Worum geht es?

  1. Um Verhältnismäßigkeit bei der Bewertung der Phosphorelimination auf Kläranlagen, 
  2. um Gülle, die bei der Fleischproduktion für den Export anfällt und 
  3. um einen damit verbundenem erheblichen Phosphor-Widerspruch bei der Erklärung des Gewässerschutzes:

Der Widerspruch

Einerseits werden nämlich

Abwasserbeseitigungspflichtige wasserrechtlich gezwungen, das letzte zehntel Milligramm an Phosphor aus dem biologisch gereinigten Abwasser übermäßig aufwendig herauszuholen, mit dem Ziel und der Begründung, die Phosphorfracht in Gewässern zu reduzieren. So weit, so gut. 

Andererseits aber,

wird Phosphor für die Tiernahrungsmittelproduktion importiert, bei der Exportfleischproduktion in Fleisch umgewandelt und dieses Fleisch wieder exportiert. Die Gülle jedoch, welche bei der Fleischproduktion für den Export anfällt, wird in Deutschland „landwirtschaftlich“ verwertet, d. h. sie wird auch tonnenweise in den Wasserkörper eingebracht.

200 Millionen Tonnen Gülle – jährlich!

Werden auf deutschen Feldern ausgeschüttet. Gülle-Quelle: Der Spiegel Nr. 22 vom 30.05.2011, S. 17

Der Tanz um das goldene Kalb

Nach Reichholf, J. H. (Der Tanz um das goldene Kalb, Der Ökokolonialismus Europas, Verlag Klaus Wagenbach Berlin, 1. Auflage 2006) werden davon 2/3, also 133 Millionen Gülle „importiert“.

Eine Tonne Gülle entspricht etwa einem Kubikmeter.

Sicher wird die Gülle nicht flüssig importiert, sondern eher in ihrer Modifikation als Futtermittel.

  • Futtermittel werden importiert, weil auf deutschen Feldern nicht so viel Futtermittel wächst, wie gebraucht wird, um alle Exportschweine und Exportrinder zu füttern.
  • Gülle wird aus Futter erst dann, nachdem das importierte Futter von den zu exportierenden Tieren gefressen wird.
  • Die Mehrproduktion an Fleisch wird exportiert und die Gülle bleibt hier.

Vor dem Hintergrund des „Gülleimports“ bedarf es extremer Unwissenheit an den Sinn der Auflagen zu glauben, biologisch gereinigtes Abwasser nur über die belebte Bodenzone versickern zu dürfen. Doch das nur am Rande.

Unter folgenden Annahmen:

  • alle Gülle besteht nur aus Rindergülle,
  • der TS-Gehalt der Rindergülle beträgt im Mittel 10 % (also bei 200 Mt Gülle = 20 t Gülletrockenmasse),
  • der Phosphorgehalt der Rindergülle beträgt im Mittel 1,9 % der Trockenmasse,
  • im Abwasser eines Einwohners finden sich täglich 1,8 g Phosphor bzw. jährlich  657 g und 657 t/ Million Einwohner,

errechnet sich zunächst eine Phosphorfracht in der Gülle von 380.000 t Phosphor/a. Wird diese Zahl durch 657 t Phosphor/Million Einwohner dividiert, dann ist bei diesen Annahmen festzustellen:

Die Gülle entspricht hinsichtlich der Phosphorfracht dem Abwasser eines Landes mit 578 Millionen Einwohner bzw. die landwirtschaftliche Viehhaltung erzeugt wenigstens siebenmal so viel Phosphor als alle 82 Millionen Menschen in Deutschland.

Nun, die Intention zu diesen Betrachtungen erhielt ich von Prof. Reichholf.  Und wie man sieht, ist seine Feststellung durchaus nachvollziehbar:

Die landwirtschaftliche Viehhaltung erzeugt wenigstens dreimal so viel Abwasser wie alle 82 Millionen Menschen in Deutschland.

Die Hauptquelle der Überdüngung ist also nicht die Getreideproduktion mit Einsatz von Mineraldünger, sondern die Abwasserproduktion der Tierhaltung.

Landwirtschaftliche Abwasserbehandlung

  1. Juni 2011, überarbeitet: 19.01.2022
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