Der folgende Beitrag über die Abwasserbehandlung in der Landwirtschaft, bzw. über die Behandlung von Abwässern und verschmutzten Niederschlagswässern aus der industriellen Tierproduktion richtet sich an Landwirte. Zunächst ein kleiner Einblick in unsere umfangreichen und langjährigen Erfahrungen bei der Behandlung derartiger Abwässer.

(Kalkulationen zur wasserwirtschaftlichen Bewertung von Rindergülle sind am Ende des Beitrages zu finden.)

Zur Aufgabe in diesem Aufsatz:

Es geht um Niederschlagswässer, die bei der Ableitung von Flächen der industriellen Tierproduktion verschmutzt werden.

Standard ist inzwischen, dass Betriebe der industriellen Tierproduktion wenigstens zwei Kanalsysteme besitzen: Eines für Niederschlagswasser, das von unverschmutzten Dachflächen abgeleitet wird und eines für die Ableitung jenes Wassers, das auf verschmutzte Hof- und Straßenflächen fällt.

Zudem kann es noch Kanalfragmente für Silage und Melkhausabwässer geben.

Auch die beste Trennung der Niederschlagswässer, die auf das Gelände einer Milchviehanlage oder andere Tierproduktionsanlagen fallen, verhindert kaum ihre Verschmutzung durch folgendes ernstes Beispiel – hier jedoch solitär und aus den Schweizer Bergen:

Schweizer Kuhfladen - Original

Ein starker Regen spült solche Stoffwechselendprodukte schnell in die Gewässer und dies besonders schnell, wenn die Grundlage keine Wiese, sondern z. B. eine Asphaltdecke ist. Ein Problem, wenn es viele Kühe und viele Haufen gibt.

Ebenso verschmutzen Futterresten, Stroh oder Abwässer aus Futtersilos das Niederschlagswasser. Solange die Sonne scheint und es nicht regnet, ist alles gut. Den Regenfall aber veranschaulicht folgende Dia-Show:

Invalid Displayed Gallery

Da die Gewässerinspektion im Regenfall gewöhnlich unterbleibt, fällt es nicht weiter auf, wenn das abgeleitete Niederschlagswasser bei Regen etwas anders aussieht als Trinkwasser.

Überflutung Göltzsch 01 Juni 2013 _Nr02

Diese braune Farbe in diesem Gewässer kommt nicht aus Betrieben der industriellen Tierproduktion, sondern überwiegend von den Feldern der industriellen Pflanzenproduktion!

Abwasserpilze

Eine Konsequenz ungenügender Niederschlagswasserbehandlung kann ein Abwasserpilz im Gewässer sein.

Eine unstrittige Gewässerveränderung liegt dann vor, wenn man den Pilz ohne Mikroskop erkennen kann. Es handelt sich um eine unerwünschte Gewässerzustandsverbesserung für jene Tiere, die sich von derartigen Pilzen ernähren.

Abwasserpilz 5

Abwasserpilz, zu beobachten bei Sauerstoffmangel im Gewässer – heute ganz selten und in Deutschland vom Aussterben bedroht.

Ein Abwasserpilzchen muss keine Gewässerkatastrophe sein. Es kann beobachtet werden, wie nach einer gewissen Fließzeit manches Gewässer die Gewässergüteklasse 1 völlig ohne Aufregung und allein durch Nichtstun wiedererlangt. Das wundersame Geheimnis liegt in dem Naturgesetz mit dem Namen „Selbstreinigung“.

Reinigung landwirtschaftlicher Niederschlagswässer und -abwässer

Lösungen zur Reinigung der Abwässer und verschmutzten Niederschlagswässer aus der industriellen Tierproduktion sind vielfältig und es wäre wohl langweilig auf alle einzugehen.

Die Situation der Betriebswasserwirtschaft der industriellen Tierproduktion erfordert rationelle und kostengünstige Verfahren der Abwasserbehandlung.

Vorteilhaft sind jene, die vom Landwirt teilweise oder vollständig selber gebaut werden können. Mitunter tun es einfache Lösungen, denn ein Landwirt will und muss in erster Linie Tiere produzieren und keine Abwässer behandeln.

Eine Lösungsvariante der Behandlung verschmutzter Niederschlagswässer aus der industriellen Tierproduktion bestünde als erste Stufe aus zwei anaeroben Vorbecken, die wechselseitig betrieben werden. Z. B.:

  1. Becken 1 solange betreiben bis der Schlamm im Ablauf zu finden ist.
  2. Dann Becken 1 abstellen und Becken 2 in Betrieb nehmen.
  3. Wasser vom Becken 1 absaugen und in Becken 1 einleiten.
  4. Becken 1 trocknet z. B. 1 Jahr.
  5. Becken 1 mit Fahrlader beräumen.
  6. Wenn Becken 2 voll ist, Becken 2 abstellen und Becken 1 wieder in Betrieb nehmen.

Optional: Schlamm aus den Becken mit Güllefass entfernen.

Diese Lösung war in der kommunalen Abwasserreinigung früher Stand der Technik für kleine Anlagen und ist vereinzelt auch heute noch anzutreffen.

Weiteres dazu unter Anaerobe Vorbecken für Abwasserteiche.

Und für die nächsten Behandlungsschritte haben wir einfache Lösungen und wenn es sein muss, können wir aber auch auf hochtechnische Alternativen (z. B. Intensivbiologie) zurückgreifen.

Unsere diesbezüglichen Leistungen wären, je nach Situation und Bedarf:

  • Grundlagenermittlungen
    • Analysenplan
    • Ermittlung der Abwassermenge
    • Ermittlung der Frachten, vorzugsweise Nährstoffe CSB, BSB5
  • Erarbeitung von Varianten
    • Kostenkalkulationen
    • Nutzensanalysen und -bewertungen
  • verfahrenstechnische Berechnungen
  • Versuchskonzeptionen und -durchführung für den Risikoabbau
  • Aufgabenstellungen für Lieferung und/oder Planung
  • Projektsteuerung
  • Planungs- und Baukontrolle
  • Einfahrbetrieb
  • Gutachten
Einfahrbetrieb & Sauerstoffeintrag - Kläranlage iner MVA

Intensivbelüftung im Belebungsbecken der  Kläranlage einer MVA (Einfahrbetrieb)

Bezüglich der Leistungen „Versuchskonzeptionen und -durchführung für den Risikoabbau“ ist es wichtig zu wissen, dass die Reinigung landwirtschaftlicher Niederschlagswässer und -abwässer ziemlich unberechenbar sein kann.

Wer sicher gehen will, muss großzügig planen und bauen, oder er muss mit dem Bau und Betrieb einer großtechnischen Versuchsanlage (vielleicht 25 % der späteren Größe) Volumen und Leistungsvermögen der Endlösung begründen.

Rufen Sie uns an (+49 3761 5266) oder senden Sie eine E-Mail und Sie erhalten Referenzen.

Nun zum Abschluss noch ein kleiner Ausflug in die Güllenormative der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften:

Die Güllenormative der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften – mein Part war damals das Fachgebiet der Geflügelgülle – erlaubt Gülle mit der Fracht zu vergleichen, die häusliches Abwasser verursachen kann.

Gewählt wird als Beispiel 1 m³ Rindergülle. Hier nun einige Angaben über Rindergülle aus der Güllenormative:

  • 1 kg TM der Gülle verursacht 0,15 kg BSB5.
  • Der mittlere Gülle-TS beträgt ca. 6 % = 60 kg TM/m³ (Spannweite 4…10 %).
  • Also verursacht ein Kubikmeter 6 %-iger Gülle einen BSB5 in Höhe von 9 kg.
  • Der CSV übrigens, ist 7,33 mal größer als der BSB5.

Rechnen wir mit einem „Dorf-BSB5“ von 54 g BSB5/Ed, dann entspricht 1 m³ feinster Rindergülle – nach o. g. Prämissen – der täglichen Fracht des Abwassers eines Dorfes mit 167 Einwohnern (167 ≈  9/0,054) und wenn es mit 10 % dicke kommt, dann von 278 Einwohnern.

Ein weiteres Beispiel:

In einer Rindermastanlage (16.156 Plätze, männlich) fallen bei einer täglichen Lebendmassezunahme von 800-1000 g  nach Seite 12 der Normative für Gülleanfall täglich 390 m³ Gülle mit 7,4 % TS an. (Berücksichtigt wurde hier die gesonderte Ableitung des Reinigungswassers aus der Futterküche.)

Die Nährstoffe in der Gülle betragen für die Gesamtanlage (Aufzucht, Vormast und Mast) nach Seite 38 der Normative für Gülleanfall  630 t N/a und 140 t P/a. (Dabei wurden beim Stickstoff 10 % Verlust durch Stall, Aufbereitung und Lagerung berücksichtigt.)

390 m³ Gülle/d sind 131.400 m³ Gülle im Jahr. Daraus folgt bei 630 t N/a und 140 t P/a  eine Konzentration von 4,79 kg N/m³ Gülle und bzw. von 1,07 kg P/m³ Gülle.

In einem unscheinbaren „Güllefass“, gewählt wird ein Annaburger HTS 22.27, Baujahr 2010, mit 18.000 l Fassungsvolumen befindet sich dann eine Fracht von 86,2 kg N und 19,2 kg P.

(Bei kleineren Güllefässern wären die Frachten proportional herunter zu rechnen. Für z. B. 10 m³ Gülle gilt der Faktor 0,56.)

Nach der DWA A 131 verursacht ein Einwohner täglich eine Fracht von 10 g N und 2 g P.

Also:

Allein durch ein einziges Güllefass wird das betreffende Feld mit einer Fracht versehen, die der Abwasserfracht gemessen am Stickstoff, einer Kleinstadt von 8.622 Einwohner und gemessen am Phosphor von 9.600 Einwohner entspricht.

Und das alles muss fleißig aufs Feld aufgebracht werden. Es gibt keine Alternative.

Für erhebliche Abweichungen bei den Relationen der Güllefracht zwischen 1979 und 2016 erkenne ich keine Gründe.

Die Biogasanlagen reduzieren zwar den BSB5 und den nichtssagenden CSB. Die Nährstoffe bleiben in ihrer Fracht unverändert.

Wie man erkennt, ist bei der Gülle der CSB und BSB5 zweitrangig!

Aber das spielt kaum eine Rolle.

Peinlich wird es, wenn Kommunen die Versickerung biologisch gereinigten Abwassers in trockenfallenden oder nicht trockenfallende Gräben oder Vorfluter verboten wird.

Sachlich ist so etwas vielleicht in Trinkwasserschutzgebieten zu begründen, aber kaum einer von industrieller Landwirtschaft geprägten Gegend wie obiges Beispiel beweist.

Sicher ist die Güllenormative von 1979 nicht ohne Abstriche auf die modernen heutigen Tierproduktionsanlagen zu übertragen. Aber an der Tierphysiologie eines Rindes hat sich seit 1979 kaum etwas geändert. Die Kühe sehen immer noch gleich aus und verursachen Mist oder Gülle. Vielleicht nehmen sie heute schneller zu. Damit hätten sie aber auch eine größere Stoffwechselintensität. Das zu bewerten ist nicht mein Fachgebiet.

Für erhebliche Abweichungen bei den Relationen und Bewertungen der Güllefracht zwischen 1979 und 2016 erkenne ich keine Gründe.

Und schließlich:

Nach Reichholf, J. H. (Der Tanz um das goldene Kalb, Der Ökokolonialismus Europas, Verlag Klaus Wagenbach Berlin, 1. Auflage 2006) werden 2/3, also 133 Millionen Kubikmeter Gülle importiert, wobei es auf die eine oder andere Million wohl nicht ankommt. Hier eine seiner Feststellungen:

Die landwirtschaftliche Viehhaltung erzeugt wenigstens dreimal soviel Abwasser wie alle 82 Millionen Menschen in Deutschland.

Die Hauptquelle der Überdüngung ist also nicht die Getreideproduktion mit Einsatz von Mineraldünger, sondern die Abwasserproduktion der Tierhaltung.

Weitere Überlegungen unter: Nitrat und Phosphor im Gewässer.

Güllenormative

Normative für Gülleanfall und Trockensubstanzgehalt von Gülle sowie Richtwerte für Menge und Konzentration ausgewählter Gülleinhaltsstoffe in Anlagen der Rinder-, Schweine- und Legehennenhaltung Landwirtschaftsausstellung der DDR – Markkleeberg 1979

Autoren der Güllenormative:

Institut für Düngungsforschung Leipzig-Potsdam der AdL, Bereich Potsdam
Prof. Dr. sc. Heinrich Koriath; Dr. sc Klaus Ebert; Dr. sc. Günter Rinno; Chem. Ing. Eberhard Thalmann
unter Mitarbeit von
Forschungszentrum für Tierproduktion Dummerstorf-Rostock der AdL, Bereich Technologie der Schweineproduktion
Dr. sc. Werner Franz; Dr. Dieter Jaenisch
Bereich Tierernährung
Prof. Dr. sc. Fritz Weißbach; Dr. Horst Jung; Dr. Werner Jentsch
Institut für Rinderproduktion Iden-Rohrback der AdL, Dr. Hermann Вalzer; Dipl. Landw. Eckhard Kaiser
Institut für Geflügelwirtschaft Merbitz Dr. Helmut Trapp; Ing. Uwe Halbach
Institut für Pflanzenernährung Jena der AdL, Bereich Agrochemische Untersuchungen
Dr. Bodo Witter
VEВ Landtechnische Industrieanlagen Nauen, Betriebsteil Ferdinandshof
Dipl.- Landwirt Wolfgang Bruhn

Wer sich aber für die Schweinemast interessiert:

Kostenloses E-Book zum Thema Schweinemast & Schweinefütterung mit umfassenden Informationen

Oder für die Themen:

www.tierkompass.de (Landwirtschaft)
www.familien-frage.de (Familie, Haustiere)
www.super-fast-drill.de (Gesunde Ernährung, Fitness)
www.food-hub.de (Ernährung, Diät)
www.gesundheits-gurus.de (Gesundheit)
www.blllog.de (Allgemein)
www.twipe.de (Hobbys, Tiere)
www.motorexperten.de (Fahrzeuge, Motor)

(Verlinkungen für www.agrarnetz.com)

 

 

Uwe Halbach, Beitrag vom Oktober 2016, überarbeitet im Februar 2019

 

 

Print Friendly, PDF & Email