biologische Sauerstoffbedarf
Der biologische Sauerstoffbedarf im Ablauf von Kläranlagen
und fragwürdige Grenzwertverschärfungen
Einführung
Worum geht es?
Thema und Anlaß dieses Beitrages ist der häufigen Verstoß gegen wasserwirtschaftliche Prinzipien, konkret durch unverhältnismäßige Auflagen bzw. unverhältnismäßige Ziele beim Gewässerschutz. Dies wird im Folgenden am Beispiel der Überwachungswertverschärfung des biologischen Sauerstoffbedarfs bewiesen.
Bei Überwachungswertverschärfungen sind meist folgende Fakten festzustellen:
- Die Überwachungswertverschärfungen sind unmittelbar nicht hinreichend für den definierten Zielzustand. Damit fehlt der Nutzen.
- Die Überwachungswertverschärfungen sind mittelbar nicht hinreichend für den definierten Zielzustand, weil dafür beispielsweise das Gewässer grundlegend in den ehemaligen Zustand zu versetzen ist, der geherrscht hat, als es den Menschen noch nicht gab.
- Der Zielzustand ist schädlich für andere Zustände, die nicht bewertet oder willkürlich ignoriert werden.
Diese ganzen Überlegungen und Entscheidungen werden in der Regel (es gibt Ausnahmen) willkürlich gefällt. So ist es verbreitet, Überwachungswertverschärfungen emotional und nicht sachlich zu begründen. D.h. es wird für irgendetwas Unbestimmtes etwas Gutes „begründet“ oder getan, ohne Verantwortung für die Zielerreichung übernehmen zu müssen.
Im Beitrag wird auf die Komplexität und die Konsequenzen der Verschärfung eingegangen und auch erläutert, warum der Effekt und Nutzen solcher Auflagen häufig völlig unbedeutend ist, oft nicht eintritt und zu dem wird erläutert, dass der Aufwand dafür meist in keinem Verhältnis zu Nutzen steht.
Beantwortet wird auch die Frage, ob die Forderung, Abwasser nach dem Stand der Technik zu behandeln, eine Verschärfung der Überwachungswerte begründen könnte.
Voraussetzung dafür ist die Beschäftigung mit dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen und dem Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung.
Nach der Definition des biologischen Sauerstoffbedarfs folgt ein Fallbeispiel mit dem auf einfache Weise bewiesen wird, dass eine Verschärfung des Überwachungswertes des biologischen Sauerstoffbedarfs erstens nutzlos ist und zweitens für den Abwasserbeseitigungspflichtigen nur aufwendig und riskant ist.
Freude sollte verbreiten, dass für diese Nachweise nur kleine mathematische Kenntnisse erforderlich sind.
Man sollte auch von den Dingen, die man berechnet oder verschärft eine gewisse Grundkenntnis haben, damit man weiß was man tut und die Konsequenzen seines forschen Handelns erahnen kann; ähnlich kompetent wie ein Arzt handeln, der weiß wie sein Blutdruckmessgerät funktioniert und wie er die Messwerte zu bewerten hat.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann ist man bereit zum Erkennen der Welt und in diesem Fall zum Bewerten einer Überwachungswertverschärfung des biologischen Sauerstoffbedarfs im Ablauf von Kläranlagen.
Beginnen wir nun mit der Definition ausgewählter Begriffe.
Was ist unverhältnismäßig?
Unverhältnismäßig ist ein Ziel oder ein Weg z.B. dann,
- wenn der Nutzen nicht hinreichend gewährleistet wird,
- wenn der Nutzen ausbleibt oder
- wenn es andere Methoden gibt, bei denen der gleiche Nutzen mit weniger Aufwand erzielt werden kann
Zu 1.: Verdeutlichen mag dies die Tabelle 1. Wenn für die Erreichung der chemischen Gewässergüteklasse II-III trotz extremer Reduzierung der Phosphatkonzentrationen im Kläranlagenablauf bis hin zur fiktiven Stilllegung der Kläranlage eine Gesamtphosphorkonzentration von <= 0,3 mg/l im Fließgewässer nicht gewährleistet werden kann, dann liegt wegen unverhältnismäßigen Handelns Aktionismus oder/und Willkür vor. Der Kläranlagebetreiber wird zu nutzlosen und kostspieligen Handlungen gezwungen. Das ist nach meinen nicht repräsentativen Beobachtungen eine häufige Situation.
Zu 2.: Selbstverständlich
Zu 3.: Übermäßiges Algenwachstum oder das Risiko einer Ammoniakdissoziation kann durch eine Senkung der Ammoniumkonzentration oder aber auch durch eine preiswertere Beschattung der Fließgewässer erreicht werden. Seitens der Gewässerverwaltung wird häufig die Verschärfung der Überwachungswertes NH4+-N (wohl aus Bequemlichkeit) genutzt. Bei der Verschärfung des Überwachungswertes NH4+-N hat man schnell die Kommune, den Abwasserzweckverband oder eine Industriebetrieb beim Wickel. Wen aber greift man sich bei der Beschattung der Gewässer?
Ein Nutzen ist konkret, wer aber kennt ihn?
Selten ist zu beobachten, dass eine Verschärfung des Überwachungswertes konkret (z.B. konkrete Flussperlmuschel) begründet wurde. Häufig waren dagegen falsche Argumentationen mit abstrakten Prämissen, z.B.:
- Ihr schafft das mit Links
- Den Wert haltet ihr ja sowieso schon ein.
- Grenzwerte sind nach dem Stand der Technik zu verschärfen, wenn die Technik es erlaubt
- Wir müssen Gutes tun und die EU-WRRL einhalten.
- Für den guten chemischen Gewässerzustand ist eine Verschärfung der Überwachungswerte notwendig.
Ohne Verhältnismäßigkeitsbeweis kein Nachweis der Einhaltung des Sparsamkeitsprinzips
Das Problem ist, dass mit derartigen nutzlosen (im Sinne des Wortes) Begründungen ein Verhältnismäßigkeitsbeweis nicht zu führen ist.
Ohne Verhältnismäßigkeitsbeweis ist aber ein Nachweis der Einhaltung des Sparsamkeitsprinzips unmöglich.
Die Umsetzung derartiger Forderungen ist also Kommunen und Abwasserzweckverbänden (und auch den Wasserbehörden) wegen Verstoßes gegen das Sparsamkeitsprinzips verboten.
Sie alle sind dem Grundsatz der Sparsamkeit unterworfen und müssen damit nützliche Dinge tun. Fehlt der Nutzen oder der Nutzenbeweis, dann war alles umsonst und man hat eine schöne wasserwirtschaftliche Fehlinvestition.
Typisch beim praktizierenden Gewässerschutz sind folgende Merkmale
- Die Maßnahme ist nicht notwendig weil sie ein Irrtum war.
- Die Maßnahme erfordert einen Qualitätssprung (vergleiche Tabelle 1), der aber nicht erreicht wird.
- Für die Erfüllung der Maßnahme sind weitere Voraussetzungen – und um Fehlinvestitionen zu verhindern – möglichst zeitgleich notwendig
Auffallend ist, dass sich auch Jahre nach einer Verschärfung der Überwachungswerte niemand mehr dafür zu interessieren scheint, ob die Verschärfung tatsächlich jemals hinreichend nützlich war oder ob sie heute überhaupt noch etwas nützt. Die Kosten für das in der Regel Nutzlose fallen aber täglich an. Ich kenne dafür einige Beispiele.
Widerspruch der Aktionen
Damit der geneigte Leser versteht was Fakt ist, dann betrachte und vergleiche er die folgenden zwei Fotos.
Bei welchem der beiden Gewässer würden sich wohl überdurchschnittliche Gewässerschutzmaßnahmen selbst erklären?
Wenn also ein Gewässer mit Überwachungswertverschärfungen „geschützt“ werden soll, sollte man vorher wissen was passiert. Das dafür notwendige Grundlagenwissen wurde früher in der Berufs- oder Ingenieurschule vermittelt.
Ob das heute noch der Fall ist, kann ich nicht beurteilen, aber irgendwie scheint es Schwierigkeiten mit dem Lernen oder selbständigen Denken zu geben, vom wohl fehlenden Grundlagenwissen in Wasserchemie, Hydrobiologie oder gar Ökologie ganz zu schweigen. Oder die Experten haben nichts zu melden.
Und schließlich zu dem Aspekt: Man stelle sich vor die Bürger eines Verbandes werden gezwungen sehr viel Geld für irgendwelche Zustands“verbesserungen“ an dem Meliorationsgraben auszugeben.
Und dann?
Dann kommt der Gewässerunterhaltungsverband mit einem Bagger und reinigt mit einem scharfen Löffel das teuer bezahlte Biotop. Am Ende ist fast jede Neuschöpfungen der Gewässerverwaltung dann mausetot und wird „biomäßig“ entsorgt.
Zur Gewässerunterhaltung ein Wort: Sie ist notwendig. Unterbleibt sie wegen unrealistischer ökologischer Ziele, dann steigt nicht nur der Grundwasserstand, sondern die Häuser bekommen nasse Keller und Landwirtschaft – vom Reisanbau mal abgesehen – kann man vergessen.
Wie es die Landschaft mit und ohne Gewässerunterhaltung aussehen wird, kann im Landschaftsschutzgebiet „Fauler See“ bei Wanzleben betrachtet werden. Man vergleiche Foto 1 mit Foto 3 des Beitrages „Überlegungen zur Renaturierung des Domerslebener Sees“
Im Folgenden nun geht es um den Effekt der weiteren Verbesserung der Abwasserbehandlung wobei zu bedenken ist, dass Deutschlands Kläranlagen in der Regel fast in jeder Hinsicht weltspitze sind. Es geht heute darum, der Beste der Besten der Besten zu sein, wobei Geld oder Verhältnismäßigkeit eher eine untergeordnete Rolle spielt.
Allgemein wird Abwasser in Kläranlagen behandelt
Soll Abwasser in Gewässer eingeleitet werden, so ist eine vorherige Behandlung des Abwassers erforderlich.
Der Grad der Behandlung richtet sich nach der Kläranlagengröße.
Je größer die Kläranlage ist, desto größer hat der Wirkungsgrad ihrer Behandlung zu sein.
Mindestanforderungen für den biologischen Sauerstoffbedarf bei Einleitung von gereinigtem Abwasser in Gewässer
Die Konzentration der Abwasserinhaltsstoffe, die im Ablauf von Kläranlagen einzuhalten sind, wurden in der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung – AbwV) abhängig auch von der Abwasserart (z.B. für kommunales Abwasser gilt die Anlage 1 der Abwasserverordnung) festgelegt. Siehe dazu die Tabelle 1.
Die von Kläranlagen einzuhaltenden Konzentrationen von Abwasserinhaltstoffen werden auch Überwachungswerte genannt.
Die Überwachungswerte sind einzuhalten.
Mit der Einhaltung der Überwachungswerte wird unterstellt, dass das Abwasser nach dem Stand der Technik behandelt wird.
Das ist eine Vorschrift aus dem Wasserhaushaltsgesetz.
Die Gewässerverwaltung hat das Recht, in begründeten Fällen die Mindestanforderungen nach Anhang 1 der Abwasserverordnung zu erhöhen.
Man spricht dann von einer Verschärfung der Überwachungswerte. Von dieser Verschärfung wird häufig Gebrauch gemacht, weil man glaubt, somit den guten wasserchemischen Zustand lt. EU-WRRL erreichen zu können.
Die Einhaltung der Überwachungswerte bzw. sie selbst entsprechen einem vorweggenommen Sachverständigengutachten über die Verhältnismäßigkeit der Abwasserbehandlung und bescheinigen damit eine Abwasserbehandlung nach dem Stand der Technik. D.h. es müssen im Falle einer Verschärfung der Überwachungswerte außergewöhnliche Gründe vorliegen, um eine Abwasserbehandlung zu fordern, die den Stand der Technik übertrifft.
Der Laie glaubt gemeinhin an die falsche Annahme, der Stand der Technik sei der „letzte Schrei“ der Technik. Demnach wäre z.B. die Abwasserdestillation mit Windkraftenergie sowie Vor- und Nachlaufabtrennung bei abschließender Aktivkohlefiltration Stand der Technik. Das Resultat wäre Trinkwasser. Der Leser erkennt die Tücke des Begriffes.
Im folgenden Abschnitt wird der Stand der Technik definiert.
Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik nach Anlage 1 des WHG
Dem Anhang 1 WHG sind für die Bewertung des Standes der Technik folgende drei notwendige Voraussetzungen zu entnehmen:
„Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind unter Berücksichtigung
- der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen
- des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung,
- jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:
…“
Durch die „und-Verknüpfung“ ist die Bestimmung des Standes der Technik dann hinreichend nachgewiesen, wenn alle 3 Voraussetzungen erfüllt sind. Der Nachweis ist nicht erbracht, wenn wenigstens eine von den 3 Prämissen fehlt.
Zudem gilt:
Wer besorgt ist, hat die Verhältnismäßigkeit der von ihm beauflagten Mittel zur Minderung seiner Sorge zu beweisen, es sei denn die Sorge verursacht z.B. ein nicht überschaubarer Industriebetrieb.
Als Beweis einer nachhaltigen Sorge ist auch nicht das Gefühl des Bauches zu befragen, sondern es gilt die seit 19 Jahren ignorierte (warum?) und weitgehend unbekannte endgültige Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Siehe also die Leitlinien zur Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips, Brüssel, 02.02.2000, KOM (2000)).
Wird dagegen die Sorge wie üblich eher lax und nicht nachvollziehbar begründet, dann steigt die Wahrscheinlichkeit
- übermäßigen staatlichen Handelns
- willkürlichen Handelns (wegen fehlender Sachlichkeit)
- wasserwirtschaftlicher Fehlinvestitionen
- Verstoß gegen das Sparsamkeitsprinzip
- einer ineffizienten Anlagenbetreibung und
- strafrechtlicher Verfolgungen der Abwasserbeseitigungspflichtigen (mittelbar wegen Reduzierung der Toleranzen des Staates beim Anlagenbetrieb)
erheblich bis extrem.
Bei der Bestimmung des Standes der Technik ist also Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen zu ermitteln und dann ist die verhältnismäßigste Technik zu wählen.
Das ist eine Regelung, die in der Praxis eher nicht beachtet wird. Der Verhältnismäßigkeitsbeweis fehlt in aller Regel und so wird leicht es teuer.
Im folgenden Abschnitt werden die Effekte einer Überwachungswertverschärfung an Hand eines Überwachungswertes, des biologische Sauerstoffbedarfes, veranschaulicht.
Der biologische Sauerstoffbedarf
Zum Verständnis ist es zunächst erforderlich, den Begriff des biologischen Sauerstoffbedarfs zu klären.
Zur Definition des biologischen Sauerstoffbedarfs
Beim diesem Sauerstoffbedarf handelt es sich um einen biochemischen oder biologischen Sauerstoffbedarf (BSB).
Der Bedarf entsteht durch den Baustoffwechsel (Wachstum und Vermehrung) und Betriebsstoffwechsel (Atmung, Fortbewegung) der im Wasser meist vorhandenen, sauerstoffliebenden Bakterien (Aerobier).
Zur Bestimmung des BSB gibt es verschiedene Laborverfahren. Eines sei vereinfacht (!) vorgestellt:
- Das zu untersuchende Wasser wird belüftet und in zwei Flaschen gegeben.
- Der Sauerstoffgehalt der ersten Flasche wird sofort gemessen. Er sei 9 mg/l.
- Die zweite Flasche wird im Brutschrank bei 20 °C im Dunkeln aufbewahrt.
- Nach einer gewissen Zeit wird der Sauerstoffgehalt der zweiten Flasche gemessen. Er sei 3 mg/l.
- Die Bakterien haben also je Liter Probe 6 mg Sauerstoff verbraucht.
- In der Regel wird der Sauerstoff in der 2. Flasche nach 5 Tagen gemessen. Dann wird der biologischen Sauerstoffbedarf BSB5 genannt.
Nach 5 Tagen Messdauer geht der Sauerstoffverbrauch je weiteren Messtag drastisch zurück. Siehe dazu die Tabelle 2. Danach hätte man nach 5 Tagen Messdauer gut 70 % des gesamten Sauerstoffbedarfes erfasst. Für den Abbau der restlichen 30 % Sauerstoffbedarf werden bei z.B. 20°C ca. 25 weitere Messtage benötigt.
Dieser BSB wird im Falle einer Gewässerbewertung auf das Gewässer übertragen, um z.B. zu ermitteln ob der Restsauerstoffbedarf des eingeleiteten Abwassers zu einer Sauerstoffarmut im Gewässer führen könnte.
Korrekt ist, dass biologische Prozesse im Gewässer tatsächlich einen Bedarf an Sauerstoff haben.
Falsch ist aber in der Regel, dass der im Labor gemessene Bedarf ohne Weiteres auf das Gewässer übertragbar ist.
Ein im Labor gemessener Sauerstoffverbrauch von 6 mg je Liter Wasser aus dem Beispiel ist nur dann korrekt,
- wenn Dunkelheit herrscht
- wenn die Verweilzeit im Gewässer 5 Tage beträgt
- und wenn weitere Umstände (z.B. ein optimales Nährstoffverhältnis) gegeben sind damit sich die Bakterien pudelwohl fühlen und 6 mg Sauerstoff/l verbrauchen, in gleicher Weise und Leistung als würden sie im Brutschrank sitzen
Ein niedriger BSB5 ist gleichbedeutend mit einer geringen Verschmutzung. Sauberes Bachwasser hat einen BSB5 von 2…5 mg O2/l, häusliches Abwasser weist etwa 300…500 mg BSB5/l auf, Gülle erreicht 20.000…30.000 mg BSB5/l und der BSB5 von Hühnerblut liegt schätzungsweise bei 200.000 mg/l.
Ein biologischer Sauerstoffbedarf oder Verbrauch muss nicht schädlich sein.
Manche Tiere im und am Gewässer benötigen als Futter möglichst partikuläre Inhaltsstoffe, die einen BSB verursachen. Aus dem Grund tummeln sich auch mitunter Fische am Auslauf von Kläranlagen, ähnlich wie hungrige Möwen Deponien besuchen.
(Es gibt auch noch einen ebenfalls im Labor bestimmten chemischen Sauerstoffbedarf. Diese Bezeichnung wurde wohl willkürlich falsch gewählt, denn im Gewässer gibt es mit Gewißheit keinen Bedarf an chemischen Sauerstoff. Das ist seit Jahrzehnten wasserchemisches Grundlagenwissen.
Zusammenfassend:
- Der BSB5 ist ein Maß für die Abwasserverschmutzung und wird mit Hilfe eines indirekten Verfahrens ermittelt.
- Gemessen wird die Atmungsleistung von Mikroorganismen, die biologisch verwertbare Abwasserinhaltsstoffe während der Untersuchungszeit von z. B. 5 Tagen „veratmen“ und dabei Sauerstoff verbrauchen.
- Es wird unter Laborbedingungen simuliert, welcher Sauerstoffverbrauch innerhalb von 5 Tagen im Gewässer bei Dunkelheit und bei 20°C entstehen würde.
- Der Verbrauch wird in mg O2/l angegeben.
Ein Fallbeispiel: 20 km Fließweg von der Kläranlage bis zum Fluss
Die Aufgabe
Gegeben sei ein 35 km langer Bach in dem nach 15 km Fließweg das gereinigte Abwasser einer Stadt eingeleitet wird. Bis zum Mündung des Baches in einen größeren Fluß sind es also nach der Einleitung des gereinigten Abwassers 20 km.
Nach den Vorstellungen der Gewässerverwaltung soll durch eine zusätzliche Auflage der BSB5 im Ablauf der Kläranlage um 5 mg/l reduziert werden.
Die Frage lautet: Wie ist die Effizienz der Verschärfung zu bewerten?
Der Lösungsweg
Dazu ist zunächst die Fließzeit zu kalkulieren.
Die Fließgeschwindigkeit wurde bei mittleren Abflüssen an 4 Stellen gemessen. Sie beträgt 0,2…0,4 m/s.
Kalkuliert wird mit 0,3 m/s.
0,3 m/s sind 1,08 km/h.
Bei dieser Fließgeschwindigkeit hat also das Abwasser nach ca. 20 Stunden das Einzugsgebiet des Baches verlassen.
Von Bedeutung ist nun, dass das gereinigte Abwasser ca. 20 Stunden Zeit hatte, um im Gewässer zu wirken.
Die Wirkung besteht in der Umwandlung der BSB-Restverschmutzung in Kohlendioxyd durch Verbrauch des im Bach gelösten Sauerstoffes.
Angenommen, im Bach würde die gleiche Temperatur wie im Brutschrank des Abwasserlaboratoriums herrschen, dann würde ein Liter gereinigtes Abwasser für den Kohlenstoffabbau 5 mg Sauerstoff in 5 Tagen (in 120 Stunden) verbrauchen. Die durchschnittliche Zehrung je Stunde beträgt 0,0417 mg O2 und bei 20 Stunden Fließzeit wären das 0,83 mg O2/l.
Tatsächlich verläuft der Abbau nach dem Gesetz einer monomolekularen Reaktion anfangs schneller. Der relative Abbau mit einer Abbaukonstante k1 von 0,1 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Man erkennt aus der Tabelle, dass bei der Kinetik mit k1 = 0,1 der Sauerstoffverbrauch durch den Kohlenstoffabbau bei 20 ° C nach 20 Tagen mit 99 %, aufgerundet zu 100 % abgeschlossen ist. In den ersten 24 Stunden werden genauer kalkuliert 20,6 % umgesetzt.
Eine genauere Kalkulation der Sauerstoffkonzentration an jedem Punkt der Selbstreinigungsstrecke wäre nach Integration der Gleichung von Streeter-Phelps denkbar – vielleicht beim nächsten Mal.
Das Ergebnis
Bei 5 mg BSB5 hätte sich der BSB5 nach 20 Stunden um 1,03 mg BSB5 mg/l auf ca. 4 mg/l reduziert. Zu berücksichtigen wäre noch, dass die tatsächliche Konzentration durch die Vermischung des Bachwassers mit dem Ablauf der Kläranlage ja noch weiter reduziert wurde.
Der Tabelle ist auch der Temperatureinfluss zu entnehmen. Bei 30 °C Gewässertemperatur wird am 1. Tag von dem 5 mg/l 10 % mehr Sauerstoff verbraucht als bei 20°C, insgesamt 30,5 %. Das Abbauende wird hier aber auch schon nach ca. 13 Tagen erreicht. Im Winter dagegen verschiebt sich der Abbau drastisch. Da wird bei 5°C am ersten Tag nur 5 % umgesetzt und das Abbauende liegt deutlich über 30 Tage.
Das Beispiel ist nicht aus der Luft gegriffen. Interessant war, dass die gemessene Sauerstoffkonzentration im Bach zum Meßzeitpunk am Vormittag weit über der Sättigungsgrenze lag.
Wenn die Gewässerschützer Freude daran fänden, diese naturgesetzlichen Überlegungen nachzuvollziehen, dann könnte man auf den Kläranlagen europaweit Milliarden von Euros durch Senkung des Energieverbrauches einsparen, in dem die BSB5-Überwachungswerte nach der gewässertemperaturabhängig festgelegt würden. Eine gewaltige CO2-Einsparung!
Das wär doch mal was!?
So, nun mal von dem golden Kalb zurück zum Fallbeispiel:
Wir stellen fest, dass von den 5 mg BSB-Überwachungswertverschärfung 4 mg/l völlig unnütz sind, weil diese im Bach nicht mehr zu bewirken vermögen.
Es fehlt einfach die Zeit für die Wirkung des BSB.
Schwupp und schon ist er in der Nordsee!
Man kann es so auf dem Punkt bringen:
Wenn die Zeit fehlt um Schlechtes zu tun, dann ist schlechtes Tun unmöglich.
Nun gibt es aber noch einen weiteren Aspekt, der es verdient untersucht zu werden.
Sauerstoffeintrag durch Selbstbelüftung
5 – 10 g O2-Eintrag je Tag und Quadratmeter bei langsamfließenden Gewässern
Es ist nicht so, dass ein Gewässer dumm darauf wartet bis der BSB aus den Kläranlagen vielleicht seine Wirkung entfaltet.
Bekanntermaßen gibt es eine Selbstreinigung der Gewässer, die 1. leistungsfähiger ist, als es der Laie ahnt und deren Nutzung 2. nicht berücksichtigt werden darf; d.h. hier grast noch so ein dummes goldenes Kalb.
So versorgt sich ein Gewässer selbst mit Sauerstoff, in dem es den nutzt, der durch die Wasseroberfläche diffundiert; also den Luftsauerstoff. Dieser Eintrag ist abhängig von der Fließgeschwindigkeit und dem (hier außer Acht gelassenem) Sauerstoffdefizit.
Für langsam fließende Gewässer wählt man 5 – 10 g O2-Eintrag je Tag und Quadratmeter. Nehmen wir also 7,5 g O2/m²d an und dass die Abwassermenge der Kläranlage aufgerundet 2.500 m³/d (ca. 15.000 EW) betragen soll.
Bei einem Überwachungswert von 20 mg BSB5/l entspricht dies einer Zehrung von 50 kg Sauerstoff in 5 Tagen und bei 20 °C wären das 20,6 % bzw. 10,3 kg O2 am ersten Tag.
Für 10,3 kg O2 wird eine Wasseroberfläche von ca. 1.400 m² benötigt. (1.400 m² ist ca. 10.300 / 7,5 )
Angenommen der betreffende Bach hätte eine Breite von nur einem Meter, dann wäre schon nach einem Fließweg von 1,4 km Länge der gesamte Sauerstoffbedarf in 20 km Fließweg aus dem Ablauf der Kläranlage mit 15.000 Einwohnerwerten gedeckt. Und das schon innerhalb einer Fließzeit von aufgerundet 1,5 Stunden.
Ergebnis
Damit wurde mit einer „Milchmädchenrechnung“ bewiesen:
Die fachbehördliche Verschärfung des BSB5- Überwachungswertes ist in diesem Fall nicht plausibel!
Der biologische Sauerstoffbedarf im Ablauf von Kleinkläranlagen…
…wird eher selten gemessen und das kann ein Überwachungsfehler sein.
In der Regel konzentrieren sich die Wartungsfirmen bei der Überprüfung des Ablaufes auf den chemischen Sauerstoffbedarf. Dabei ist zu beachten, dass der CSB nur dann für die Überwachung geeignet solange er den Überwachungswert von 150 mg CSB/l nicht überschreitet. Wird der Wert überschritten, dann ist der biologische Sauerstoffbedarf zu messen und dieser sollte ≤ 40 mg BSB5 betragen.
Die Ursache für diese Verfahrensweise liegt darin, dass der CSB wegen seiner Beeinflussung durch Beliebiges kein Beweismittel für das Vorkommen eines Gewässerschadstoffes ist.
Auch ist der CSB weder ein Stoff noch ein Schadstoff. Er ist zugleich Indiz für Beliebiges und eine unwissenschaftliche Fiktion.
Nur noch so viel zum CSB: Tatsächlich wird beim CSB keineswegs der chemische Bedarf an Sauerstoff gemessen sondern nur der im Labor messbare Verbrauch von chemischen Oxidationsmitteln, die in der Natur überhaupt nicht vorkommen. Wenn eine Voraussetzung für den CSB in der Natur nicht vorkommen kann, dann gibt es in der Natur auch keinen CSB. Ohne Kaliumdichromat und konzentrierter Schwefelsäure im Bach kein CSB. Das Dilemma beginnt mit der Überschreitung des CSB-Überwachungswertes. Weil der CSB eine Fiktion ist, ist er auch als Beweismittel im Rahmen eines Gerichtsprozesses denkbar ungeeignet. (Das ist allerdings noch ein Geheimnis. Genauso wie es ein Geheimnis ist, dass mit einer sachlichen Argumentation die CSB-Abwasserabgabe nicht zu begründen ist.) Zurück zum Thema:
Hilfsweise wäre zu empfehlen, dass anstelle des CSB der BSB5 – gemessen wird weil nur die Überschreitung des BSB5 – Überwachungswertes von 40 mg/l eine eindeutiger Beweis einer Überwachungswertüberschreitung ist.
Mit der Überschreitung des CSB-Überwachungswertes ist aus logischen Gründen kein Schadensbeweis zu führen, weil mit folgenden harmlosen Voraussetzungen ein CSB-Überwachungswert ebenso überschritten werden kann:
- niedriger Trinkwasserverbrauch
- weitgehender biologischer Abbau
Ein Gerichtssachverständiger hat widerspruchsfreie Beweise mit dem Mittel der Logik zu führen und das ist mit dem CSB als Prämisse unmöglich.
Schließlich
Das Wirken einer Gewässerschutzmaßnahme sollte in aller Regel auch mit dem unbewaffneten Auge zu sehen sein!
Vorher und Nachher!
Bei dem heutigen Stand der Analytik wird garantiert jede Stecknadel im Heuhaufen gefunden und der Fund ist dann vorzüglich geeignet, Laien in Angst und Schrecken zu versetzen. Nur ein Beispiel darüber, was heute so alles analytisch geht:
Es ist sollte aber für den Gewässerschutz nicht notwendig werden mit unbedeutenden Konzentrationen von gefährlichen Stoffen Angst und Hysterie zu verbreiten, um dann damit zu begründen, dass das Abwasser z.B. destilliert oder verdampft werden muss.
Die verbreitete pauschale und abstrakte Zielbestimmung ist ein primitives Mißverständnis der EU – Wasserrahmenrichtlinie. Würde man z.B. bei der Schifffahrt der Steuermann seine Ziele in ähnlicher Weise verfolgen wie es aktuell beim Gewässerschutz Mode ist; kein Schiff käme in seinem Zielhafen an.
Der Wasserwirtschaft sollte wieder ihr vernünftiger Sinn zurückgeben werden und sie sollte mehr auf Tatsachen, auf Notwendigkeiten, auf effizienter Wassernutzung als auf Fiktionen und effektlosen Geschäften beruhen.
Siehe auch:
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