Zur Beachtung!

Eine Kanalplanung kann verschiedene Mängel aufweisen. Nachfolgend ein Klassifizierungsversuch:

  • Inhaltliche Mängel (z. B. fehlende Dokumentation oder fehlende Nachweise, reine Planungsfehler)
  • Formelle Mängel (z. B. unübliche Gestaltungsweisen, die eine Genehmigung erschweren oder verhindern bzw. Planung im Widerspruch zu Verwaltungsvorschriften)
  • Mängel, die sich auf den künftigen Gebrauch und die Kosten der geplanten Investitionen auswirken (zugesicherte Funktion tritt nicht oder nur teilweise ein). Die Wirtschaftlichkeit ist nicht genügend dargestellt, so dass die Höhe des Finanzierungsrisikos nicht hinreichend abgeschätzt werden kann, oder es fehlen wichtige Kostenangaben, die im Betriebsfall entstehen.

Bei der Bewertung der Planung analysierte der Sachverständige nicht die Schuldfrage der einen oder anderen Partei, sondern konzentrierte sich auf die fachlichen Ursachen der Mängel.

Es kann durchaus sein, dass Planungsmängel und besonders deren Tragweite bzw. Konsequenzen nicht unbedingt nur allein von der Klägerin verursacht worden sind.

Ein bedeutender Fehler ist auch, dass durch die nun vorliegende gutachterliche Prüfung zu spät Mängel festgestellt wurden, obwohl dies möglicherweise auch rechtzeitiger hätte erfolgen können. Bei rechtzeitiger Prüfung sind bei Feststellung von Mängeln eventuelle Konsequenzen nur von geringer Tragweite und relativ einfach zu korrigieren.

Bei der Bewertung wurde durchgehend berücksichtigt, dass es sich um die Planung einer kostenintensiven Entwässerung einer Siedlung und nicht um die Planung z. B. eines unproblematischen Kanals für eine kleine Straße handelt.

Bei der Bewertung hat der Sachverständige grundsätzlich hohe Anforderungen gesetzt und berücksichtigt, wie eine anspruchsvolle und perfekte Planung zu erarbeiten und zu gestalten ist. Dem Sachverständigen ist natürlich bewusst, dass es keine perfekte Planung gibt und auch der Planer abwägen muss, wie weit er den Aufwand treibt.

Die Parteien und ggf. das Gericht mögen im Einzelfall selbst Abstriche von den Anforderungen vornehmen. Der Sachverständige hat in gewissem Maße schematisch „abgehakt“ und sich dabei aber auch von dem Vorwort der A 101 [18, Seite 3] leiten lassen:

„Bei der Planung von Neubau-, Sanierungs- oder Erneuerungsmaßnahmen für Entwässerungsanlagen ist eine Vielzahl von fachlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Fließen diese nicht von Anfang an – in dem jeweils erforderlichen Maße – in die Planungsarbeiten ein, müssen Planer, Auftraggeber und Prüfbehörde mit erheblicher Mehrarbeit rechnen, die sonst vermeidbar gewesen wäre. Rückfragen, Nacherhebungen oder Änderungen bereits ausgeführter planerischer Arbeiten spielen hierbei eine gewichtige Rolle. Die Qualität der Planung zu steigern, ist vorrangiges Ziel des vorliegenden Arbeitsblattes. Im Interesse seiner guten Anwendbarkeit sind die planerischen Gesichtspunkte zu einem erheblichen Teil stichwortartig oder in Form von Checklisten dargestellt. Der Planungsumfang wird nach unterschiedlichen Planungsphasen gegliedert, um für die jeweils notwendigen Entscheidungen und Handlungen aussagefähige Ergebnisse zu erhalten.“

Bei der Mängelanalyse konzentrierte sich der Sachverständige auf solche und vor allem erhebliche Mängel, die nach den damals geltenden a.a.R.d.T. oder nach üblichen Planungsgepflogenheiten (Hinweise der Fachliteratur, Regelwerk der Abwassertechnischen Vereinigung e. V. [ATV]) seiner Ansicht nach zu vermeiden waren.

Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die Benutzerhinweise des Arbeitsblattes A 101 [18]:

„Das vorliegende Arbeitsblatt ist im Rahmen der Ausschussarbeit der ATV unter Beachtung des Arbeitsblattes A 400 „Grundsätze für die Erarbeitung des Regelwerkes“ im Regelwerk Abwasser/Abfall in der Fassung Oktober 1986 erarbeitet worden. Bezüglich der Anwendung des Regelwerkes enthält Punkt 5 Absatz 1 des A 400 folgende Aussage: Das Regelwerk steht jedermann zur Anwendung frei. Eine Pflicht der Anwendung kann sich aufgrund von Rechtsvorschriften, Verträgen oder sonstigem Rechtsgrund ergeben. Wer es anwendet, hat für die richtige Anwendung im konkreten Fall Sorge zu tragen. Durch das Anwenden des Regelwerkes entzieht sich niemand der Verantwortung für eigenes Handeln. Für den Anwender spricht jedoch der Beweis des ersten Anscheines, dass er die erforderliche Sorgfalt beachtet.“

Nach Bayerlein [12, S. 180] ist für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit technischer Leistungen weniger von Bedeutung, ob z. B. eine a.a.R.d.T. oder eine DIN eingehalten wurde, sondern „das entscheidende Kriterium ist die Gebrauchstauglichkeit und das Vorhandensein der zugesicherten Eigenschaften.“

Der Sachverständige hat bei seinen zusammenfassenden und abschließenden Bewertungen diese Prämisse beachtet.

Bei der Vielzahl der einzelnen – hinsichtlich Relevanz und Erfüllungsgrad – zu bewertenden Anforderungen war es nicht möglich, jede einzelne der mehreren hundert Anforderungen auch noch auf ihre Auswirkung auf Gebrauchstauglichkeit und das Vorhandensein der zugesicherten Eigenschaften zu prüfen.

Weiterhin berücksichtigte der Sachverständige bei seinen zusammenfassenden und abschließenden Bewertungen, ob das Regelwerk in den entsprechenden Punkten auch tatsächlich allgemein anerkannt ist und nicht nur „irgendwo geschrieben steht und kein Mensch sich danach richtet“.

Hier ist sehr wohl festzustellen, dass die Anwendung des Regelwerkes unterschiedlich gehandhabt wird. Es gibt einige überdurchschnittlich sorgfältige Planungen, sehr viele mittelmäßige und einige unterdurchschnittliche Planungen.

Die Qualität der Planungen in Bezug auf die Anwendung des Regelwerkes wird teils auch von den Kontrollgepflogenheiten der Bauherrn, dem Konkurrenzdruck und der behördlichen Duldsamkeit sowie deren Qualifikation beeinflusst. Dabei spielt die behördliche Prüffunktion in ihrer Wirkung auf die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit einer Planung meist nur eine untergeordnete Rolle.

Die Hauptaufgabe der interdisziplinären Prüfungsveranlassung liegt beim Bauherrn.

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