Wasserrahmenrichtlinie

Nachvollziehbare und ökologisch korrekte Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie

Prolog

Bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie fallen bei der Gewässerzustandsbewertung u.a. drei Dinge auf:

  1. Der Gewässerzustand (chemisch, biologisch, usw.) wird fälschlich als Ziel und nicht als Weg zum Ziel verstanden.
  2. Der Gewässerzustand wird zudem abstrakt und damit beliebig bewertet.
  3. Eine konkrete nachvollziehbare Zielbestimmung oder -definition und der Nachweis der Effektivität und Verhältnismäßigkeit des Zieles bzw. seines Weges dorthin fehlt dagegen meist völlig.

Sind die wasserwirtschaftlichen Ziele im und am Gewässer sind somit widersprüchlich und wegen ihrer Abstraktheit zudem beliebig deutbar?

Gibt es Ausnahmen?

Korrekt wäre beispielsweise beim Gewässerschutzziel „Teichmuschel“ die Zustandsbewertung und -bestimmung:

Welche Zustände müssen geschaffen werden, damit Teichmuscheln sich vermehren und überleben können?

Im Übrigen können Teichmuschen ein Lebensalter von 200 Jahren erreichen, sofern sie wegen Nahrungsmangel nicht verhungern müssen. Und sie filtrieren, also reinigen das Wasser!

Die Teichmuschel wäre das Ziel und die dafür notwendigen Zustände wären der Zweck. 

Dabei kann es sein, dass für ein gutes Ziel z.B. für eine Teichmuschel mitunter ein weniger guter wasserchemischer Zustand notwendig ist, z.B. eine wasserchemische Gewässergüte, die zwischen II und III liegt. Damit wird das pauschale Verschlechterungsverbot wird in diesem Fall widersprüchlich, da die Anwendung des Wasserrechtes zum Verhungern der Teichmuschel führt!

Vergleiche auch Reichholf, Joseph, H.: Die Zukunft der Arten, C.H. Beck, 2. Auflage 2006, S. 63.:

Ist es gerechtfertigt, den Rückgang von Großmuscheln, Libellen, Fischen und anderen Tieren der Gewässer in den Roten Listen zu beklagen, wenn eine der Hauptursachen, in unserer Zeit, die wahrscheinlich bedeutendste überhaupt, im Natur- und Umweltschutzziel des sauberen Wassers liegt? Wir können nicht all diesen Tieren die Nahrung wegnehmen und dann darüber klagen, dass sie seltener werden.

Wasserrahmenrichtlinie

Gebänderte Prachtlibelle

Die Teichmuschel ist nur ein Beispiel.: Es gibt Beweise in ökologischer Fachliteratur, dass die Verwechslung von Zweck und Ziel, konkret, die Konzentration des Gewässerschutzes auf eine wasserchemische Güte erhebliche Gewässerschäden verursachte hat und wer mit offenen Augen an den Gewässern häufig entlang wandert, sieht das auch.

Ist die Konsequenz der üblichen ethischen  (schlecht, gut, sehr gut,…) unökologischen Bestimmung eines Zustandes (Weges) für ein unbestimmtes Ziel letzlich Beliebigkeit der Mittel und Kosten?

Abstrakte Ziele sind nämlich nicht nur beliebig sondern auch willkürlich! Jedes abstrakte Ziel entzieht sich zudem dem staatlich gefordertem Beweis der Verhältnismäßigkeit und der Sparsamkeit. Ist es möglich sparsam zu handeln, wenn das Geld dafür beliebig ausgegeben wird?

Steigt bei beliebigen Zielen die Wahrscheinlichkeit wasserwirtschaftlicher Fehlinvestitionen, weil es so unmöglich ist, einen Effizienzbeweis zu führen? Die Wasserwirtschaft wird dann widersprüchlich wenn sie ihre notwendige Voraussetzung – die Effizienz nämlich – durch beliebiges Handeln verliert. Außerdem wird die Kontrolle derartiger „wasserwirtschaftlicher“ Maßnahmen unmöglich. Wie schrieb einst Karl Georg Büchner (1813-1837) in Dantons Tod? „Geht einmal euren Phrasen nach bis zu dem Punkt, wo sie verkörpert werden.“ Zeitlos. Er hätte es auch heute genauso formulieren können.

In der Praxis beginnt das Nachdenken über die Effizienz viel zu spät. Es beginnt erst mit dem Effizienznachweis der Kläranlagenplanung und nicht bei den Prämissen der Kläranlagenplanung, nämlich bei der Verhältnismäßigkeit der oftmals verschärften Überwachungswerte.  Auf diese Weise wird der Weg „optimiert“, nicht aber das Ziel. Wer würde so handeln, wenn es um sein Geld ginge?

Straftatbestand der Gewässerverschmutzung und verschärfte Überwachungswerte

Abwasserbeseitigungspflichtige, welche gegen „Gewässerschutzmaßnahmen“ mit abstrakten, fragwürdigen und schon für Laien nicht effizienten Zielen oder Auflagen vor Gericht klagen, benötigen eine starke Kondition, viel Zeit, allerbeste Anwälte, beste Parteigutachter und Richter, die gewogen sind, sich in die Vorschriften der Bürokratie einzuarbeiten sowie außerdem einen Sinn für die Realität haben.

Motiv ist oft erstens der Fakt, dass die Verschärfung eines Abwasserinhaltsstoffes im Auslauf einer Kläranlage meist einen erheblichen Aufwand beim Abwasserbeseitigungspflichtigen verursacht, der zudem oft in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Zweitens erhöht sich mit jeder Verschärfung der Überwachungswerte die Wahrscheinlichkeit von Überwachungswertüberschreitungen mit der Konsequenz, dass der Geschäftsführer zum Straftäter wegen Umweltverschmutzung verurteilt werden kann.

Hin und wieder gewinnt eine Gemeinde im Rechtsstreit bei übermäßigen Handeln des Staates. Ebenso gelingt es manchen fachkompetenten Wasserbehörden mit mehr oder weniger Erfolg „den Ball flach zu halten“. Mitunter werden sie aber für ihr realitätsnahes Weltbild von der Obrigkeit in die Schranken gewiesen.

Zur Veranschaulichung der Widersprüche ein Topfblumen-Gleichnis: Wenn ein Mittel zum abstrakten Ziel wird!

Man mag die Einfachheit der folgenden zwei Beispiele verzeihen. Aber der Kaiser ist nackt und wir wollen es sehen!

Das Ziel: Wir pflanzen eine Topfblume in üblicher Weise, methodisch angelehnt an die übliche Deutung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Dazu schaffen wir folgende Zustände:

  • einen guten Topf,
  • eine gutes Pflanzsubstrat
  • eine gute Planze
  • guten Dünger
  • gutes Wasser,
  • viele gutes CO2 für das Topfblumenwachstum, aber auch nicht wieder so viel, dass Sauerstoff verdrängt wird,
  • gutes Licht und schließlich
  • gute Temperatur, denn wir wollen ja keine Eisblume!

Am Ende freuen wir uns über eine gute beliebige, unbestimmte Topfblume, an deren Gesamtwerk zahlreiche Komponisten unkontrolliert und willkürlich, meist anonym ihren Anteil hatten.

Einen Verantwortlichen wird man nicht finden. Er ist genauso abstrakt wie die EU-WRRL.

Und nun, lieber Leser?

Erkennen Sie die Widersprüche bei der üblichen und meist fragwürdigen Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie?

Es erstaunt schon, dass die EU-Wasserrahmenrichtlinie eine konkrete Zielsetzung erlaubt und fordert. Aber kaum jemand sucht und nutzt diese Passage.

Machen wir einen zweiten Versuch und definieren wir ein konkretes, vernünftiges Ziel.

Also, das Ziel besteht nun konkret in der Anschaffung von einem Kaktus auf dem Fensterbrett, erstanden ohne Topf von der Nachbarin!

Wasserrahmenrichtlinie

Ein Kaktus als Modell der korrekten Bewertung der Gewässerzustände nach der Wasserrahmenrichtlinie

Und dieser kleine Kaktus ist nun unser Maßstab der anspruchsvollen Bewertung der für das Ziel notwendigen Zustände:

  • Kaktuserde
  • Bodenfeuchtigkeit (Wasser)
  • Nährstoffgehalt des Wassers
  • Nährstoffgehalt des Bodens
  • Licht
  • Lufttemperatur

So leicht verständlich also kann die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie sein, wenn konkrete Ziele die dafür erforderlichen Mittel begründen!

Es wäre ein Fortschritt, wenn zuständige Wasserchemiker ihr Fachgebiet wieder als Mittel für ein konkretes Ziel begreifen darf. Der übliche geistlose Wettbewerb – Wer hat zuerst keinen Nährstoff mehr im Gewässer und die hungrigsten Fische? – um wasserchemische Minimalkonzentrationen ist keinesfalls vernünftig sondern Geldverschwendung. Und es hätte noch eine schöne Sache. Die Naturfreunde, zu denen ja auch Wasserbehörden zählen, finden im Teich viele Teichmuscheln und können sich darüber freuen, dass auch sie Anteil an ihrem Wohlbefinden haben. Ich will damit sagen, Gewässerschutz sollte man am Ende auch sehen können.

An weiteren Argumenten für das Selbststudium interessiert? Kein Problem! Es gibt sie zahlreich und sogar von richtigen Wissenschaftlern, z.B.: sind die zwei folgende zeitlose Beiträge empfehlenswert:

Die erforderlichen Maßnahmen der WRRL sollen kosteneffizient sein!

Ein nachvollziehbarer Anspruch!

„Die erforderlichen Maßnahmen der WRRL sollen kosteneffizient sein, dass bedeutet, dass nicht mehr technische Lösungen bevorzugt werden, sondern auch alle anderen Möglichkeiten, seinen sie nun institutioneller, rechtlicher, ökonomischer oder sozialer Art, gleichwertig sind. Dieser integrierte Ansatz ist neu und soll dazu führen, möglichst kostengünstig – auf welche Weise auch immer (bei Einhaltung aller weiteren Vorschriften) – den „guten“ Zustand erreichen zu können.“

Rumm, u. a.: Handbuch der EU-Wasserrahmenrichtlinie, 2. Auflage, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2006 (S. 48)

D.h.:

Es ist erlaubt, den „guten“ Zustand auf andere Weise zu erreichen, als durch technische Lösungen, wie z.B. die verbreitete Verschärfung von Überwachungswerten!

Hinsichtlich der Kosteneffizienz notiert Rumm, u. a.:

„Die ökonomische Methode zur Bewertung von Gütern und Naturveränderungen ist die Nutzen-Kosten-Analyse. Sie wird verwendet, um die Nutzen und Kosten einer Aktivität oder Veränderung, basierend auf den individuellen Präferenzen der ökonomischen Akteure, zu monetarisieren (Marggraf und Steb 1997; Hanley und Spash 1993)“

Nun, ich habe sehr selten beoachten können, dass zwischen den Varianten, z.B.

  • Verschärfung von Überwachungswerten verbunden mit mehr technischem Aufwand und
  • Erreichung des „guten“ Zustand auf andere Weise, z.B. durch hydromorphologische Verbesserungen

nachvollziehbar, in anspruchsvoller Weise abgewogen und entschieden wurde. Aber das kann ja noch werden.

In einem Fall beispielsweise wurde für die Einleitung eines nach dem Stand der Technik behandelten sehr kleinen Abwässerchens in einen sehr gut beschatteten Waldbach eine sinnlose Nitrifikation gefordert, um eine Bildung des fischgiftigen Ammoniaks zu verhindern, dessen Dissoziation aus Ammonium bei Beschattung unwahrscheinlich ist.

In der Praxis wird meist noch nicht einmal nachgewiesen, dass die Verschärfung von Überwachungswerten, verbunden mit mehr technischem Aufwand, überhaupt hinreichend für den gewünschten Nutzen ist.

Warum sind bei Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nur konkrete Ziele zu definieren!

Kurze Antwort: Weil es vernünftig ist!

Es wäre die Frage zu beantworten, warum bei korrektem Verständnis der Wasserrahmenrichtlinie nur konkrete Ziele zu definieren sind?

Ganz einfach:

Eine notwendige (!) Voraussetzung bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist der Nachweis der Verhältnismäßigkeit des jeweiligen Zieles!

Und das ist mit Gewißheit nur mit einer konkreten Zielstellung möglich!

Es wäre z.B. nach einer Nutzwert-Kostenkalkulation die Frage zu beantworten, wie viel Tausend Euro kostet ein konkreter lebendiger Karpfen, welcher in einem nach der EU-WRRL konkret gestaltetem und gefördertem Gewässer lebt?

1.000 €, 2.000 € oder gar 10.000 €?

…bevor ihn der Kormoran frisst?

Wird die Frage anderenfalls abstrakt gestellt, so lautet diese dann:

Es ist z.B. nach einer Nutzwert-Kostenkalkulation die Frage zu beantworten, wie viel Tausend Euro kostet ein gutes lebendiges Etwas von gut beliebiger Herkunft und gut beliebigem Nutzen und/oder Schaden, welches in einem nach der Wasserrahmenrichtlinie gut gestaltetem Gewässer vielleicht eher weniger als lange gut lebt?

Die abstrakte Antwort lautet: Gut! Was sonst?

Ökologische Bewertungen bei der Umsetzung der EU-WRRL sind immer widersprüchlich und willkürlich

…weil die Ökologie eine wertfreie Wissenschaft ist!

„Naturwissenschaften können Theorien darüber anbieten, wie die Natur funktioniert. Sie können jedoch nicht angeben, welcher Zustand der Natur ein erhaltenswürdiger Wert oder ein erstrebenswertes Ziel menschlichen Handelns ist. Die Festsetzung solcher Werte und Ziele ist keine Aufgabe der Wissenschaft, sondern eine Aufgabe des demokratischen Entscheidungsprozesses.“ Lampert

Siehe auch folgendes Zitat aus dem Fachbuch „Stabile Ungleichgewichte. Die Ökologie der Zukunft“ des bekannten Ökologen Herrn Prof. Reichholf:

„Unberücksichtigt bleiben der Zusammenhang zwischen Stabilität und Mangel, der größere Änderungen einfach verhindert, und die tatsächlichen Ungleichgewichte in der Natur, ohne die sie gar nicht funktionieren könnte. Zwei Beispiele sollen verdeutlichen, daß es ausgerechnet die »balancierten« mittleren Zustände sind, die zwar als solche wünschenswert wären, sich aber nicht so recht einstellen lassen.

Das erste Beispiel liefert die Belastung und Reinhaltung von Seen Eingeleitete Abwässer düngten seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten, bis die Folgen sichtbar wurden. Die anfänglich sauberen Gewässer drohten zu »kippen«, was bedeuten sollte, daß sie vom nährstoffarmen, sauberen Zustand in einen nährstoffreichen, schmutzigen hinüberwechselten oder daß dieser Wechsel bevorstand. Durch Ringkanalisationen und starke Verminderung der Abwässerzufuhr ließ sich dieses Kippen in zahlreichen Fällen verhindern. Die Seen wurden wieder sauberer, aber nun nahmen auch die Fischerträge (stark) ab. Denn nährstoffarme Seen sind unproduktiv, weil in ihnen Mangel an Nährstoffen herrscht. Das ist gut für die Gewinnung von Trinkwasser aus dem See sowie für den Bade- und Erholungsbetrieb, nicht aber für die Fischerei und für die (zu schützenden) Wasservögel, für die bedrohten Muscheln, Libellen, Krebse und anderes Wassergetier. All diesen geht es im nährstoffreichen See weitaus besser. Fische gibt es in Hülle und Fülle; Wasservögel auch und diese ohne nennenswerte Konflikte mit der Fischerei zu verursachen.

Beide Zustände kann der See nicht gleichzeitig einnehmen. Er ist entweder nährstoffarm (oligotroph) und unproduktiv oder nährstoffreich (eutroph) und produktiv. Entweder — oder?

Dazwischen liegt doch der mittlere Zustand, mesotroph genannt Er verbindet gute Produktivität mit sauberem Wasser, weil im Idealfall all das wieder um- und abgebaut wird, was im Sommer produziert worden ist. Doch dieser Mittelzustand erweist sich als instabil. Er geht rasch in den einen oder in den anderen über.

Nur mit außerordentlich (und unrealistisch) hohem Aufwand ließe er sich aufrechterhalten.

Stabile Zustände sind Nährstoffreichtum und -armut. Ist so ein See ein Sonderfall? Durchaus nicht. Nährstoffreiche und nährstoffarme Zustände sortieren sich überall in der Natur.“ 

Quelle: Josef H. Reichholf: Stabile Ungleichgewichte. Die Ökologie der Zukunft. edition unseld SV, 1. Auflage 2008, (S.111-112)

Damit ist die übliche flächendeckende, zusammenhangslose Bewertung wasserchemischer Parameter (Phosphor, Nitrat) in gute und schlechte Qualität bzw. Zustände  eine falsche, willkürliche und zu gleich unökologische, d.h. unwissenschaftliche Praxis. Willkürlichen Zustandsbewertungen lt. EU WRRL scheint es in erheblichem Umfang an ökologischen Grundlagen und Sinn zu fehlen. Die Folge sind wasserwirtschaftliche Fehlinvestitionen wegen eines beliebigen Zweckes.

Erhellend und lesenswert ist in dem Zusammenhang auch der legendäre Mistbienen-Aufsatz von Herrn Prof. Steinberg über die Wasserrahmenrichtlinie. Man kann ihn als Grabrede der angewandten wissenschaftlichen Ökologie verstehen. Ich erhielt dieses Zeitdokument unter der Hand als Kopie von einem schon erwähnten Hydrobiologen aus Bayern.

Es gibt auch positive Beispiele der Formulierung konkreter Ziele, hier sind zwei:

Flussperlmuschel

Von Bedeutung ist weiterhin die Analyse eines verbreiteten logischen Widerspruchs beim Gewässerschutz:

Schon Notwendig, aber leider nicht hinreichend!

Es gibt im Leben häufig Ziele für deren Erreichung es nicht genügt, dass nur eine notwendige Voraussetzung erfüllt wird. In dem Fall ist die Voraussetzung zwar notwendig, aber (allein) nicht hinreichend. Ein Beispiel aus der Praxis:

Ein Gewässer soll Habitat (Lebensraum) für Cypriniden (karpfenartige Fische) werden.

Die notwendigen, aber allein nicht hinreichenden Bedingungen sind zahlreich. Einige seien aufgeführt:

  • Vorhandene Fischunterstände oder welche schaffen. Anderenfalls werden die Karpfen von s.g. Prädatoren gefressen.
  • Fische sollten von der Mündung bis zur Quelle schwimmen können.
  • Möglichkeiten zum Gründeln
  • Hinreichende wasserchemische Qualität
  • Hinreichende Wassertiefe
  • Beschattung des Gewässers
  • Weitgehende Gleichzeitigkeit der notwendigen Voraussetzungen. (Eine Investition ist beispielsweise uneffektiv, wenn bei einem Hausbau die Räume und Decken zwar fertiggestellt wurden aber Dach oder Keller erst 10 Jahre später gebaut werden.)

Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, dann ist der Erfolg unwahrscheinlich und es wurde recht wahrscheinlich eine wasserwirtschaftliche Fehlinvestition geschaffen.

Zu beobachten ist bei den bisher untersuchten Aktionen nun häufig, dass einerseits der Schwerpunkt oft bei der wasserchemische Gewässergüte gesehen wird, aber andererseits für die sichere Erreichung der anderen notwendigen Voraussetzungen weder ein Zeit- noch ein Investitionsplan vorliegt.

Selbst die Voraussetzungen für die Zielerreichung allein eines guten wasserchemischen Zustandes sind nicht hinreichend, wenn – wie es häufig der Fall ist – der Frachtschwerpunkt nicht bei den kommunalen oder industriellen Kläranlagen zu finden ist.

Überwachungswertverschärfungen, bei der Einleitung des schon nach dem Stand der Technik (!) behandelten Abwassers sind zumeist fachlich anspruchslos, widersprüchlich und unsachlich begründet.

Wäre aber tatsächlich ein gewünschter Effekt zu erzielen ist, dann wäre in vielen Fällen die landwirtschaftliche Produktion drastisch zu reduzieren. Nicht um falsch verstanden zu werden: Das ist nicht nötig. Es ist nur der schlichte Beweis für das Widersprüchliche.

Derartige Verschärfungen stehen zudem im Widerspruch zur notwendigen Voraussetzung einer Verhältnismäßigkeit gemäß

Konklusion: Die Wasserrahmenrichtlinie darf anders ausgelegt werden

Die andere Auslegung ist nur entsprechend zu begründen. Zitat:

So bestehen in erheblichem Maße Auslegungsprobleme; infolge der zahlreichen in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten gibt es viele Möglichkeiten, den gemeinsamen Rahmen zu umgehen, so dass zurzeit kaum etwas darüber ausgesagt werden kann, ob der Rahmen für eine wirklich harmonisierte, wettbewerbsvereinheitlichende Gewässerschutzpolitik ausreicht.

Vorreyer, Christian: Erläuterungen zur Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG), durchgesehen und ergänzt von Friedrich Schröder, Stand: Juni 2007, Wasserrecht für die betriebliche Praxis, 2008 WEKA MEDIA GmbH & Co. KG

Ein Nachwort

Und nun? Liebe Leserin, lieber Leser, was meinen Sie?

Schlagende Argumente?

Bewirken wird dieser Beitrag aber in der Regel nichts.

Erstens sind die Argumente schon lange bekannt. Ich habe sie nur im Auftrag zahlreicher Kommunen und Abwasserzweckverbände verschiedenster Bundesländer sammeln dürfen, denen die betreffenden Auflagen der Gewässerverwaltung nicht plausibel, übertrieben oder nutzlos erschienen.

Zweitens werden schon jahrelang ähnliche Hinweise von exzellenten Ökologen und Hydrobiologen (siehe entsprechende Ausführungen) vorgetragen. Ein Beispiel ist der konstruktive Beitrag von Prof. Kroiss der TU Wien: „Perspektiven der Wassergütewirtschaft 2050 – gesicherte Grundlagen, ungewisse Zukunft„, (43. Essener Tagung vom 17.03. – 19.03.2010 in Essen). Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Ist aber Wissenschaftlichkeit tatsächlich ein ernsthaftes, hilfreiches Instrument für konkrete Ziele oder den Weg dorthin? Nach Nicolás Gómez Dávila eher nicht, denn er schreibt recht trostlos: “ Die Wissenschaft ist auf bestimmten Gebieten das Tribunal, das nur der Dummkopf anruft.“ Und Dávila hat wohl auf Grund des verbreiteten Öko-Nihilismuses sehr recht. (Zur Erklärung des Nihilismus sei auf  Albert Camus vewiesen: „Der Nihilist glaubt nicht an nichts, sondern nicht an das, was ist.“ Oder um mit Schopenhauer zu sprechen: Relevant ist der Wille und die Vorstellung der Weltdeuter, keinesfalls aber z.B. die tatsächliche Situation oder das tatsächliche Gewässer.)

Drittens scheint die Belastung des Bürgers durch Beliebiges vergleichsweise eher (noch) nebensächlich zu sein.

Viertens liegt der Belastungsschwerpunkt durch übermäßigen „Gewässerschutz“ wohl bei manchen Industriezweigen und neuerdings verstärkt bei der Landwirtschaft. Damit aber sägen die Gewässerschützer an dem Ast auf dem sie sitzen. Wie fragwürdig effizient und armselig der  Gewässerschutz ohne Wirtschaftskraft war, weiß der „gelernte DDR-Bürger“.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Beitrag nicht gegen die Wasserrahmenrichtlinie gerichtet ist. Es geht in den Ausführungen ausschließlich um einen maßvollen, verhältnismäßigen Gewässerschutz bei dem das Sparsamkeitsprinzip nachprüfbar angewandt wird.

Effizienznachweise gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie? Hier als ein Beispiel die Ratscher!

Im folgenden Abschnitt werden zur Erholung des Geistes nach diesem langen Artikel einige konkrete Weisheiten über das Abstrakte angeboten und es bleibt natürlich dem Leser überlassen darüber nachzudenken, ob diese Konzentrate heute noch gültig sind und vor allem, ob er auch selber darauf gekommen wäre und der erste Leser oder die Leserin im deutschsprachigem Raum, der bzw. die es bis hierhin geschafft hat und mir per E-Mail eine Nachricht mit der Postadresse sendet, bekommt als Preis eine Flasche Rot- oder Weißwein. Die Farbe mag er oder sie wählen ;-). Also: Viel Spaß beim Nachdenken und ich bin mir sicher am Ende dieses Beitrages nur jene Leser oder Leserinnen zu finden, die Freude daran haben, zu erkennen, dass sich ihre Erfahrungen auch in den Überlegungen geistreicher Vorfahren wiederspiegeln.

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Juni 2014, ergänzt im November 2019

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