Gewässerzustand

Die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien mit dem Ziel des guten Gewässerzustandes ist oft in hohem Maße unlogisch, unsachlich und beliebig. Verwechselt wird dabei zudem das Ziel mit dem Mittel.

Zur Beliebigkeit kommt es wegen abstrakter Begrifflichkeit des Gewässerzustandes.

Abstrakte Begriffe sind beliebig deutbar und wesentliche Ursache mancherlei fragwürdiger Aktionen.

Wer sich als echter Naturfreund die fragwürdigen Bewertungen eines abstrakten Gewässerzustandes verstehen möchte der lese hier.

Wer ahnt, dass dies eine Kläranlage ist? Ist es nicht ein guter Gewässerzustand?

Dabei scheint es leicht zu sein, mit der EU-WRRL etwas vernünftiges anzustellen. Man muss es nur wollen und klug anstellen:

  1. Zunächst wäre erstens die EU-WRRL in die Hände von erfahrenen, vorzugsweise mit  Hochschulausbildung (!) versehenen Ökologen zu legen, denn nur Ökologen sollten wissen was sie tun, was im Gewässer geht und was nicht.
  2. gilt es zu begreifen dass die Gewässerzustände nur Mittel der EU-WRRL und nicht ihr Zweck sind. Aktuell ist es so, wie in einer chaotischen Kapelle: Jeder spielt gleichzeitig ein anderes Lied. Der Chemiker will Trinkwasserqualität und das Wasser am Liebsten gleich destillieren, der Fischbiologe will viele fette Fische und braucht deshalb im Gewässer etwas Nährstoff. Der Ökologe, sofern er nicht sein Fachgebiet verraten oder mißverstanden hat, hat also eine Ahnung von Zuständen in der Natur. Er wird nur zu oft nicht gefragt. Das macht ihn traurig. Der Wasserbauer will Sturzfluten ableiten und die Bauwirtschaft will reichlich zu tun haben usw.  Dabei wird übersehen, dass Dreh- und Angelpunkt häufig die industrielle Landwirtschaft ist, die formaljuristisch von dem Verdacht der Gewässerverschmutzung befreit wurde. Damit hat der Gesetzgeber den Steuerzahler gegenüber z.B. dem Schwein des Bauern diskriminiert. So stelllt sich aber die Situation dar, wenn  man die Mitteilung der EU-Kommission von 2000 anwendet. Nicht gemeint ist, dass jetzt der Bauer auch Abwasserabgabe zahlen soll. Vielmehr ist es so, dass überhaupt die Zahlung einer Abwasserabgabe dann rechtlich gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, wenn ein Gewässerverschmutzer sie nicht zahlen muss. In der Konsequenz konzentrierte man sich nun darauf, die fragwürdigen – weil abstrakten – Gewässerzustandsziele dadurch zu erreichen, indem vorzugsweise von kommunalen Kläranlagen höhere Reinigungsleistungen verlangt wird, ohne aber den Nachweis des hinreichenden Nutzens zu führen. Das ist blinder Aktionismus.
  3. ist die Lösung jedoch simpel, wenn man sie will: Zunächst müssen Ökologen und Betroffene (jene, die es am Ende bezahlen und aushalten) gemeinsam den Zweck definieren. Ein Zweck oder das Ziel – sofern es nicht Chaos verursachen soll – ist immer konkret und kann z.B. Karpfen, Eisvogel, Flussperlmuschel oder Prachtlibelle genannt werden.
  4. bestimmen die Lebensanforderungen des jeweiligen Tieres die in der EU-WRRL genannten Mittel (Gewässerzustände). Dabei kann es so sein, dass ein guter Gewässerzustand für den Karpfen einen weniger guten wasserchemischen Zustand erfordert. Und es kann so sein, dass ein Forellengewässer keinesfalls einen sehr guten Gewässerzustand benötigen. Schließlich ist bekannt, dass Forellen mitunter teils schon so verhungert sind, dass sie sich am Auslauf von Kläranlagen tummlen, weil sie dort am ehesten noch etwas zum Fressen bekommen. Ein sehr guter chemischer Gewässerzustand ist nur in Forellenlaichgebieten erforderlich. Forellen laichen eher kaum am Auslauf von Kläranlagen. Wenn man diese Zusammenhänge akzeptiert, dann sollte klar werden, dass Zustandsbewertungen und und die Definition von Zustandszielen nicht die Domäme von Bürokraten sein sollten.
  5. wird das Ganze realisiert. Dann sind alle glücklich und man kann für sein Geld auch einen Zustand vorweisen, der ausnahmsweise nicht im Widerspruch zur Ökologie steht.

Eisvogel besucht einen Teich mit einem schlechten chemischen Gewässerzustand gemessen am Phosphor. Die Stichlinge sind fett und den Eisvogel freut es.

Was lernen wir daraus?

Es gibt sie nicht, die guten Zustände, sofern sie als abstrakte Ziele verfolgt werden.

Abstrakte Begriffe sind beliebig deutbar und wesentliche Ursache mancherlei fragwürdiger Aktionen.

Gute Zustände sind nur für konkrete Organismen zu definieren.

Auch Nicolás Gómez Dávila (Auf verlorenem Posten) hat sich über abstrakte Ziele auch schon so seine Gedanken gemacht:

Verallgemeinerung erweitern unsere Macht und verarmen unseren Geist.

An sich ist es simpel. Ein kleiner Junge, der sich ein Aquarium einrichten möchte, versteht letzlich von Gewässerzuständen mehr als mancher bürokratische Gewässerschützer. Er wünscht sich Neonsalmler als Schutzziel und definiert sowie gewährleistet den Gewässerzustand genauso wie ihn Neonsalmler benötigen: Sauberes Wasser, etwas verschmutzt mit CSB in Form von Huminsäuren, Nährstoffe als Phosphor und Stickstoff damit die Fische nicht verhungern.

Ich konnte beobachten, wie Bürokraten in einem Bundesland auf einer Karte all die Fließggewässer rotpinselten, deren Wasser vermeintlich zu hohe Phosphatgrenzwerte aufwiesen, obwohl zugleich ein Zimmer weiter im gleichen Amt die Fischbiologen mit den Zustand für ihre Fische in dem ach so „gefährlichem“ Gewässern als gut bewerteten.

Auch aus diesen Gründen ist es Zufall, wenn ein abstraktes Gewässerschutziel einem konkreten Organismus – der es Wert ist ein Schutzziel zu sein – nützt!

Es gibt in den Ämtern allerdings auch Biologen, die den Gewässerzustand korrekt als Mittel zum Zweck definieren.  Der Schutz der Flussperlmuschel im Dreiländereck „Böhmen-Bayern-Sachsen“; mitiniziert durch einen Diplombiologen im Wasserwirtschaftsamt Hof ist eine solche bespielhafte Leistung. Hier wurde gezeigt wie es zu machen ist und der Ausgangspunkt war ein konkretes Ziel – eine Muschel – und kein fragwürdiger, weil sinnloser guter Gewässerzustand.

Es kommt darauf an, der EU-WRRL einen Sinn zu geben und nicht sinnlose Mittel zum Ziel zu machen.

Und schließlich: Wie gutes Tun so richtig in die Hose gegangen ist, kann man hier lesen. Aber man kann sich mit Petrarca trösten, denn das Gute zu Wollen soll besser sein als das Wahre zu erkennen. Heute würde ich einschränken: Aber nur, wenn man das Wahre durch Bildung, Anschauung (Schopenhauer) oder Fleiß nicht zu erkennen vermochte.

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