Kanalreinigung – So geht es leichter! – 1962

 

Unterkunftswagen für eine Brigade. Trennung zwischen Aufenthalts- und Vorraum.
Im Vorraum kann Gerät abgestellt werden. VEB (K) Wasserwirtschaft Leipzig

Vorwort zum Vorwort von Uwe Halbach:

Als ich kürzlich in der Fachbibliothek meines Vaters kramte, fiel mir diese kleine Broschüre in die Hand.

Ich fand die Fotos interessant, weil damit der Stand der Kanalreinigung in der DDR von 1962 dokumentiert wird, den ich persönlich teilweise als technisch interessierter Junge mitbekam.

Inzwischen hat man sich an die modernen Kanalreinigungsgeräte gewöhnt und denkt wohl kaum daran, dass auch heute noch im Kanalnetz mitunter schwere und nicht ganz ungefährliche Arbeit zu leisten ist, die vom Normalbürger selten wahrgenommen wird.

Vielleicht ist die eingescannte Broschüre auch für andere Zwecke von Interesse, denn moderne Technik lässt sich am besten begründen und veranschaulichen, wenn daneben ein Vergleich zu einem historischen Gerät gezogen werden kann.

Ebenso wird sich mancher Student freuen, wenn er derartige inzwischen vergessene Gerätschaften der Kanalreinigung irgendwo im Internet findet.

Beim Lesen des nachstehenden Vorwortes der Broschüre wäre vielleicht zu berücksichtigen, dass diejenigen, welche die in den Fotos dokumentierten Entwicklungen damals vollbrachten, keinesfalls fanatisch vor Augen hatten, damit den Kapitalismus zu schlagen sowie der Eindruck beim Lesen des dann folgenden Vorwortes entstehen könnte.

Das war wohl nur selten das Motiv.

Es handelt sich in erster Lnie um die Präsentation von Vorschlägen von Arbeitern und Ingenieuren, die nur für ihre Kollegen und sich eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und -sicherheit erreichen wollten.

In der DDR gab es keine Marktwirtschaft sondern eine Planwirtschaft.

Es wurde alles geplant, aber zu vieles nicht realisiert.

Die Betriebe waren in der Regel nicht flexibel.

Hilfe war Selbsthilfe.

Improvisieren mit teils primitiven Mitteln führte dann zu den dargestellten Ergebnissen.

Diese mitunter primitiven Arbeitsmittel waren in der DDR zu ihrer Zeit begehrt, teilweise Unikate und oft viel zu selten.

Denn der tatsächliche Stand der Technik war mitunter viel schlechter, als man aus der Broschüre erahnen kann, so daß die ehemalige Anwendung derartiger Arbeitsmittel uns heute mitunter verblüfft.

Uwe Halbach

29. Juli 2000

Vorwort der Broschüre von 1962:

Zitat: „So geht es leichter

Die große Initiative der Werktätigen unserer Republik bei der vollen Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten zur Steigerung der Arbeitsproduktivität hat auch in den Betrieben der Wasserwirtschaft einen starken Widerhall gefunden.

Unsere Kollegen wissen, daß sie mit der Erhöhung ihrer Leistungen zum Sieg des Sozialismus in der DDR, zur weiteren Stärkung unserer Republik und damit zur Erhaltung des Friedens beitragen.

Deshalb streben sie nach immer höheren persönlichen und kollektiven Leistungen, was in der Teilnahme am Produktionsaufgebot seinen Ausdruck gefunden hat.

Die Verbesserung der Arbeitsergebnisse und die Erhöhung der Arbeitsproduktivität in den Betrieben der Wasserwirtschaft, insbesondere bei der Unterhaltung der Kanalisation, hat einen um so größeren Nutzen, je besser wir es verstehen, die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. In diesem Prozeß müssen wir die Forderungen nach dem sparsamsten Einsatz der menschlichen Arbeitskraft sowie nach der Verminderung der körperlich schweren Arbeit gleichzeitig verwirklichen.

Die in dieser Broschüre gegebenen Hinweise sollen dazu beitragen, unsere Pläne schneller und besser zu erfüllen und unsere Arbeitskraft der Gesellschaft zu erhalten. Dabei ist die Mitarbeit eines jeden einzelnen von großer Bedeutung und sein Beitrag, sei er auch noch so gering, wird mit der Vielzahl weiterer Vorschläge zu entscheidenden Verbesserungen führen.

Mit der Kraft und dem Einsatz aller Mitarbeiter der Wasserwirtschaft werden wir dazu, beitragen, unsere Republik ökonomisch weiter zu stärken und das Ansehen unserer Arbeiter-und-Bauern-Macht zu erhöhen.

Um die in den Kanalisationsanlagen arbeitenden Kollegen vor möglichen Gefahren wie Gase, Infektionen, zu bewahren und zu versuchen, die Unzulänglichkeiten, die bisher eine Unsicherheit bei Gang und Stand verursachten, am Arbeitsplatz aufzuheben, ist es notwendig, eine gefahrlose und neue Technik einzuführen, die solche Erschwernisse wie ungünstige Körperhaltung oder Feuchtigkeit weitgehend überwindet. Die physische Belastung der Arbeitskräfte auf ein Minimum zu senken, ist Aufgabe jeder sozialistischen Rekonstruktion.

Verbesserte Arbeitsbedingungen lösen erfahrungsgemäß auch eine Steigerung der Arbeitsproduktivität aus.

Die zu treffenden Maßnahmen werden außerdem zu einer weitgehenden Standardisierung der Geräte und Spezialfahrzeuge führen.

Die Reinigungsmethoden der Kanalisation sind – besonders in den kleineren Wasserwirtschaftsbetrieben unserer Republik – in den häufigsten Fällen während der letzten Jahrzehnte kaum weiterentwickelt worden. Sie entsprechen nicht mehr den Anforderungen, die heute an sie gestellt werden müssen.

Zwar wurden in einigen Betrieben Neuerungen eingeführt, entwickelte sich Initiative bei Teiloperationen des Arbeitsprozesses, doch blieben die Verbesserungen vereinzelt, wurden die Ergebnisse kaum ausgewertet und verbreitet.

Die vorliegende Broschüre will daher alle Werktätigen, die in der Kanalisation tätig sind, durch das Foto mit einigen Neuerungen an Kanalisationsreinigungsgeräten bekanntmachen, um dieser neuen Technik den Weg zu bereiten.

Überall dort, wo sich Kollegen über bessere Arbeitsmethoden und –geräte Gedanken gemacht oder diese Gedanken bereits in greifbare Formen umgesetzt haben, in solchen Fällen also, da sie schon verbesserte oder noch unbekannte Arbeitsgeräte zum Einsatz brachten, fordern wir sie auf, diese Verbesserungen und Erleichterungen über ihren Betrieb dem zentralen BfE der Wasserwirtschaft im Amt für Wasserwirtschaft zum überbetrieblichen Erfahrungsaustausch bekanntzugeben. Wenden Sie sich an Ihr Betriebs-BfE, das Ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen und Ihnen auch helfen wird, Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten und die entsprechende Weiterleitung übernimmt. Sprechen Sie, liebe Kollegen, in den ständigen Produktionsberatungen über Ihre Erfahrungen, die sie im täglichen Umgang mit neuen Geräten sammeln konnten. Arbeiten Sie mit an dieser großen Aufgabe, für sich und Ihre Kollegen bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Realisieren wir die Einheit von Wissenschaft, Technik und Neuerertum.

Weitere Aufgaben

Bei der Entwicklung von Kanalisationsverfahren ist stets von der Funktion des zu reinigenden Anlagenteils auszugehen, in den überwiegenden Fällen ist diese Funktion durch das Reinigungsverfahren zu unterstützen.

Neue Reinigungsverfahren müssen sowohl eine Gefährdung ausschließen, als auch eine geringere physische Belastung der Kollegen erbringen sowie bessere hygienische Verhältnisse bei gleichzeitiger Steigerung der Arbeitsproduktivität schaffen.

Auf Grund der bisher gemachten Erfahrungen erscheint es vorteilhaft, die verschiedenen Formen des Spülverfahrens weiterzuentwickeln und im wesentlich größeren Umfang als bisher anzuwenden. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Entwicklung des Schwebedruckreinigers des Kollegen Engelhardt (Bild 12) hingewiesen.

Als weitere Entwicklung ist das Hochdruckspülverfahren zu erproben und gegebenenfalls im größeren Umfang einzusetzen.

Zur Entnahme von Räumgut aus Schächten, Straßenabläufen, Abscheidern und Schlammfängen sind Fördereinrichtungen verschiedener Art und Größe herzustellen und einzusetzen.

Mit Hilfe entsprechender technischer und hygienischer Einrichtungen (Bauwagen, Unterkunftsräumen u. a. m.) muß den Kanalisationsarbeitern während ihrer Arbeitspausen in unmittelbarer Nähe ihres Arbeitsortes eine beheizbare Unterkunft geschaffen werden.

Die in dieser Broschüre gezeigten Abbildungen sind aus einer Reihe von Fotos neuer Geräte ausgewählt worden. Es ist unser Anliegen, alle mit diesen Problemen beschäftigten Kollegen auf einige Neuerungen und besonders auf die Notwendigkeit neuer Arbeitsmethoden und –geräte hinzuweisen. Die wiedergegebenen Geräte wurden zum größten Teil bei den genannten Betrieben in handwerklicher Fertigung hergestellt. Es ist jedoch erforderlich, den Maschinenbau zu veranlassen, die Geräte entsprechend Bedarf herzustellen.

Wir sind der Meinung, daß es richtig ist, in den Bezirken Erfahrungsaustausche zu organisieren, um die besten Arbeitsmethoden und –geräte in allen Wasserwirtschaftsbetrieben bekanntzumachen und einzuführen.

Beiblatt zur Broschüre „So geht es leichter“

Elektrokarren mit Motorwinde
Aufbau auf handelsüblichem E-Karren. Die Winde wird durch einen Elektromotor angetrieben, der von der Fahrzeugbatterie gespeist wird. Zugkraft der Winde 500 kp, verzinktes Stahlseil, Stärke etwa 8 mm zum Durchziehen von Reinigungsgeräten und der Förderung von Sinkstoffen. Aufbau der Winde: Fa. Herward Thieme, Magdeburg

Motorwinde als Anhänger
Ausleger zur Sinkstoffförderung, Tragkraft 75 kp – Beschreibung der Winde – siehe WWT Heft 10/58

Fahrbare Handwinde – Zugkraft max. 500 kp

HD-Spülgerät (Magdeburg)
Antrieb der Pumpe: Wartburg-Motor (900 cm³)
Pumpe: Typ SHK 50/4, Apollowerke Gößnitz
Man. Förderhöhe an der Pumpe 26 atü

HD-Spülgerät (Rostock)
Antrieb der Pumpe: RS 09 – Dieselmotor
Pumpe: Typ SHK 50/3, Apollowerke Gößnitz
Man. Förderhöhe an der Pumpe 20 atü“

Januar 1962″

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Institut für Wasserwirtschaft Halbach
Schloßstr. 2
08412 Werdau
Tel.: (0 37 61) / 52 66 o. 52 67
Fax: (0 37 61) / 52 68

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