Auszüge aus einem Gutachten

Redaktion 09.12.1999

Inhaltsverzeichnis

Quintessenz
Hinweise zur Refinanzierung
Hinweise für eine Übergangslösung
Entscheidungsaspekte für eine Gruppenkläranlage
Zusammenfassung des Gutachtens

Quintessenz:

  • Hauskläranlagen für jedes Haus einer Ortschaft können genauso teuer oder sogar aufwendiger werden, als wenn die betroffene Siedlung eine zentrale Abwasserbeseitigung aufbaut. Das hängt davon ab, wie es den Bauherren gelingt, preiswerte aber wertvolle Lösungen umzusetzen. Wenn einerseits alle Hauseigentümer mehr oder weniger zufällig für ihre Hauskläranlagen letztendlich mehr bezahlen, als sie bräuchten und wenn andererseits die Kommune unnötige Kosten bei der zentralen Abwasserbeseitigung zu vermeiden versteht, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die dezentrale Hauskläranlagenlösung aufwendiger wird, als die Kanalisation und eine zentrale Kläranlage.
  • Die technische Lösung ist abhängig von der Intensität der Finanzierung, d. h. wenn die Fördermittel nur „tröpfchenweise“ fließen, dann können Lösungen mit niedrigeren Jahreskosten, aber hohen einmaligen Aufwendungen – also zentrale Modelle – nicht realisiert werden. Hier gilt das Sprichwort „Der arme Mann lebt teuer!“

Das Problem besteht nur darin, dass vorteilhafte zentrale Lösungen im dünnbesiedelten Raum meist nicht schrittweise realisiert werden können, weil in diesen Fällen sonst erhebliche nicht nutzbare Investitionen über einen längeren Zeitraum nicht refinanziert werden können.

Im ländlichen Raum müssen aus Refinanzierungsgründen oft alle erforderlichen Investitionen ziemlich gleichzeitig begonnen und in kurzer Zeit abgeschlossen werden.

In einem Fall erfordert die Vorfinanzierung und Förderung sowie die Realisierung die Bereitstellung einer Investitionssumme von 4,3 Mio € innerhalb von maximal 2 Jahren für nur etwa 1.050 Einwohner.

Das heißt, es sind alle Ortskanalnetze (3,2 Mio €) im Bereich des Gesamtgebietes sowie zusätzlich die Verbindungssammler und die Überleitung nach A-Stadt zu finanzieren. Die Überleitung kostet allein etwa 1,1 Mio €.

Der Investitionsbedarf von 4,3 Mio € für 5 kleine Gemeinden ist zwar langfristig gesehen und gemessen daran, was Abwasseranlagen sonst kosten, ein verhältnismäßig günstiger Betrag, aber trotzdem mit einem hohen Refinanzierungsrisiko belastet, so dass die Investitionen einer außergewöhnlich sorgfältigen Vorbereitung und finanziellen Absicherung bedürfen.

Allein aus dem Grund, weil die finanziellen Mittel nicht auf einen Schlag bereitgestellt werden können, sind Investitionsabschnitte zu planen, die sofort refinanzierbar werden.

Hinweise zur Refinanzierung

Grundsätzlich sollte mit weitergehenden Planungen erst begonnen werden, wenn hinreichend sicher abgeklärt wurde wie das Refinanzierungskonzept aussehen soll.

Außerdem ist zu gewährleisten, dass die Refinanzierungen sicher erfolgen.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Vorfinanzierungskosten die Investitionssumme in aller Regel um 2,5 % erhöhen!

Bei zu zeitigem Planungsbeginn besteht die Gefahr, dass die Planungen zum Realisierungszeitpunkt veraltet sind.

Finanzierungsvoraussetzung ist auch ein besonders hoher Anteil der Bereitstellung von Fördermitteln. Besonders hoch deshalb, weil es sich nur um wenige Einwohner handelt (1.050), deren Abwasserentsorgung völlig neu gestaltet werden soll.

Relativ sicher lässt sich das Refinanzierungskonzept überprüfen, indem auf der Grundlage des KAG eine überschlägliche Gebühren- und Beitragskalkulation über einen hinreichend langen Zeitraum vor Investitionsbeginn erfolgt.

Hinweise für eine Übergangslösung

Im Einzugsgebiet der künftigen zentralen Kläranlage gibt es Tendenzen zum verstärkten Bau von Grundstückskläranlagen.Aufgrund der konzeptionellen Vorstellungen für die Zukunft und insbesondere des wasserrechtlichen Erfordernisses der Errichtung von zentralen Abwasserentsorgungsanlagen, ist von einem Neubau der Grundstückskläranlagen abzuraten.

Dem Grunde nach gibt es einen Einleitungs- und Benutzerzwang öffentlicher Abwasseranlagen, so dass – wenn perspektivisch eine zentrale Abwasserentsorgung genutzt werden kann – diese auch zu nutzen ist.

Die Errichtung von Grundstückskläranlagen mit einer Nutzungsdauer von nur 15 Jahren ist insofern eine Notlösung, weil Grundstückskläranlagen auch lange nach ihrem Abschreibungsende in Gebrauch bleiben können und damit erst besonders wirtschaftlich sind.

Diese Vorteile können bei dem Neubau von Grundstückskläranlagen nicht erschlossen werden, wenn in z. B. 15 Jahren eine zentrale Abwasserentsorgung nutzungsfähig ist.

Von wirklichen Einzelfällen abgesehen, sollte ein Neubau, eine Modernisierung oder eine Leistungssteigerung von Grundstückskläranlagen nur dann erfolgen, wenn es von der Wasserbehörde für notwendig gehalten wird, oder wenn die Grundstückskläranlage nicht mehr der DIN 4261 Teil 1 bzw. der TGL 7762 entspricht.

Es ist um ein Vielfaches wirtschaftlicher, zweckmäßiger und für die Gewässerreinhaltung dienlicher, wenn die privaten Mittel konzentriert für eine zentrale Abwasserentsorgung eingesetzt werden können.

Entscheidungsaspekte für eine Gruppenkläranlage

Folgende Aspekte sprechen für den Bau einer zentralen Kläranlage für 5 Gemeinden:

  • Als perspektivische Lösung kommt aus wasserrechtlichen Gründen nicht in Betracht, dass jedes Haus in den untersuchten Siedlungen eine eigene Grundstückskläranlage bekommt.
  • Aufgrund der geringen Entfernung zwischen den Orten, ist es unzweckmäßig, dass jeder Ort eine separate Kläranlage erhält, auch weil eine Druckleitung zum nächsten Ort recht günstig zu realisieren ist.
  • Die Überleitung des Abwassers nach A-Stadt lässt einen allmählichen Investitionsverlauf nicht zu, sondern erfordert die Realisierung eines relativ großen Investitionsumfanges in sehr kurzer Zeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass die notwendigen Fördermittel „auf einen Schlag“ bereitgestellt werden, ist äußerst gering.
  • Die schrittweise Kanalisierung aller 5 Orte und die Errichtung einer zentralen Kläranlage scheint bisher von den untersuchten Varianten die Lösung mit den „kleinsten Übeln“ zu sein.

Zusammenfassung

Für die Gemeinden A-Dorf, B-Dorf, C-Dorf, D-Dorf und E-Dorf war eine ökologische und kostengünstige Variante der Abwasserentsorgung auf der Grundlage der Basisdaten sowie nach dem Stand der Technik zu ermitteln.

Die langfristige Gestaltung der Abwasserentsorgung, dass beinahe jedes Haus einer geschlossenen Siedlung eine eigene Hauskläranlage erhält, widerspricht nicht nur den gesetzlichen Bedingungen, sondern führt aus den verschiedensten Gründen zu nachteiligen Gewässerbelastungen.

Aus diesem Grund ist für die Zukunft eine Zentralisierung der Abwasserbehandlung anzustreben.

Folgende Variantenuntersuchungen und Bewertungen wurden vorgenommen:

  1. Variantenuntersuchungen zur Abwasserbehandlung innerhalb eines Grundstückes
  2. Variantenuntersuchungen zur Abwasserableitung innerhalb der Orte
    – Variantenvergleich zwischen Druck- und Freispiegelentwässerung
    – Bewertung vorhandener Mischwasserkanäle in B-Dorf
    – Bewertung erschwerter Entwässerungsbedingungen in E-Dorf
  3. Variantenuntersuchungen zur zentralen Abwasserbehandlung für eine Siedlung
  4. Variantenuntersuchungen zur zentralen Abwasserbehandlung für fünf Siedlungen
  5. Variantenuntersuchungen zur zentralen Abwasserbehandlung in A-Stadt

Auswahl der Untersuchungsergebnisse:

  • Von wirklichen Einzelfällen abgesehen, sollte ein Neubau, eine Modernisierung oder eine Leistungssteigerung von Grundstückskläranlagen nur dann erfolgen, wenn es von der Wasserbehörde für notwendig gehalten wird, oder wenn die Grundstückskläranlage nicht mehr der DIN 4261 Teil 1 bzw. der TGL 7762 entspricht. Es ist um ein Vielfaches wirtschaftlicher, zweckmäßiger und für die Gewässerreinhaltung dienlicher, wenn die privaten und staatlichen Mittel für eine effiziente zentrale Abwasserentsorgung eingesetzt werden können.
  • Die Lösung mit dem größten Nutzen besteht in einer zentralen Abwasserableitung und zentralen gemeinsamen Abwasserbehandlung für alle 5 Siedlungen. Ein Variantenvergleich zur Zentralisierung der Abwasserbehandlung zeigt keine großen monetären Unterschiede bei der Variante, bei welcher jeder Ort eine Kläranlage erhält gegenüber der Variante, bei der für alle 5 Siedlungen eine gemeinsame Kläranlage errichtet wird.
  • Grundsätzlich ist festzustellen, dass die 5 Gemeinden sich in ihrer Größe, Topographie und Siedlungsstruktur ähneln, so dass im Rahmen dieser ersten Voruntersuchungen davon ausgegangen wird, dass die Ergebnisse aus Variantenuntersuchungen, die in einem Ort gewonnen wurden, auch auf die anderen 4 Siedlungen übertragbar sind.
  • Der Gutachter schätzt ein, dass im Rahmen einer künftigen Vorplanung und der späteren Wartung der Pumpwerke erhebliche Kostenvorteile in der Druckentwässerung liegen, die jedoch von der Planung und dem Verband noch zu erschließen sind. Bei künftigen Analysen sind aber auch Kombinationen zwischen Druck- und Freispiegelentwässerungen zu untersuchen.
  • In der Tabelle 15 kann die Ermittlung der spezifischen Kosten der zentralen Ortskläranlagen nachvollzogen werden, wobei der „natürlich belüftete Teich“ gegenüber der „Pflanzenkläranlage“ 12 % kostengünstiger ist.
  • Höhere Erschließungskosten bei dem Kanalbau in E-Dorf ergeben sich durch vorhandene Beton-Panzerstraßen und die etwas weitere Entfernung der Häuser von der Straße. Insgesamt wird eine Kostensteigerung von 8 % angenommen. Im Vergleich zu den spezifischen Kosten der Ortsentwässerung in C-Dorf zeigt sich aber, dass die Investkostenerhöhung in E-Dorf von 8 % nur in geringem Maße auf die spezifischen Kosten durchschlägt und offensichtlich keine gravierende spezifische Gesamtjahreskostenerhöhung verursacht.
  • In B-Dorf gibt es Fragmente eines neuen Mischwasserkanalnetzes. Aufgrund der Unterlastung ist insbesondere beim Mischwasserkanalnetz mit höheren Betriebskosten und sehr wahrscheinlich mit bedeutenden Geruchsbelästigungen zu rechnen. Deshalb empfiehlt der Gutachter, die vorhandenen Mischwasserkanäle als solche nicht zu nutzen. Im Rahmen gesonderter Untersuchungen bietet sich an zu prüfen, ob in die vorhandenen Mischwasserkanäle entweder ein endloses Plasterohr (evtl. DN 200) für einen konventionellen Freispiegelschmutzwasserkanal eingezogen wird, oder ob in die Kanäle vorzugsweise Druckleitungen (DN 80) für eine Druckentwässerung installiert werden sollten.
  • Die günstigste Lösung ist es, das Abwasser zur Kläranlage nach A-Stadt zu fördern. Das Problem besteht jedoch darin, dass diese Lösung nicht schrittweise realisiert werden kann, weil in diesem Falle erhebliche nicht nutzbare Investitionen über einen längeren Zeitraum keinesfalls refinanziert werden können. Wenn es gelingt, die erforderlichen finanziellen Mittel „auf einen Schlag“ bereitzustellen, dann wäre die Abwasserbehandlung in A-Stadt eine sehr interessante Lösung, die jedoch dann einer Tiefenprüfung bedarf.
  • Die Vorzugsvariante – aus der Sicht des Gutachters – besteht möglicherweise in einer zentralen Druckentwässerung (noch im Detail prüfen!) und in einer zentralen Kläranlage für alle 5 Siedlungen.
  • Es ist notwendig, langfristige Investitionskonzeptionen von Zeit zu Zeit auf den Wahrheitsgrad der Annahmen aus neuerer Sicht zu prüfen.

Die Orientierung auf eine Variante – die dargestellte Vorzugslösung – ist auch das Ergebnis eines subjektiven Abwägungsprozesses des Gutachters. Es ist wichtig zu wissen, dass auch diese Variante Nachteile hat, was bei jeder anderen Entscheidung auch zutreffen kann. Der Sachverständige ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die vorgeschlagene Lösung die Alternative mit den „geringsten Übeln“ ist. Es bleibt der Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Werk überlassen, ggf. weitere untersuchenswerte Aspekte aufzuzeigen oder auch die Varianten anders zu bewerten.

Möglicherweise sind in 5 oder 10 Jahren andere Entscheidungsaspekte für die Beurteilung relevant, so dass dann eine andere Variante – z. B. die Überleitung des Abwassers nach A-Stadt – als neue Vorzugslösung zu wählen ist.

Uwe Halbach

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