Kapitelverzeichnis
22. Widersprüche beim Gewässerschutz
22.1 Phosphorkreislauf verhindert nachhaltige Selbstreinigung
22.2 Nitrat stört den Phosphorkreislauf
22.3 Schwarze Flecken im Watt
22.4 Stickstoffelimination durch die Abwasserreinigung
22.5 Stickstoffeintrag in Gewässer durch die Abwasserreinigung
22.6 Stickstoff ist grundsätzlich kein Schadstoff
22.7 Denitrifikation nur in besonders begründeten Fällen – Was wäre wenn?
22.7.1 Jährliche Energieeinsparung im Gigawattstundenbereich?
22.7.2 Belebtschlammanlagen sind als „Energiefresser“ klimabelastend
22. Widersprüche beim Gewässerschutz
Seit vielen Jahren gibt es beachtliche Widersprüche beim Gewässerschutz. Diese Widersprüche betreffen jedoch nur einen Teil unserer Maßnahmen zur Reinhaltung des Gewässers und sind nicht allen Experten bekannt. Diese Problematik ist der Allgemeinheit weniger zugänglich, weil zum Verständnis ein wenig Grundlagenwissen der Hydrobiologie[1] notwendig ist. Trotz der mitunter etwas komplizierten Materie wird es aber sicherlich dem interessierten Leser gelingen, die betreffenden Widersprüche nachzuvollziehen.
In diesem Kapitel wird zunächst ansatzweise der Phosphorkreislauf vorgestellt und dabei aufgezeigt, dass einmal in einen See gelangter Phosphor im Jahreszyklus in dem Gewässer kreist und teilweise auch zweimal im Jahr gewässerschädlich wirkt. In weiteren Schritten wird festgestellt, dass Nitrat diesen schädlichen Kreislauf ganz oder teilweise zu unterbrechen vermag. Das ist für den interessierten Leser schon eine fundamentale neue Erkenntnis, da bislang die Allgemeinheit, viele Ingenieure, insbesondere die Umweltpolitiker und der Gesetzgeber davon ausgehen, dass Nitrat grundsätzlich schädlich ist. Vielmehr ist es so, dass es nicht nur nicht schädlich ist, sondern in vielen Fällen ist sogar die Anwesenheit von Nitrat für das Gewässer sehr nützlich!
Nitrat – so wird im Folgenden bewiesen – ist grundsätzlich kein Schadstoff.
(Beabsichtigt der Gesetzgeber diesen Widerspruch zu lösen, so muss er die Abwasserverordnung und das Abwasserabgabengesetz ändern.)
Interessant dürfte in diesem Zusammenhang sein, dass selbst die Wattwürmer bei Anwesenheit von Nitrat in der Nordsee einige Vorteile von diesem vermeintlichen Gewässerschadstoff haben. Außerdem beeinträchtigt die Anwesenheit von Nitrat die Bildung der berüchtigten schwarzen Flecken im Watt. Weiteres zu den Ausnahmen und Regeln sind den Unterabschnitten zu entnehmen.
In diesem Kapitel wird außerdem auf die oft für das Gewässer nachteilige Denitrifikation in deutschen Kläranlagen und auf die Alternativen zum Belebtschlammverfahren eingegangen. Gelänge es energiesparende Kläranlagen, wie beispielsweise das Tropfkörperverfahren verstärkt wieder einzuführen, so würde es zu einem beachtlichen Synergieeffekt zwischen dem Gewässer- und dem Klimaschutz kommen.
Den ganzen umweltökonomischen und -technischen Komplex – der sich mit der Akzeptanz des eigentlich alten, aber nicht beachteten Grundlagenwissens der Wasserwirtschaft erschließt – kann das vorliegende Werk nur ansatzweise aufzeigen und keineswegs komplett darstellen. Auf jeden Fall werden sich in der Aufarbeitung beträchtliche Reserven für einen wirklich nachhaltigen Gewässerschutz aufzeigen.
Insofern sollten auch die wasserwirtschaftlichen Vorhaben, insbesondere jene, die auf eine Stickstoffeliminierung zielen, schnell (um Kosten zu sparen und um Gewässerschaden zu vermeiden) auf den Prüfstand gestellt werden und von Hydrobiologen unter Berücksichtigung der positiven Wirkungen des Nitrates auf die betreffenden Gewässer untersucht werden.
Die in der Vergangenheit oft praktizierte kostenaufwendige Fernhaltung von gereinigtem nitratreichem Abwasser aus manchen unserer Seen ist dann falsch, wenn mit dem Nitrat aus dem Abwasser der Phosphorkreislauf im Gewässer unterbrochen werden kann. Das betrifft natürlich auch die Flutung ehemaliger Seen über phosphatreichem Sediment.
Dieser spezielle Gewässerschutz sollte künftig verstärkt in die Hände erfahrener Hydrobiologen gelegt werden. Gesetzlich lassen sich die von Gewässer zu Gewässer unterschiedlichen Anforderungen nämlich nicht regulieren, weil Gewässer Organismen sind, die sich unseren dogmatischen Regulativen und teils naiven Vorstellungen nie unterwerfen werden. Die dogmatische Bewertung des Gewässers nach der Abwasserverordnung und dem Abwasserabgabengesetz ist in aller Regel für das Gewässer schädlich, wenn es um die Entfernung von Nitrat[2] geht. Das Denkmuster gemäß der gesetzlichen Entscheidung zur Stickstoffeliminierung in Kläranlagen:
„Keine Nährstoffe im Kläranlagenablauf, also auch keine Eutrophierung von Gewässern!?“
war schon immer falsch. Hier scheint es ein Defizit von Grundlagenwissen in der Wasserwirtschaft zu geben oder es handelt sich schlicht und einfach nur um Ignoranz. Das mag aber der Leser bewerten.
[1] kritische Durchsicht von Herrn Prof. Dr. D. Uhlmann, Dresden
[2] Ausnahme – Trinkwassereinzugsgebiete
Auszug:
Handbuch Kommunale Abwasserbeseitigung –
Normative Kosten und Risikoabbau
Institut für Wasserwirtschaft Halbach
Ausgabe 2003, Werdau
ISBN-Nr. 3-00-011255-3
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