedriger) liegt.

Gewerbliches und industrielles Schmutzwasser

Das gewerbliche bzw. industrielle Schmutzwasser setzt sich hauptsächlich aus folgenden Komponenten zusammen:

  1. Produktionswasser (technologisch bedingt)
  2. Reinigungswasser
  3. Kühlwasser (im allgemeinen nicht in die Kanalisation einzuleiten)
  4. Sanitärabwasser

Dabei sind jedoch nicht nur Betriebe zu berücksichtigen, sondern auch weitere gewerbliche Bereiche, wie Hotels und Gaststätten, Krankenhäuser und Sanatorien, Schulen, Campingplätze…

Abwassermengen aus gewerblichen und industriellen Bereichen sind durch Befragung und Erhebung und u. U. über eine Abwassermengenmessung zu ermitteln. Unter keinen Umständen dürfen hier Eigenversorgungen aus betrieblichen Wasserversorgungsanlagen vergessen werden.

Für geplante Industrie- und Gewerbegebiete, bei denen der tatsächliche Besatz noch unklar ist, können folgende Empfehlungen der ATV-A 118

[12] herangezogen werden:

  • Betriebe mit geringem Wasserverbrauch 0,5 l/s*ha
  • Betriebe mit mittlerem Wasserverbrauch 1,0 l/s*ha
  • Betriebe mit hohem Wasserverbrauch 1,5 l/s*ha

Auch hier sollte unbedingt zwischen hydraulischer Bemessung der Sammler (Angaben nach A 118 brauchbar) einerseits und Auslegung der Sonderbauwerke und der Kläranlage (Angaben nach A 118 meist deutlich zu hoch) andererseits unterschieden werden.

Auswahl des Entwässerungssystems

Prinzipiell kann zwischen drei Varianten der Entwässerung entschieden werden:

  • Mischsystem
  • Trennsystem
  • modifizierte Systeme

Bei der Planung einer Ortskonzeption sind diese Varianten zu betrachten und im Rahmen eines Variantenvergleiches zumindest Misch- und Trennsystem hinsichtlich ihrer Folgekosten bei Abwasserableitung und -behandlung gegenüberzustellen.

Bild 1: Entwässerungssysteme

Prinzipiell sollte sich die Auswahl des Entwässerungssystems an dem vorhandenen Netz orientieren. Bei Neuerschließung eines Einzugsgebietes oder bei der Umgestaltung bebauter Bereiche können folgende Ausführungen eine Entscheidungshilfe sein.

Anwendung des Mischsystems

Bei einem klassischen Mischsystem werden alle Abwässer (Schmutz- und Regenwasser) gemeinsam in einem Sammler abgeleitet und an geeigneter Stelle mittels Regenüberlaufbauwerk entlastet. Dadurch wird bei Trockenwetter der gesamte Trockenwetterabfluss der Kläranlage zugeführt. Bei Regenwetter wird der erste stark verschmutzte Spülstoß vom Beginn eines Regenereignisses sowie ein Teil des Regenwetterabflusses (mindestens die doppelte Schmutzwassermenge und das Fremdwasser) auf der Kläranlage behandelt. Der Hauptteil des (weniger belasteten) Niederschlages wird dagegen direkt an den Vorfluter abgeschlagen.

Der Aufbau eines Mischsystems ist dann von Vorteil, wenn in unmittelbarer Nähe kein geeigneter Vorfluter für eine direkte Ableitung des Regenwassers auf kurzem Weg zur Verfügung steht, d. h. ohnehin ein aufwendiges Netz für die Regenentwässerung erforderlich wäre.

Damit entsteht nur der Aufwand für ein Kanalsystem anstelle von zwei parallelen Kanalsystemen.

Vor allem in Städten mit älterer Bausubstanz ist weiterhin zu beachten, dass der Aufwand zur Trennung von Schmutz- und Regenwasser oftmals sehr hoch ausfällt:

  • Es besteht die Gefahr von Fehlanschlüssen in dicht bebauten Gebieten bei einer Umgestaltung vom Misch- zum Trennsystem.
  • Die meist mehrstöckigen Wohnhäuser werden oft im Mischsystem entwässert (sanitäre, nicht fäkalische Abwässer werden in die Regenfallrohre eingeleitet, Hofentwässerungen sind in die Hausanschlussleitung eingebunden, welche zu weiteren – hinter der Straßenfront liegenden – Gebäuden führen).
  • Eine Trennentwässerung kann hier oft nur aufgebaut werden, wenn vor dem Anschluss der Häuser innerhalb aller Gebäude eine komplette – und somit kostenintensive – Neuinstallation erfolgt ist.
  • Die erforderliche Umstellung in den Häusern parallel mit der Kanalisationsverlegung in der Straße führt oft zu großen technischen und organisatorischen Problemen.

Ein weiteres Argument für die Errichtung eines Mischsystems ist oftmals die relativ starke Verschmutzung der zu entwässernden Flächen bei dichter Bebauung und hoch belasteten Verkehrsflächen.

Der Vorteil des Mischwasserkanals liegt insbesondere in den meist praktisch geringeren Unterhaltskosten, da die Regenereignisse eine Spülwirkung haben.

Als Nachteile des Mischsystems stellen sich vor allem die kostenintensiven Regenüberlaufbauwerke und die relativ hohen Schmutzfrachten dar, die bei den Entlastungsereignissen dem Vorfluter zugeführt werden.

Außerdem können Fremdwässer nicht eingeleitet werden bzw. müssen sie mit hohen technischen und finanziellen Aufwand eliminiert werden, da Fremdwässer zu erheblichen Betriebsproblemen der Abwasserentsorgung (Transport zur Kläranlage, zwangsläufige „Mitbehandlung“, erhöhte Abwasserabgabe…) führen können.

Nachteilig ist weiterhin, dass erheblich höhere Wassermengen durch Regenereignisse zur Kläranlage gelangen, weil besonders bei lang anhaltenden Niederschlägen geringer Intensität keine oder nur geringe Entlastungen durch die Überlaufbauwerke erfolgen (Transport- und Behandlungskosten).

Anwendung des Trennsystems

Ein Trennsystem zeichnet sich durch die Verlegung zweier paralleler Sammler aus. Im Schmutzwassersammler werden alle Schmutzwässer gefasst. Der Regenwassersammler dient dagegen der Ableitung des Regen- und Schmelzwassers sowie des Fremdwassers.

Die Vor- und Nachteile des Trennsystems ergeben sich natürlich aus dem Umkehrschluss zu den genannten Vor- und Nachteilen des Mischsystems.

Ein Trennsystem empfiehlt sich genau dann, wenn am Standort eine Regenwasserableitung in Vorfluter/Gräben o. ä. auf kurzem Wege möglich ist und somit keine aufwendige Regenentwässerung erforderlich wird.

Die günstigste Entwässerungsvariante besteht natürlich in den Fällen, in denen generell nur ein Schmutzwassernetz erforderlich ist, d.h. auf die kostenintensive Regenwasserfassung (fast) völlig verzichtet werden kann (Entwässerung im ländlich strukturierten Bereich).

Wird die Variante der reinen Schmutzentwässerung angestrebt, sollte aber das Gespräch mit dem Betreiber vor Ort sowie mit den jeweiligen Anwohnern gesucht werden, um kritische Bereiche der natürlichen Regenwasserableitung (Einstau bei Niederschlägen, Pfützenbildung, verstärkte Eisbildung auf den Straßen im Winterhalbjahr…) zu selektieren.

In allen übrigen Fällen sollte aber das Regenwasser wie bisher

  • durch Versickerung,
  • durch Ableitung an der Oberfläche in das Gelände/Gräben,
  • in unmittelbar am Grundstück befindliche Wasserläufe/Gräben

abgeleitet werden.

Inwieweit für das Schmutzwassernetz letztendlich eine traditionelle Freispiegelentwässerung oder aber ein Sonderentwässerungsverfahren (Druckentwässerung; Vakuumentwässerung) zum Einsatz kommt, ist jeweils anhand der Verhältnisse (Kosten, Topographie; Anschlussdichte, Wasserschutzgebiete…) vor Ort zu entscheiden.

Modifizierte Systeme

Modifizierte Systeme stellen eine Mischform beider Systeme dar.

Sie basieren auf der Reduzierung bzw. vollständigen Vermeidung der abzuleitenden Regenwassermengen durch kurze (möglichst auch oberflächliche) Ableitung zum Vorfluter bzw. Versickerung auf den Grundstücken.

Nur das anfallende Schmutzwasser und das Regenwasser von stark verschmutzten Einzelflächen (Bundesstraßen, bestimmte Gewerbeflächen…) kommt zur Ableitung und Behandlung.

Es ist bei jeder Planung einer Ortsentwässerung in jedem Fall darauf zu achten, dass die entsprechenden Variantenvergleiche hinsichtlich der Entwässerungssysteme durchgeführt werden, da das Kanalnetz den dominierenden Kostenfaktor bei der Abwasserbeseitigung darstellt.

Ableitung des Abwassers

Freispiegelentwässerung

Die klassische Möglichkeit, Abwasser vom Entstehungs- bzw. Anfallort zur Behandlung oder Einleitung zu transportieren, ist die Freispiegelentwässerung. Hierbei wird unter Ausnutzung der Erdbeschleunigung das Wasser entsprechend der natürlichen Entwässerungsrichtung abgeleitet.

Sonderentwässerung

Der Einsatz von Sonderentwässerungsverfahren erfolgt zum einem aufgrund topographischer Bedingungen, die eine reine Freispiegelentwässerung nicht möglich bzw. nicht sinnvoll erscheinen lassen, und zum anderen bei der Entwässerung relativ dünn besiedelter Gebiete, da sich dort aufgrund der geringen Einwohnerdichte sehr hohe spezifische Kanallängen pro Einwohner ergeben. Mit einer Sonderentwässerung lassen sich dann im Vergleich zum Freispiegelkanal vergleichsweise geringe Kosten pro Meter Sammler erzielen.

Eine pauschale Angabe zum Grenzbereich zwischen Anwendung der Freispiegelentwässerung und einer Sonderentwässerung (wie Druckentwässerung) – z. B. in Abhängigkeit der durchschnittlichen Sammlerlänge pro Einwohner – ist nicht möglich, da aufgrund verschiedener Besiedlungsstrukturen völlig unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden können. Entscheidend ist hierbei u.a. die Anzahl der erforderlichen Hausanschlüsse. Es ist also in jedem Fall eine Einzelprüfung erforderlich, ob im konkreten Anwendungsfall eine traditionelle Freispiegelentwässerung oder eine Sonderentwässerung zum Einsatz kommen sollte.

Prinzipiell kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es sinnvoll ist, ab einer Größenordnung von ca. 6 m Kanal/E zu prüfen, inwieweit eine Sonderentwässerung Kostenvorteile erbringt; als pauschale Grenzgröße ist dieser Wert jedoch nicht geeignet.

Druckentwässerung

Bei Anwendung von Druckentwässerung zur Schmutzwassersammlung in Orten/Ortsteilen werden im Normalfall Druckleitungen (überwiegend PE) im Dimensionsbereich DN 50 bis DN 110 eingesetzt.

Unterhalb DN 80 erfolgt grundsätzlich bei einer Förderung von Rohabwasser der Einsatz von Schneidradpumpen.

Als Hauspumpstationen kommen üblicherweise Fertigteil-Kompaktpumpstationen zum Einsatz.

Bei den meisten Fabrikaten handelt es sich hierbei um Fertigteilschächte aus PE oder Beton, ausgerüstet mit einer Tauchpumpe geringer Fördermenge/Förderhöhe (ca. 5 l/s auf 15 m), wobei die meisten Hersteller aufgrund des geringen Durchgangs dieser Aggregate Schneidradpumpen zum Einsatz bringen.

Nachteile der Druckentwässerung:

  • gegenüber der Freispiegelentwässerung erhöhter Wartungsaufwand für die Pumpwerke (bei größeren Netzen ab ca. 400 DM/a*PW)
  • kürzere Abschreibungszeiträume für die Ausrüstungsanteile
  • Verweildauer bei längeren Strecken (Ablagerungen, Anfaulen des Abwassers – ggf. Anordnung einer Druckluftspülstation)
  • Einsatz von Fremdenergie

Nicht korrekt ist jedoch das allgemeine Vorurteil hinsichtlich der Energiekosten, da z.B. bei einem durchschnittlichen Hauspumpwerk eines Einfamilienhauses lediglich Energiekosten in der Größenordnung von ca. 10 – 20 DM/a anfallen.

Vakuumentwässerung

Die Kosten für das Leitungsnetz gestalten sich analog zur Druckentwässerung.

Ein Vorteil der Vakuumentwässerung besteht darin, daß aufgrund des Unterdruckes kein Abwasser in das Grundwasser sickern kann (Wasserschutzgebiete!).

Im Havariefall (Undichtheit) ist allerdings die Abwasserableitung nahezu unterbunden, andererseits ist die Leckagesuche relativ leicht durchzuführen.

Die Hausanschlussstationen sind im Falle der Vakuumentwässerung deutlich kostengünstiger als bei der Druckentwässerung, allerdings fallen die relativ aufwendigen Vakuumstationen bei Kostenvergleichen stark ins Gewicht.

Im Ergebnis ist eine Vakuumentwässerung nur bei einer relativ großen Anzahl derart anzuschließender Grundstücke wirtschaftlicher als eine analog verlegte Druckentwässerung.

Auswahl der Sonderentwässerung

Nachfolgendes Diagramm zeigt diesen Sachverhalt nur an Hand der primär anfallenden Investitionskosten (nur Investitionskosten für Pumpstationen bzw. Vakuumstationen u. Hausanschlussstationen, die Sammlernetze sind in etwa kostenäquivalent):

Diagramm 1: Kostenvergleich Druckentwässerung/Vakuumentwässerung

Die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Entwässerungssystems im direkten Vergleich ist also stark von der Anzahl der zugehörigen Stationen abhängig.

Das Diagramm bietet die Möglichkeit abzuwägen, inwieweit z.B. der Einsatz einer speziellen Sonderentwässerung wirtschaftlich ist.

Insbesondere im Grenzbereich ist jedoch ein Betriebskostenvergleich erforderlich. Die größten Differenzen bei den Betriebskosten im Vergleich der Systeme sind im Bereich der Wartungskosten zu erwarten.

Zu beachten ist allerdings, daß die Einsatzmöglichkeit der Vakuumentwässerung stark von der Topographie des Einzugsgebietes abhängt, da diesem Entwässerungssystem mit 3 bis 4 m geodätischer Höhendifferenz mit durchschnittlichem Aufwand eine Grenze gesetzt ist.

Sonderbauwerke

Zu den Sonderbauwerken werden folgende Anlagen der Kanalisation gezählt:

  • Regenbecken (Regenüberlaufbecken, Regenklärbecken, Regenrückhaltebecken)
  • Regenüberläufe
  • Pumpwerke
  • Ein- und Auslaufbauwerke

Regenüberlaufbecken

Eine der Hauptaufgaben der Ortsentwässerung ist die schadlose Ableitung der anfallenden Regenwassermengen.

Da während eines Regenereignisses die zur Ableitung kommende Abwassermenge um ein Vielfaches – gegenüber dem Trockenwetterabfluss – erhöht wird, ist durch geeignete Maßnahmen der Abfluss zur Kläranlage zu begrenzen. Dies geschieht im allgemeinen durch den Einsatz von Regenbecken.

Ziel ist es, dass anfallende unverschmutzte bzw. nur gering belastete Regenwasser dem Vorfluter zuzuführen.

Im Mischsystem werden deshalb Regenüberlaufbecken vorgesehen, die nur den Trockenwetterabfluss und einen Teil des Regenwetterabflusses der Kläranlage zuführen (vergl. Abschnitt 2.1).

Regenrückhaltebecken

Bei Trennsystemen wird zur hydraulischen Entlastung auf Regenrückhaltebecken zurückgegriffen, welche den gesamten Regenwasseranfall zwischenspeichern und dann gedrosselt an den Vorfluter bzw. den folgenden Kanalabschnitt abgeben. Solche Rückhaltebecken sollten in Mischsystemen nur in Ausnahmefällen angewendet werden, da in diesem Fall kein Abwurf in den Vorfluter erfolgt, und deshalb ein Hauptteil des gespeicherten Regenwassers zur Kläranlage abgeleitet wird und dort hohe Betriebskosten verursacht.

Regenklärbecken

Der Einsatz von Regenklärbecken wird immer dann erforderlich, wenn das abgeleitete Regenwasser nicht den Anforderungen zum Einleiten in den Vorfluter entspricht. Dies trifft oft nur bei sehr kleinen oder sensiblen Vorflutern, bei Schutzgebieten bzw. bei stark verschmutzten Einzelflächen zu. Keinesfalls ist davon auszugehen, daß Regenwasser aus normaler Wohnbebauung (im Trennsystem abgeleitet) behandlungswürdig ist.

Regenwasserableitung und -mengenermittlung

Zur Dimensionierung von Regen- und Mischwassersammlern ist immer die abzuführende Regenwassermenge bestimmend.

Folgende grundlegende Ausgangswerte sind für die Bemessung der Freispiegelsammler entscheidend:

Berechnungsregen

Basis sollten langjährige Niederschlagsmessungen unter Anwendung statistischer Methoden für ein bestimmtes Gebiet sein (z. B. Meteorologisches Gutachten vom Deutschen Wetterdienst).

Regenhäufigkeit

Die Regenhäufigkeit dient der rechnerischen Ermittlung des Regenabflusses und ist deshalb von besonderer Bedeutung. Sie drückt das Sicherheitsbedürfnis der Kommune für ein bestimmtes Gebiet gegen Überflutung im Starkregenfall aus und schlägt sich in der statistischen Sicherheit nieder.

Grundlage der Festlegung ist das ATV-Regelwerk A 118 [12].

Regendauer

Die Regendauer wird maßgebend von der Neigung der Einzugsfläche sowie deren Befestigungsgrad (BFG) bestimmt. Auch hier gilt das Arbeitsblatt A 118 als Anhaltspunkt.

Fremdwasser

Zum Begriff „Fremdwasser“ werden alle die Wässer zusammengefasst, die nicht durch den häuslichen oder gewerblich-industriellen Gebrauch verunreinigt werden oder aus Niederschlagsereignissen hervorgehen.

Im einzelnen sind dies besonders Drainage- und Sickerwasser, Brunnenüberläufe, Bäche und in den Schmutzwassersammler eindringendes Regenwasser.

Fremdwassermengen sind am besten durch Messung in den Nachtstunden zu ermitteln. Liegen keine zuverlässigen Messungen vor, so kann u. a. wieder die ATV mit den Arbeitsblättern A 118 [12] und A 128 [16] herangezogen werden.

Für die Bemessung von Kanälen (A 118) werden oft in Ermangelung genauer Messungen folgende Ansätze gemacht:

  • Misch- und Regenwasserkanäle: Qf24 = 25 % – 40 % Qs24
  • Schmutzwasserkanäle: Qf24 = 100 % Qs24

Bei Sonderbauwerken (Regenüberlaufbauwerke A 128) weichen diese Mengen deutlich von der A 118 ab. Es gelten im allgemeinen folgende Ansätze, bezogen auf die undurchlässige Fläche des Einzugsgebietes:

  • neue Kanäle Qf24 = 0,05 l/s*ha
  • normale Kanäle Qf24 = 0,10 l/s*ha
  • alte Kanäle Qf24 = 0,15 l/s*ha

Diese allgemeinen Ansätze können jedoch nur als Orientierung dienen und sind auf die besonderen Bedingungen des Einzugsgebietes (z. B. Grundwasserstand, Zustand der Kanäle…) abzustimmen.

Werdau, im Juni 2003

Dr. -Ing. Jens Friedemann
Institut für Wasserwirtschaft Halbach

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