Uns ist aufgefallen, dass sehr viele Kostenvergleichsrechnungen methodisch falsch sind.

Damit sind auch die Ergebnisse falsch, die mit derartig falschen Methoden erzielt wurden.

Für die Anwendung jeder Methode sind besondere Voraussetzungen (Bedingungen) einzuhalten. Nur dann ist das Ergebnis korrekt.

So ist z. B. jedem klar, dass man beim Marathonlauf kein Pferd an den Start lässt. Das Pferd würde die Ergebnisse verfälschen. Die Ergebnisse sind wohl interessant, aber nicht vergleichbar.

Kostenvergleichsrechnungen sind nur dann als alleinige Bewertungsmethode zulässig, wenn die Untersuchungsvarianten tatsächlich über einen gleichen Nutzen verfügen und gleiche Risiken aufweisen.

Meist sind die Nutzen und Risiken der Varianten aber nicht gleich.

Über einen zweifelsfrei unterschiedlichen Nutzen verfügen z. B. folgende Beispiele:

  • technische Kläranlage oder Abwasserteichkläranlage
  • Freispiegelkanal oder Druckentwässerung oder Vakuumentwässerung
  • landwirtschaftliche Klärschlammverwertung oder Klärschlammverbrennung
  • Klärschlammverbrennung oder Klärschlammtrocknung
  • Eigenleistung oder Outsourcing
  • Neubau oder Modernisierung
  • Kommunaler Eigenbetrieb oder AZV oder Privatisierung
  • Fremdwasserminimierung oder moderater Fremdwasseranteil

Auch bei Organisationsuntersuchungen sind die Nutzen in aller Regel nicht gleich! (In diesem Fall spielen beispielsweise oft Interessen und Risiken eine große Rolle.)

Insofern sind auch bei Organisationsuntersuchungen Kostenvergleiche oder Gebührenvergleiche meist ohne Weiteres allein nicht zulässig und sie sind dann methodisch falsch und die damit erarbeiteten Ergebnisse ebenso.

Die Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen enthalten nun einige einführende Hinweise, die jedoch selten Beachtung finden.

Im Falle einer Überprüfung von Kostenvergleichen durch einen Gutachter wird dieser sich zuallererst mit den Eingangsdaten befassen und dann prüfen, ob die richtige Untersuchungsmethode verwandt wurde.

Mühevoll erarbeitete Kostenvergleichsrechnungen sind gutachterlich mit verhältnismäßig geringem Aufwand zu entwerten, wenn die Bearbeiter die falsche bzw. eine unvollständige Untersuchungsmethode gewählt haben.

Wenn die Kosten nicht vergleichbar sind, dann wäre beispielsweise zu prüfen, ob eine Kosten-Nutzwert-Analyse die bessere Methode ist.

Grundsätzlich kann wohl davon ausgegangen werden, dass alle Privatisierungsuntersuchungen, die ausschließlich nur auf Kostenvergleichen beruhen und bei denen man die Vor- und Nachteile mehr oder weniger lax bewertete, falsch sind. Einfach deshalb, weil die Nutzen (Risiken) der untersuchten Varianten unterschiedlich sind und man Äpfel mit Birnen verglichen hat.

Der Nachteil einer reinen Kostenvergleichsrechnung liegt in ihrer besonders leichten Manipulierbarkeit.

Kosten-Nutzwert-Analysen sind zwar auch manipulierbar, aber wieder einfacher (z. T. ohne besonderes Fachwissen) zu prüfen. Der Bearbeiter muss nämlich umfänglich begründen, warum er welchem Verfahren einen größeren Nutzen zugeordnet hat. Und diese Überlegungen können dann wieder leichter von allen Beteiligten nachvollzogen werden.

Eine Kosten-Nutzwert-Analyse unter aktiver Beteiligung kommunaler Entscheidungsträger ist auch ein Mittel zur Zurückdrängung von Korruption, weil sie zur Transparenz der Entscheidungen beiträgt und insgesamt das kommunale Entscheidungsniveau erheblich anhebt. Eine Voraussetzung ist natürlich eine unabhängige Beratung der Kommune.

Kosten-Nutzwert-Analysen sind interdisziplinäre Untersuchungen und in der Regel keine Domäne von Ingenieurbüros.

Auf eine Tatsache ist nicht oft genug hinzuweisen:

Grundlage jeder Investitionsrechnung ist die falsche Annahme, dass der Investor über vollkommen sichere Erwartungen verfügt.

(Kruschwitz, Lutz: Investitionsrechnung, Oldenbourg, R, 12., aktualisierte Auflage 03.11.2008)

Im Folgenden trotzdem einige Auszüge aus den Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen, was uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig erschien.

Uwe Halbach

(Der Artikel am 01.09.2011 und am 22.03.2018 überarbeitet bzw. ergänzt)

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Auszug aus den Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leitlinien)

„1.2 Methodische und instrumentelle Abgrenzung

Die Kostenvergleichsrechnung stellt danach die einfachste Methode dieser Bewertungsverfahren dar….

Die Rechnung stellt ein einseitig an der Kostenseite orientiertes Bewertungsverfahren dar. Es erfolgt lediglich eine Gegenüberstellung der monetär bewerteten kostenmäßigen Wirkungen der Alternativen, ohne daß die Nutzenseite in den Vergleich eingeht….

…Die Anwendung der Kostenvergleichsrechnung unterliegt somit im wesentlichen folgenden einschränkenden Bedingungen:

  • Nutzensgleichheit der Alternativen,…
  • Äquivalenz monetär nicht bewertbarer Kostenwirkungen, d.h. dürfen keine Bedeutung haben…

…Über die absolute Vorteilhaftigkeit, also die Frage, ob die Nutzen größer als die Kosten sind, wird nichts gesagt, da die Nutzenseite in diesem ausschließlich kostenorientierten Alternativvergleich gänzlich unberücksichtigt bleibt.

2.1 Vorfeld der Kostenvergleichsrechnung

Weiterhin ist in jedem Fall zu Beginn der Untersuchung abzuklären, ob die Kostenvergleichsrechnung eine ausreichende Entscheidungshilfe liefert.

Die methodische Eignung hängt davon ab, ob ein

  • relativer Wirtschaftlichkeitsnachweis ausreicht und gleichzeitig
  • die zu vergleichenden Alternativen hinsichtlich ihrer Nutzen und Sozialkosten äquivalent sind.

3.2.2 Anforderungen für Kostenvergleiche

…Um Fehlentscheidungen zu vermeiden, müssen die Vorplanungen soweit ausgedehnt werden, dass eine situationsgerechte Beurteilung erfolgen kann….

Da in den frühen Planungsstadien die größten Kostenbeeinflussungen gegeben sind, genügt es für den Alternativvergleich auf der Basis von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen allgemein nicht, die Betrachtungen unter Verwendung grober Kostenkennwerte durchzuführen….

Treten Kostenunsicherheiten auf, die eine Ausgrenzung von Alternativen zweifelhaft erscheinen lassen, so ist die Informationsbasis zu verbessern, bis eine rationale Entscheidung für oder gegen eine Konzeption gefällt werden kann.“

Quelle:
Länderarbeitsgemeinschaft Wasser
„Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen“ (KVR-Leitlinien)
überarbeitete Ausgabe von 1998
Kulturbuchverlag Berlin GmbH
Sprossenweg 3
12351 Berlin
Tel.: 030/661-8484
Fax: 030/661-7828

Aktualisiert am 22.03.2018:

Nachtrag „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen“ (KVR-Leitlinien)
8. überarbeitete Ausgabe von 2012

Einschränkende Bedingungen bei der Anwendung der Kostenvergleichsrechnung:

„Bei dieser allein an der Kostenseite orientierten Bewertung erfolgt lediglich eine Gegenüberstellung der monetär bewerteten kostenmäßigen Wirkungen der Alternativen, ohne dass die  Nutzenseite in den rechnerischen Alternativenvergleich eingeht.

Entsprechend weitergehende Betrachtungen verfolgt das Ergiebigkeitsprinzip, das auf die Maximierung der Ertrags-Aufwand-Relation ausgerichtet ist.

Die Anwendung der Kostenvergleichsrechnung unterliegt somit im Wesentlichen folgenden einschränkenden Bedingungen:

  •  normative Zielvorgabe, d. h., eine bestimmte vorgegebene Leistung ist zwingend zu erbringen
  • Nutzengleichheit der Alternativen mit der Ausnahme: die kostengünstigste Alternative weist zudem die größten Nutzenüberschüsse gegenüber den anderen Alternativen aus
  • Äquivalenz monetär nicht bewertbarer Kostenwirkungen. In Geldeinheiten nicht bewertbare negative Konsequenzen (z. B. intangible Sozialkosten) lassen sich in dieser Art von Vergleichsrechnung rechentechnisch nicht berücksichtigen. Sofern solche Effekte für die Entscheidungsfindung ohne Bedeutung sind oder sie bei den Alternativen in gleicher
    Größenordnung auftreten, entsteht natürlich kein zusätzlicher Abwägungsbedarf. Treten allerdings diesbezügliche Unterschiede auf, so lassen sie sich verbal-argumentativ in der Gesamtbeurteilung der Alternativen behandeln.

Als Konsequenz aus diesen Einschränkungen ergibt sich, dass die Kostenvergleichsrechnung nur eine Aussage über die relative Vorteilhaftigkeit zulässt, d. h., darüber informiert, in welchem Grad die eine Alternative kostengünstiger ist als die andere. Über die absolute Vorteilhaftigkeit, also die Frage, ob die Nutzen größer als die Kosten sind, liefert sie keine Aussage, da die Nutzenseite in diesem ausschließlich kostenorientierten Alternativvergleich gänzlich unberücksichtigt bleibt.“

Festzustellen ist, dass es hinsichtlich einer notwendigen Nutzensgleichheit bei Kostenvergleichen zwischen den Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen von 1998 und 2012 keine Unterschiede gibt, was zu erwarten war.

Kostenvergleichsrechnungen

Bestellung der Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen, 8. überarbeitete Auflage – (Juli 2012)

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)
Theodor-Heuss-Allee 17,
53773 Hennef

 

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