Fachlich methodische Mängel – Fallbeispiel
Bewertung des Gerichtsgutachtens durch eine parteigutachterliche Stellungnahme
(Auszug – Parteigutachten)
Einführung in die Problematik
Inhalt der parteigutachterlichen Stellungnahme:
Beweisbeschluss 1 – Wirkungsgrad Rechenwerk
Beweisbeschluss 2 – Konstruktion Rechenwerk
Beweisbeschluss 3 – Betriebskosten – Wasserverbrauch
Beweisbeschluss 9 – Bodensatz im Belebungsbecken
Beweisbeschluss 10 – Auslegung des Rührwerkes
Beweisbeschluss 11 – hydraulische Kapazität – Lamellenabscheider
Beweisbeschluss 12 – Reinigung der Versickerungsbeete
Beweisbeschluss 13 – Dauer der Reinigung der Versickerungsbeete
Beweisbeschluss 14 – Schwimmschlamm
Beweisbeschluss 19 – Fett im Versickerungsbecken
Beweisbeschlüsse 23-26 – Mängel der Anlage
Zusammenfassung
Gegenstand des Gerichtsgutachtens
Im vorliegenden Fallbeispiel hatte ein Gerichtsgutachter die Beweisbeschlüsse nicht oder nicht korrekt beantwortet.
Die folgenden Seiten veranschaulichen die Argumentation und Bewertungsmethodik im Rahmen einer parteigutachterlichen Stellungnahme der Antragstellerin.
Es handelt sich um ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren hauptsächlich über verfahrenstechnische Mängel einer Kläranlage.
Der Ärger mit diesem Gerichtsgutachten wäre nicht entstanden, wenn der Sachverständige
- jede Beweisaufgabe für sich beantwortet hätte, und wenn die
- Beweise nach den Regeln der Logik sowie ausschließlich auf der Grundlage von beweisbaren Tatsachen erbracht worden wären.
Beweisbeschluss 1 – Wirkungsgrad Rechenwerk
Beweisaufgabe 1
„Das Rechenwerk zur Abscheidung der Feststoffe verhindert nicht, dass grobe Teile bis in den Schlammbehälter und sogar in die Versickerungsbeete gelangen.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige bleibt den Beweis schuldig. Im Gutachten gibt es keine Aussage darüber bzw. es wird kein Beweis geführt.
Diese Aufgabe ist nicht gelöst.
Bewertung des Ergebnisses
Der Sachverständige hätte feststellen müssen, ob das Rechenwerk zur Abscheidung der Feststoffe tatsächlich nicht verhindert, dass grobe Teile bis in den Schlammbehälter und sogar in die Versickerungsbeete gelangen.
Zum Beispiel wäre durch einen Siebversuch über einen gewissen Zeitraum der Wirkungsgrad der Rechenanlage nachvollziehbar und zweifelsfrei zu ermitteln gewesen.
Der Beweisbeschluss hätte letztendlich mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden können.
Beweisbeschluss 2 – Konstruktion Rechenwerk
Beweisaufgabe 2
„Das Rechenwerk ist so konstruiert, dass Feststoffe in die innere Mechanik des Rechenwerkes gelangen und dort Beschädigungen hervorrufen können.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige bleibt den Beweis schuldig. Im Gutachten gibt es keine Aussage darüber.
Diese Aufgabe ist nicht gelöst.
Bewertung des Ergebnisses
Der Sachverständige hätte sich mit der Konstruktion und Funktionsweise des Rechenwerkes auseinandersetzen müssen.
Auch dieser Beweisbeschluss hätte letztendlich mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden müssen.
Beweisbeschluss 3 – Betriebskosten – Wasserverbrauch
Beweisaufgabe 3
„Es fallen außerordentliche Betriebskosten in Form eines hohen Wasserverbrauchs dadurch an, dass der Korb der Rechenwerktrommel mit hohem Wasserdruck gesäubert werden muss.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige teilt auf Seite 26
„Es entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, dass Siebkorbanlagen mit Selbstreinigungsanlagen und regelmäßig auch mit stationär angeordneten Hochdruckspüleinrichtungen (ca. 4-5 bar) zum Freispülen der Ablagerungen ausgestattet werden. In einer Vielzahl der eingebauten Anlagen werden Brauchwasseranlagen zur Minderung des Wasserverbrauches installiert. Laut Schreiben der Antragsgegnerin zu 1.) vom 3.12.1999 hat der Antragsteller die Installation einer Brauchwasseranlage abgelehnt.
Im Rahmen der Gewährleistungsprüfung ist auf jeden Fall die Funktion der ausreichenden Siebkorbfreispülung zu prüfen und festzustellen. Zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung hat der Unterzeichner keine Funktionsbeeinträchtigung und damit Mängelfeststellung treffen können.“
Nur: Der Sachverständige bleibt den Beweis schuldig. Er beantwortet nicht die Beweisaufgabe.
Diese Aufgabe ist nicht gelöst.
Bewertung des Ergebnisses
Das es den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht, dass Siebkorbanlagen mit Selbstreinigungsanlagen und regelmäßig auch mit stationär angeordneten Hochdruckspüleinrichtungen (ca. 4-5 bar) zum Freispülen der Ablagerungen ausgestattet werden, mag wohl stimmen. Nicht sachverständigen Parteien oder gar dem Gericht ist ein solches Wissen jedoch nicht vorauszusetzen.
Allein dadurch aber, dass der Sachverständige dies niederschreibt, wird kein Beweis erbracht. Hier sind die Quellen offenzulegen (DIN-Vorschriften, ATV-Regelwerk, Literaturnachweise, Zitate, Rechercheergebnisse…).
Fallen nun außerordentliche Betriebskosten in Form eines hohen Wasserverbrauchs dadurch an, dass der Korb der Rechenwerktrommel mit hohem Wasserdruck gesäubert werden muss?
Beweisbeschluss 9 – Bodensatz im Belebungsbecken
Beweisaufgabe 9
„Der Ablauf aus dem Belebungsbecken erfolgt erst ab einer Höhe von ca. 2 m, weil die Ansaugvorrichtung verlängert und nach oben verlegt wurde. Dadurch setzen sich Feststoffanteile und Restschlamm am Boden ab. Als Folge wird das im unteren Bereich befindliche Rührwerk beeinträchtigt. Im Belebungsbecken bildet sich ein immer stärkerer Bodensatz.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige teilt auf Seite 29-30 [2] mit:
„Die Heterogenität der Kommunalabwässer, die wechselnden und nicht selten außerordentlich starken Abwasserzuflüsse und die Verschiedenartigkeit der mit den Abwässern transportierten Medien führen in der Klärbetriebspraxis häufiger zu Überlastungen auch ordnungsgemäß bemessener und installierter Abwasserbehandlungsanlagen.
Im Klärbetriebsalltag werden immer wieder Stofftransporte durch Klärwerksbauten und Förderanlagen hindurch beobachtet, die physikalisch nicht erklärbar scheinen. Im langjährigen Klärbetrieb kommt es daher regelmäßig in vielen Klärbecken zu einem Absetzen von Feststoffen in strömungstechnisch begünstigten Absetzbereichen. Diese sind im Zuge anstehender Grundreinigungs- und -unterhaltungsarbeiten zu reinigen und zu beseitigen (Turnus ca. 3 bis 5 Jahre).
Die Verlängerung des Belebungsbeckenablaufes mit einer Belebtschlammentnahme ca. 2 m über der Beckensohle ist keine unzulässige Veränderung des Abwasserflusses. Das Anaerob- und das Belebungsbecken sind gemäß Bauvertrag und mit der im Leistungsverzeichnis Los 2, Seite 38f abverlangten Garantieerklärung der Antragsgegnerin zu 1.) als ablagerungsfreie bzw. volldurchmischte Becken zu errichten und zu betreiben. Als Mindestsohlgeschwindigkeit sind 0,3 m/s zu gewährleisten.
Der Nachweis unzulässiger bzw. übermäßiger Feststoffablagerungen ist durch den Antragsteller konkret zu führen. Der Unterzeichner sieht in der Kläranlage… keine Beeinträchtigung der installierten Umwälzeinrichtungen durch übermäßige Feststofftransporte und -ablagerungen.“
Nur: Der Sachverständige bleibt auch diesen Beweis schuldig.
Diese Aufgabe ist nicht gelöst.
Bewertung des Ergebnisses
Der Sachverständige trifft keine Feststellungen, ob sich durch die Verlegung des Ablaufes Feststoffanteile und Restschlamm am Boden absetzen.
Er trifft keine Feststellungen, ob als Folge das im unteren Bereich befindliche Rührwerk beeinträchtigt wird.
Der Sachverständige stellt auch nicht fest, ob sich im Belebungsbecken ein immer stärkerer Bodensatz bildet.
Diese Feststellungen lassen sich durch übliche Messungen mit verhältnismäßigem Aufwand schnell durchführen.
Warum wurden die erforderlichen Messungen den Parteien nicht vorgeschlagen?
Der Sachverständige verkennt seine Verantwortung für die Lösung des Beweisbeschlusses völlig, wenn er formuliert:
„Der Nachweis unzulässiger bzw. übermäßiger Feststoffablagerungen ist durch den Antragsteller konkret zu führen.“
Für die Beweissicherung, Tatsachenfeststellung und Tatsachenwertung ist der Sachverständige zuständig. Er ist verpflichtet durch geeignete Methoden nachprüfbar festzustellen, ob es nun unzulässige bzw. übermäßige Feststoffablagerungen im Belebungsbecken gibt oder nicht.
Der Sachverständige schreibt weiter:
„Der Unterzeichner sieht in der Kläranlage… keine Beeinträchtigung der installierten Umwälzeinrichtungen durch übermäßige Feststofftransporte und -ablagerungen.“
Das ist keine Antwort auf den Beweisbeschluss.
Welche Beweise kann der Sachverständige für seine Wertung vorlegen?
Beweisbeschluss 10 – Auslegung des Rührwerkes
Beweisaufgabe 10
„Das Rührwerk im Belebungsbecken ist so ausgelegt, dass die vollständige Durchmischung erfolgt. Die Ausführung entspricht dem Stand der Technik. Die Höhe des Schlammabzuges hat mit den Anlagerungen nichts zu tun.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige fasst die Beantwortung der Beweisbeschlüsse 9 und 10 zusammen.
Der Sachverständige bleibt den Beweis schuldig. Diese Aufgabe ist nicht gelöst.
Bewertung des Ergebnisses
Der Sachverständige trifft keine Feststellungen, ob das Rührwerk im Belebungsbecken so ausgelegt ist, dass die vollständige Durchmischung erfolgt.
Der Beweis wäre u. a. durch eine Messung der Sohlgeschwindigkeit am Beckenboden zu erbringen gewesen.
Der Sachverständige trifft keine Feststellungen darüber, wie er zu der Auffassung kommt, dass die Ausführung dem Stand der Technik entspricht.
Er hätte den Stand der Technik als Anforderung mit Quellenangaben beschreiben müssen, die technischen Parameter der Rührvorgänge im Belebungsbecken feststellen und die Tatsachen mit den Anforderungen vergleichen müssen.
Diese Beweisführung fehlt also auch hier.
Ebenso bleibt der Sachverständige den Beweis schuldig, wieso er zu der Feststellung kommt, dass die Höhe des Schlammabzuges mit den Anlagerungen nichts zu tun hat.
Beweisbeschluss 11 – Hydraulische Kapazität – Lamellenabscheider
Beweisaufgabe 11
„Über die Lamellenabscheider gelangt Schlamm in die Versickerungsbecken, sobald mehr als ca. 45% der angegebenen Kapazität der Fördermenge pro Stunde erreicht wird.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige beantwortet die Beweisbeschlüsse 11-14 zusammenhängend und kommt zu der Auffassung, dass diese durch die vorstehenden Analysen und Bewertungen hinreichend erklärt sind. Darauf wird im Weiteren noch einzugehen sein.
Der Beweisbeschluss 11 wurde nach Auffassung der Antragstellerin nicht beantwortet.
Hier geht es darum Beweis zu führen, ob Schlamm über die Lamellenabscheider in die Versickerungsbecken gelangt, sobald mehr als ca. 45 % der angegebenen Kapazität der Fördermenge pro Stunde erreicht wird.
Hat das nun etwas mit der Fördermenge zu tun oder nicht?
Die Beweisführung kann vorzugsweise durch Messungen erfolgen, in dem festgestellt wird, ob bei Überschreitung von 45 % der angegebenen Kapazität der Fördermenge pro Stunde tatsächlich Schlamm in die Versickerungsbeete gelangt.
Selbstverständlich ist die Sensibilität anderer Prozessparameter mit zu analysieren. Auch eine komplexe Ursachenforschung ist erforderlich.
Außerdem wären Betrachtungen über die Verweilzeit des Rücklaufschlammes im Lamellenabscheider notwendig und vieles mehr.
Derlei Untersuchungen bleibt der Sachverständige schuldig.
Ein Gerichtsgutachten sollte auch so gefasst werden, dass Gericht und Anwälte die fachlichen Zusammenhänge und die Problematik erkennen können und nicht darauf angewiesen sind, dem Gerichtssachverständigen blindlings zu vertrauen. Es muss auch leicht möglich sein, dass ein anderer Sachverständiger ohne Rätselraten die Beweisführung nachvollziehen und überprüfen kann.
Solche Erläuterungen werden im Gutachten vermisst und man muss schon Experte sein, um in manchen Passagen erraten zu können, worauf der Sachverständige seine Meinung gründet, obwohl diese nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses ist.
Die nachfolgenden Hinweise dienen der Erläuterung des Gerichtes, worum es in dem Beweisbeschluss 11 – deren Lösung für die Antragstellerin von zentraler Bedeutung ist – eigentlich geht:
Die Kommunen sind als Abwasserbeseitigungspflichtige für die Reinigung der Abwässer verantwortlich.
Für den erforderlichen Reinigungsumfang gibt es gesetzliche Anforderungen.
Werden die Anforderungen nicht erfüllt, dann macht sich die Kommune strafbar.
Das besondere der Kläranlage… besteht darin, dass die Abwässer nicht in ein oberirdisches Gewässer, sondern in das Grundwasser eingeleitet werden.
Für die Einleitung des gereinigten Abwassers gibt es 2 Versickerungsbecken.
Diese Becken bestehen aus einem Sandfilter, der die Aufgabe hat, Spuren von Feststoffen zurückzuhalten und insgesamt eine problemlose Versickerung zu ermöglichen.
Der Kardinalfehler… besteht nun darin, dass in den 2 Sandfiltern nicht Spuren von Feststoffen zurückgehalten werden, sondern derartige Mengen von Schlamm in den Versickerungsbeeten landen, dass der Schlamm dicht bis unter den Wasserspiegeln der Versickerungsbeete steht.
Der Schlamm fault und damit gelangen Gewässerschadstoffe in das Grundwasser.
Außerdem verstopft der Schlamm die Poren des Sandfilterbeckens, so dass die Versickerungsleistung dramatisch zurückgeht.
Nicht auszudenken, wenn die Kläranlage in ein oberirdisches Gewässer einleiten würde.
Es ist nicht Wesensmerkmal einer Kläranlage Schlamm in Gewässer abzuleiten. Zuständig für das Zurückhalten des Schlammes ist ein Kläranlagenteil – die Nachklärung.
Im Fall der Kläranlage… wurde – um Kosten zu sparen – ein spezielles Nachklärungssystem – der Lamellenabscheider realisiert.
Hierbei handelt es sich um ein kompaktes kompliziertes Bauwerk, das offensichtlich ungenügend leistungsfähig ist.
Der Sachverständige ist der Meinung, dass die Leistung der Nachklärung auch vom Schlammabsetzverhalten des belebten Schlammes beeinflusst wird.
Schlechte Absetzeigenschaften rühren meist von der seit Jahrzehnten bekannten „Krankheit“ des Belebtschlammes dem sog. Blähschlamm her. Also ein bekanntes Phänomen, das relativ häufig auftritt und zahlreiche Ursachen haben kann.
Auf Blähschlamm im gewissen Rahmen muss man sich einstellen, denn es kann nicht sein, dass Kläranlagen, bei den geringsten Blähschlammmerkmalen dramatischen Schlammabtrieb verzeichnen.
Bei anderen Kläranlagen führt Blähschlamm nicht dazu, dass tonnenweise Schlamm in Gewässer eingeleitet wird.
(Eine Ursache mag darin liegen, dass Kläranlagen der Größenordnung wie … mit automatischen Einrichtungen zur Entfernung von Schwimmschlamm ausgerüstet sind und dass derartige Kläranlagen über konventionelle Nachklärbecken verfügen.)
Worin liegt nun das Problem? Die Beweisführung bleibt der Sachverständige schuldig.
Fehlt möglicherweise eine automatische Schwimmschlammberäumung? Oder weisen Parallelplattenabscheider prinzipiell (im wahrsten Sinne des Wortes) ein bedeutend größeres Risiko des Schlammabtriebs bei Blähschlamm gegenüber konventionellen Nachklärbecken auf?
Könnte es sein, dass Blähschlamm – der ja bekanntermaßen ein extrem leichter Schlamm ist – die Haftreibung auf den Parallelplatten nicht zu überwinden vermag und damit möglicherweise schlechter oder in Parallelplatten so gut wie überhaupt nicht sedimentiert, als Schlamm der in konventionellen Nachklärbecken sich einfach und relativ ungehindert am Boden nur absetzen braucht?
Und – für den Fall, dass Blähschlamm vorliegt – wie lange brauchen die Rücklaufschlammpumpen, um den Rücklaufschlamm aus der Nachklärung zu entfernen? Welche Eindickzeiten sind einhaltbar?
Was für Ergebnisse hatte der Sachverständige bei der Überprüfung der Bemessung der Nachklärung? Verfügt die Nachklärung über Bemessungsreserven? Ist die Bemessung der Nachklärung korrekt? Waren die Bemessungsansätze korrekt? Gibt es Abweichungen zwischen Bemessung und Praxisbetrieb?
Alles Fragen, die im Rahmen der Beweisbeschlüsse 11-14 zu lösen gewesen wären.
Der Sachverständige schreibt weiter zu dem Beweiskomplex auf Seite 37 seines Gutachtens:
„Die Nachweise sind, soweit dieses noch nicht erfolgt ist, durch die Antragsgegnerin zu 1.) zu erarbeiten und durch die Antragsgegnerin zu 2.) fachtechnisch zu prüfen. Gegebenenfalls erforderliche Änderungen sind zu veranlassen.“
…und delegiert damit unzulässig seine Aufgaben und Pflichten an die Parteien.
Die Antragstellerin wäre sofort bereit gewesen dem Gerichtssachverständigen alle entsprechenden Unterlagen zu übergeben und Unterstützung zu leisten, so er sie fordert.
Bewertung des Ergebnisses
Der Beweisbeschluss 11 wurde nicht beantwortet.
Beweisbeschluss 12 – Reinigung der Versickerungsbeete
Beweisaufgabe 12
„Weil Schlamm bis in die Versickerungsbeete gelangt, müssen die Becken geleert und die Kiesschicht ausgetauscht werden, da der sich absetzende Schlamm die Versickerungswege verstopft. Dies ist etwa alle vier Monate erforderlich. Bei den Versickerungsbeeten zwei und drei muss vor dem Kiesaustausch per Hand die Elektroheizung herausgenommen werden…“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige beantwortet die Beweisaufgabe nicht.
Beweisbeschluss 13 – Dauer der Reinigung der Versickerungsbeete
Beweisaufgabe 13
„Ungefähr alle zwei Wochen muss Schlamm, der sich nicht, wie vorgesehen im Lamellenabscheider abgesetzt hat, sondern auf der Wasseroberfläche schwimmt, manuell entfernt werden.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige beantwortet die Beweisaufgabe ebenfalls nicht.
Beweisbeschluss 14 – Schwimmschlamm
Beweisaufgabe 14
„Ist die Entstehung von Schwimmschlamm auf der Nachklärung allgemein üblich? Kann dieser durch die installierten Lamellenklärer mittels dem Schwimmschlammabzug manuell abgezogen werden? Liegt ein Mangel nicht vor?“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Beweisbeschluss 14 besteht aus 3 Fragen.
Die Beantwortung der Frage
„Ist die Entstehung von Schwimmschlamm auf der Nachklärung allgemein üblich ?“
bleibt der Sachverständige schuldig.
Bei der Frage:
„Kann dieser (der Schwimmschlamm) durch die installierten Lamellenklärer mittels dem Schwimmschlammabzug manuell abgezogen werden?“
ging es darum festzustellen, ob dies zuverlässig möglich ist, denn die Kläranlage ist nur stundenweise besetzt.
Wenn also während der Abwesenheit größere Schlammmengen anfallen, dann ist in der Regel niemand da, um den Schlamm zu entfernen.
Der manuelle Schwimmschlammabzug führt damit zu einem unzulässigen und vermeidbaren Risiko einer Gewässerverschmutzung, so die Auffassung der Antragstellerin.
Schließlich – Der Sachverständige beantwortet die Beweisaufgabe ebenfalls nicht.
Beweisbeschluss 19 – Fett im Versickerungsbecken
Beweisaufgabe 19
„In der Kläranlage gibt es keinen separaten Fettabscheider, so dass Fettpartikel bis in die Versickerungsbeete gelangen. Der zur Fettabsonderung vorgesehene, kombinierte Sand- und Fettabscheider arbeitet unzureichend.“
Ergebnis des Gerichtssachverständigen
Der Sachverständige schreibt u. a.:
„Bei regelmäßig nachgewiesenen Fettablagerungen in den Versickerungsbecken der Kläranlage *** ergeben sich allerdings weitergehende Veranlassungen, die in der Rundsandfanganlage und im Lamellenabscheider installierten Schwimmstoffabzugsvorrichtungen auf Wirksamkeit und zu gewährleistende Abscheideleistungen zu überprüfen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann der Unterzeichner mit Verweis auf die nachstehenden Ausführungen keinen Mangel mit einer Verpflichtung zur Nachrüstung erkennen.“
Bewertung des Ergebnisses
Der Kern des Beweisbeschlusses
„Der zur Fettabsonderung vorgesehene, kombinierte Sand- und Fettabscheider arbeitet unzureichend.“
wird vom Gerichtssachverständigen nicht beantwortet.
Erforderlich wären z. B. Messungen des Wirkungsgrades des Fettabscheiders gewesen.
Der Sachverständige teilt mit:
„Bei regelmäßig nachgewiesenen Fettablagerungen in den Versickerungsbecken der Kläranlage *** ergeben sich allerdings weitergehende Veranlassungen, die in der Rundsandfanganlage und im Lamellenabscheider installierten Schwimmstoffabzugsvorrichtungen auf Wirksamkeit und zu gewährleistende Abscheideleistungen zu überprüfen.“
Genau das ist Aufgabe des Gerichtssachverständigen. Warum hat er sie nicht gelöst?
Der Sachverständige schreibt weiter:
„Zum jetzigen Zeitpunkt kann der Unterzeichner mit Verweis auf die nachstehenden Ausführungen keinen Mangel mit einer Verpflichtung zur Nachrüstung erkennen.“
Woraus leitet der Sachverständige die Erkenntnis ab, wo er doch den Wirkungsgrad des Fettabscheiders weder gemessen noch die Bemessung überprüft hat, er aber andererseits formuliert, dass es „regelmäßig nachgewiesene Fettablagerungen in den Versickerungsbecken“ wohl gibt.
Auch wenn es für die Antragstellerin kontraproduktiv ist – selbst den Beweis, dass es „regelmäßig nachgewiesene Fettablagerungen in den Versickerungsbecken“ gibt, bleibt der Sachverständige schuldig.
Allein dadurch, dass ein Sachverständiger etwas schreibt, entsteht noch lange kein Beweis.
Beweisbeschlüsse 23-26 – Mängel der Anlage
Beweisaufgaben 23-26
23. „Stellen die festgestellten Zustände Mängel der Kläranlage dar? Worauf sind die Mängel der Kläranlage zurückzuführen? Liegt ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Baukunst vor?
24. Sind Ursache der Funktionsstörungen planerische oder handwerkliche Fehler? Wer ist für die Funktionsstörungen technisch verantwortlich? Welche handwerklichen oder planerischen Mängel liegen vor?
25. Sind die Mängel in der Anlage zu beheben? Welche Maßnahmen sind erforderlich, um die Mängel zu beheben?
26. Welche Kosten sind für eine fachgerechte Mängelbeseitigung erforderlich?“
Bewertung des Ergebnisses
Da die Beweisaufgaben zum großen Teil nicht beantwortet wurden oder weil keine Beweise erbracht wurden, muss logischerweise auch die Mängelbewertung und Mängelzuordnung und der ermittelte Aufwand zur Mängelbeseitigung überwiegend fehlerhaft oder unvollständig sein.
Zusammenfassung
Zahlreiche Beweisbeschlüsse wurden nicht beantwortet oder es wurden im Gutachten keine Beweise geführt.
Abschließend muss die Antragstellerin feststellen, dass der Sachverständige möglicherweise fachlich, wie auch methodisch bezüglich der Beweiserbringung überwiegend überfordert war/ist.
Es besteht die Vermutung, dass der Sachverständige für die Lösung zahlreicher Beweisbeschlüsse nicht über die erforderliche besondere Fachkunde verfügt, weil naheliegende Untersuchungen und Lösungen nicht verfolgt wurden.
Die unterschiedlichen Bestallungsbezeichnungen durch den Gerichtssachverständigen lassen Fragen entstehen.
Die Antragstellerin bezweifelt aufgrund der Art und Weise des vorgelegten Gutachtens und der unklaren Bestallung des Gerichtssachverständigen, dass dieser die nicht beantworteten Beweisbeschlüsse durch Nachbesserung überzeugend zu lösen vermag.
Das Gericht möge bitte prüfen, ob der Sachverständige in den Beweisaufgaben 1-5, 9-21 und teilweise Beweisbeschluss 25, soweit es die Beweisbeschlüsse 6-9 nicht betrifft, sein Bestallungsgebiet überschritten hat.
Die Antragstellerin beantragt daher, dass der Sachverständige nachweist, über welche besondere Fachkunde er tatsächlich verfügt, in welcher Weise seine besondere Sachkunde geprüft wurde und für welche Fachgebiete er von und von wem er tatsächlich bestellt wurde.
Die Antragsstellerin hat nicht nur erhebliche Zweifel an der besonderen Sachkunde des Gerichtssachverständigen die Abwasserreinigung (Technik und Verfahren der Abwasserbehandlung) betreffend, wie nun im Einzelnen nachgewiesen wird. Sie muss auch feststellen, dass der Sachverständige offensichtlich über nicht hinreichende Kenntnisse verfügt, wie ein Beweisbeschluss methodisch zu lösen bzw. wie ein Beweis zu führen ist.
Infolge des nachgewiesenermaßen überwiegend mangelhaften Gutachtens beantragt die Antragstellerin den Aufwand des Gerichtssachverständigen nur zu ** % zu vergüten.
Der Antragstellerin ist durch das mangelhafte Gutachten ein Schaden infolge Zeitverzug durch verzögerte Problemlösung entstanden.
Für die nun eintretende Verzögerung trifft den Gerichtssachverständigen die Schuld, weil er die Lösung von Beweisbeschlüssen übernommen hat, ohne diese zu beantworten und für deren Lösung er offensichtlich nicht über die besondere Sachkunde verfügte.
Dies wurde mit der vorliegenden umfangreichen Bewertung nachgewiesen.
Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es Pflicht des Gerichtssachverständigen gewesen wäre für den Fall, dass er Beweisbeschlüsse nicht auf Anhieb zu lösen vermag, den Parteien Methoden vorzuschlagen, die zur Lösung der Beweisbeschlüsse erforderlich sind. Über daraus ggf. entstehende Mehraufwendungen für die Anwendung spezieller Mess- und Untersuchungsmethoden oder eines umfangreicheren Beobachtungsaufwandes durch den Gerichtssachverständigen, hätte gesondert befunden werden müssen.
Es hätte dem Gerichtssachverständigen auch freigestanden zu erklären, dass er für die Lösung der entsprechenden Beweisbeschlüsse über keine besondere Sachkunde verfügt. Das unterließ er aber in den entsprechenden Fällen.
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